Wie wär’s mit dem jungen Schlaud?

GV Germania

„Wie wär’s mit dem jungen Schlaud?“

Vor 50 Jahren leitete der Dirigent die erste Singstunde des Männerchors

Von Heide Noll

Germania Maenner Chor TITELBILD

„Der Männerchorgesang bedeutet mir ein großes Glück, weil ich den Klang sehr liebe“, sagt Hans Schlaud. Und zwar von Kindheit an. Deshalb übernahm er 1962 mit 17 Jahren seinen ersten Chor, bald zwei weitere und 1965, als Zwanzigjähriger, einen vierten: die Germania Sindlingen. Das 50-jährige Miteinander würdigen Chor und Dirigent mit einem großen Festkonzert am Samstag, 13. Juni.
1965. Werder Bremen wird deutscher Fußballmeister, im Kino läuft der erste Italo-Western, Bob Dylan singt „Like a Rolling Stone“, die Beatles geben ihr fünftes Album „Help“ heraus und in Sindlingen betritt Hans Schlaud zum ersten Mal das Gasthaus Bayerischer Hof in der Allesinastraße, um eine Singstunde des Gesangvereins Germania zu leiten.
Anlass ist ein Todesfall. Germania-Dirigent Walter Kühn stirbt 1965 überraschend und der Chor ist ratlos. Bei einer Versammlung im Vereinslokal fragt Vorsitzender Hans Schwenk: „Kameraden, was machen wir?“ Da steht ein betagter Sänger auf und sagt „Wie wäre es denn mit dem jungen Schlaud?“
Dessen Vater Franz Schlaud ist sozusagen Lokalmatador, komponiert selbst, leitet drei erfolgreiche Chöre in Schwanheim und hat Verwandtschaft in Sindlingen. Aber er steht nicht zur Verfügung. Der „junge Schlaud“ dagegen hat noch Kapazitäten frei und man hat Gutes gehört. Er leitet bereits drei Chöre, darunter den Sindlinger Bruderverein Arion. Er studiert Chorleitung an der Musikhochschule in Mainz und in Frankfurt, und er sagt zu. Probe-Dirigate, wie sie heute üblich sind, gibt es nicht. Der Vorstand engagiert Hans Schlaud vom Fleck weg als Dirigenten und stellt ihn in der erste Singstunde vor: „Das ist jetzt der Chorleiter“.

Ein Mann, ein Chor: Hans Schlaud dirigiert seit 50 Jahren den Gesangverein Germania. Foto: Michael Sittig

Ein Mann, ein Chor: Hans Schlaud dirigiert seit 50 Jahren den Gesangverein Germania. Foto: Michael Sittig

Woche um Woche, Jahr um Jahr steht er fortan jeden Donnerstag vor den Männern. Etliche sind so jung wie er, viele älter. 50 Jahre lang arbeitet Hans Schlaud, der in Bierstadt lebt, mit der Germania zusammen. Große Konzerte geben sie, engagieren Star-Solisten, unternehmen Sängerreisen und holen bei Wettbewerben zahlreiche Preise. Die Sänger gratulieren ihrem Leiter schon bald zum Staatsexamen zum Diplom-Kapellmeister. Zusätzlich absolviert er am Salzburger Mozarteum die Sommer-Akademie und macht sich auch international einen Namen. In seinen Hochzeiten leitet er zwölf Gruppen gleichzeitig. Er formt sogar aus mehreren seiner Gesangsvereine einen Konzertchor, um zu zeigen, dass man auch mit einer großen Menge an Sängern gute Qualität an Musik bieten kann.
Dann setzt das Sterben der Männerchöre ein. Von vier Sindlinger Chören überlebt nur die Germania – sicher auch wegen Hans Schlaud. Mit zunehmendem Alter trennt er sich von weiteren Gruppen. Heute leitet er noch vier, denen er sich verbunden fühlt. „Mit der Germania ist es mir eine besondere Freude, weil ich so lange schon hier bin und sich wirkliche Freundschaft entwickelt hat. Ich bin mit fast allen per Du. Es ist kein distanziertes Verhältnis vom Chorleiter zu den Sängern“, sagt der Siebzigjährige. Außerdem sei der Chor heute „sängerisch besser denn je. Er singt gepflegter und beherrscht die hohe Kunst des piano. Das trägt und klingt“, schwärmt Hans Schlaud und empfindet dabei einen „gewissen Stolz“. Denn nur noch wenige aus den Reihen der Germania haben das Singen woanders gelernt. Die meisten verdanken ihr Können Hans Schlaud.

 

Festlicher Abend im Bikuz

Die 50 gemeinsamen Jahre begehen Hans Schlaud und der Männerchor Germania Sindlingen am Samstag, 13. Juni, ab 19 Uhr im Bikuz (Michael-Stumpf-Straße 2) mit einem Festkonzert. Das Programm bildet einen Querschnitt dessen, was sich die Sänger im Lauf der Jahre angeeignet haben: klassische Komponisten, Opernchöre, kirchliche Lieder, aber auch Schlager und Evergreens. Bereichert wird das Programm durch die junge Sopranistin Hanna Ramminger als Solistin. Karten zu 18 Euro gibt es im Vorverkauf bei Samen-Schlereth in der Farbenstraße (Telefon: 37 29 54) und ab 18 Uhr an der Abendkasse. Um 18 Uhr eröffnet in der Cafeteria auch ein kleiner Ausschank mit Sekt, Wein und Orangensaft. In der Pause erhalten die Besucher dort belegte Brötchen und Snacks, hinterher ist Gelegenheit zum gemütlichen Ausklang.