Allegro, Adagio, Allegro

Allegro, Adagio, Allegro

Harmonika-Orchester Herbstkonzert mit Volkstänzen und Vivaldi

Dröhnendes Volumen, zarte Klänge, lustige Polka, strammer Marsch. Melodien zum Mitschunkeln, ein plötzlicher Bruch. Grollen, flöten, flott oder schwermütig, aufmunternd oder traurig, dramatisch schwillt die Musik an, um gleich wieder in eine fröhliche Tonfolge zu wechseln – und das alles in einem einzigen Stück.

Mit dieser fulminanten Eröffnung, einer „Ouvertüre über zwei finnische Themen“ von George de Godzinsky, zog das Harmonika-Orchester Sindlingen gut 60 Zuhörer gleich mitten hinein in seinen herbstlichen Konzertabend. Er war diesmal zugleich der 1225-Jahrfeier Sindlingens gewidmet, sagte Vorsitzende Ursula Sinschek bei der Begrüßung. Die musikalische Leitung hatte wie stets in den vergangenen 27 Jahren Manfred Klepper inne. Durchs Programm führte Simone Polata.

Zusammen mit dem Dirigenten gab sie im Lauf des Abends ein bemerkenswertes, weil höchst anspruchsvolles Solo. Dafür wählten die beiden ein Konzert nach Antonia Vivaldi. „Johann Sebastian Bach und Vivaldi waren zwei große Komponisten der Barockzeit“, führte Simona Polata aus. Vivaldi gilt als Pionier des Solokonzertes, besonders für Violinen. Bach bearbeitete etliche Vivaldi-Konzerte für Cembalo und Orgel. Und was auf der Orgel geht, geht auch auf dem Akkordeon. Allegro, Adagio, Allegra, schnell, langsam, schnell brachten die beiden drei Sätze in a-Moll zu Gehör.

Starke Kontraste

Das war ein starker Kontrast zu den voran gegangenen Stücken. Nach der finnischen Ouvertüre spielte das Orchester in seiner größten Besetzung „L‘Arlésienne Suite II“, Pastorale und Farandole von Georges Bizet. Häufig sind Pastorale im Zwölf-Achtel-Takt und F-Dur gehalten; das Harmonika-Orchester jedoch präsentierte eine eher schwermütige Version in A-Dur. Einen Kontrast dazu bildeten Solo-Partien, bei denen einzelne Spieler auf ihren Instrumenten die Töne von Flöte, Englischhorn, Fagott und Piccoloflöte imitierten.

Einen weiteren Kontrapunkt setzte das Orchester mit zwei Volkstänzen, die Hans Brehme original für das Akkordeon geschrieben hat. „Jungfrau, kommet zu dem Reihen, kommet zu eim Ehrentanz!

Tut euch all mit mir erfreuen, flechtet einen Sonnwendkranz. Reihen schließet, höflich grüßet Maria, der Tugend Glanz – Dieser Reigen ist eine Weise aus dem 16. Jahrhundert zum Johannisfest“ erläuterte die Moderatorin: „Kommt, ihr Gspielen, wir wollen uns kühlen bei diesem frischen Taue, werdet ihr singen, wird es erklingen fern in dieser Au“.

Um ein Original für das Akkordeon handelte es sich auch beim folgenden Werk. Als Burleske wird ein heiteres Instrumentalstück bezeichnet, abgeleitet vom italienischen „Burla“ mit der Bedeutung von scherzhaft, spaßig. Komponist Franz Reinl nahm mit seiner „Burleske auf eine Spielmannsweise“ das Volkslied „Ich bin ein Musikante…“ aufs Korn. Nach einer Lustspielouvertüre von Bela Keler und einem slawischen Tanz von Antonin Dvorak nahte schon das Finale. „Erfahrene Konzertbesucher wissen, ohne Strauß-Walzer lassen wir Sie nicht gehen“, sagte Simone Polata.

Kein Konzert ohne Strauß

Diesmal sollte es aber ein „urtypischer“ Konzertwalzer sein, sondern ein sogenannter Chorwalzer. Johann Strauß hat ihn im Fasching 1869 für den Wiener Männergesangs-Verein komponiert. Das Werk hat eine in der Chorfassung sehr umfangreiche Einleitung und gelangt ohne Coda zu einem kraftvoll gesteigerten Abschluss. Dies war nötig, um den Text vollständig unterzubringen. Die gesungene Einleitung führt auf das Maestoso hin, wo es heißt: „Wer nicht liebt Wein, Weib, Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang“.

Zur Uraufführung des Chorwalzers am Narrenabend 1869 waren die Sänger als Sklaven kostümiert und der Chormeister schwang die Peitsche. „Ein Glück, dass sich unserer Sklaventreiber, äh, Dirigent für die später entstandene Konzertfassung entschieden hat“, scherzte die Moderatorin. Sie bedankte sich bei den Zuhörern und kündigte schon den Termin fürs nächste Jahr an: Am 12. November 2017 gastiert das Harmonika-Orchester wieder in der evangelischen Kirche. Für diesmal verabschiedete es sich mit einem persischen Marsch. hn

Manfred Klepper und Simone Polata spielten ein anspruchsvolles Duett.

Manfred Klepper und Simone Polata spielten ein anspruchsvolles Duett.

 Von Volkstanz bis Vivaldi reichte die Spannweite beim Konzert des Harmonika-Orchesters. Fotos: Michael Sittig

Von Volkstanz bis Vivaldi reichte die Spannweite beim Konzert des Harmonika-Orchesters. Fotos: Michael Sittig