Wohnungsbau: Planen und bauen mit Augenmaß

Wohnungsbau im Westen

Planen und bauen mit Augenmaß

Bürger und Ortsbeirat wollen mitreden

4000 neue Sindlinger! Ein solcher Zuzug würde für den Stadtteil mit seinen 8881 Einwohnern (Stand 2012) einen erheblichen Eingriff in die Struktur bedeuten. Darüber sollte zuerst im Ortsbeirat sowie im Ort gesprochen werden, findet der CDU-Vorsitzende und Ortsbeirat Albrecht Fribolin. Deshalb beantragte er im Ortsbeirat, den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan zurückzustellen. Das Gremium folgte der Anregung einstimmig.
Konkret geht es um ein mögliches Neubaugebiet westlich und südlich der Ferdinand-Hofmann-Straße. Voraussetzung für seine Verwirklichung ist, dass die Seveso-II-Richtlinie nicht mehr greift. Danach müssen Neubaugebiete mindestens 1,5 Kilometer Abstand zu potenziell gefährlichen Produktionsstätten wie Chemiebetrieben wahren. Allerdings kann es sein, dass durch Verlagerungen wie die der Chlorchemie auf das südliche Werksgelände und technische Neuerungen die alten Sicherheitsabstände nicht mehr eingehalten werden müssen.
Das soll ein Gutachten klären. Wenn es ergibt, dass am westlichen Sindlinger Ortsrand gebaut werden darf, könnten dort auf 43,8 Hektar 2000 Wohnungen für 4000 Menschen entstehen, heißt es in einem Vorschlag des Planungsdezernenten und Bürgermeisters Olaf Cunitz (Grüne). Damit werde der Wohnungsknappheit begegnet und Sindlingens Ortsteile erhielten eine „verbindende Mitte“. Geschäfte und Dienstleister würden davon profitieren.
Im Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan stehen schon Details. Rund um die Internationale Schule, zwischen den Bahngeleisen sowie entlang der Farbenstraße wäre Raum für zwei- bis viergeschossige Häuser „in angemessener Dichte“. „Wenn dort 2000 Wohnungen entstehen sollen, wird überwiegend groß gebaut werden müssen“, vermutet Fribolin. Das könne nicht im Sinn des Stadtteils sein. „Es muss locker gebaut werden, mit Grünflächen. Und es muss mindestens die Hälfte als Wohneigentum entstehen“, sei es als Doppelhaus, noch so kleines Reihenhaus oder Eigentumswohnung. „Sonst gibt das kein gutes Quartier und wir können den Quartiersmanager gleich mit hineinsetzen“, warnt er vor einer zu starken Konzentration von Sozialwohnungen.
Eine Wohnbebauung entlang der Farbenstraße hält er ohnehin für unsinnig. Für die Stadt hätte sie den Charme, dass ihr dort zahlreiche Parzellen gehören, wodurch sich die Bodenordnung vereinfachen dürfte, heißt es in der Vorlage. Aber am Kreisel lägen neue Häuser nur wenige Meter Luftlinie von den Abfallentsorgungsanlagen der Infraserv entfernt, sagt Fribolin. „Je nachdem, wie der Wind weht, sind dann nicht 200 Leute im Lachgraben von den unangenehmen Gerüchen betroffen, sondern 2000 im Neubaugebiet“, fürchtet er. Die Bezirkssportanlage mit dem neuen Kunstrasenplatz und die Kleingartenanlage müssten verlegt werden. Das sei nicht wünschenswert und werde Widerstände hervorrufen, prophezeit der CDU-Vorsitzende. Seiner Ansicht nach könne ein Neubaugebiet nur zwischen den beiden Bahntrassen realisiert werden. Um es ans Straßennetz anzubinden, müsste eine Unterführung oder Überbrückung der Wiesbadener Bahnstrecke gebaut werden. Das wäre übrigens auch eine Entlastung für Sindlingen-Nord, das einen Teil des Verkehrs von und zur Internationalen Schule verkraften muss.
Grundvoraussetzung jeglicher Entwicklung sei, „dass die Bürger und Institutionen im Stadtteil mitreden“, sagt Fribolin. Es müssten viele Belange berücksichtigt werden. „Wir wollen uns der Herausforderung, neuen Wohnraum zu schaffen, stellen – aber mit Augenmaß“, betont er.
Nun wartet der Ortsbeirat darauf, dass Vertreter der Stadt die Pläne vorstellen und erläutern. hn

Heute Acker, morgen Wohngebiet? Auf jeden Fall sollte über das Vorhaben ausführlich und mit den Bürgern gesprochen werden, findet Ortsbeirat Albrecht Fribolin. Die rege Beteiligung am SPD-Bürgergespräch zeigt, dass er damit Recht hat. Foto: Heide Noll

Heute Acker, morgen Wohngebiet? Auf jeden Fall sollte über das Vorhaben ausführlich und mit den Bürgern gesprochen werden, findet Ortsbeirat Albrecht Fribolin. Die rege Beteiligung am SPD-Bürgergespräch zeigt, dass er damit Recht hat. Foto: Heide Noll