Familienleben in der Schachtel

Familienleben in der Schachtel

Kinderbüro Sindlinger Kinder zeigen, wie sie ihre Familie sehen

Vater, Mutter, Kinder. Opa, Oma, Enkel. Leibliche Mutter, Stiefvater, Bruder und Halbschwester. Eine große Familie an einem Tisch oder nur ein Elternteil mit einem Kind beim Spielen: So vielfältig, wie Familien sind, gestaltete sich die Ausstellung „Meine Familie – Familien in der Schachtel“ des Frankfurter Kinderbüros. Sie war drei Wochen lang in der Höchster Kunsthalle Ludwig zu sehen. Anfang kommenden Jahres soll sie ein weiteres Mal gezeigt werden, und zwar in der zentralen Kinder- und Jugendbibliothek Bornheim.

„Die habe ich gemacht!“ Die Kindergartenkinder sind zu Recht stolz auf ihre Beiträge zum Thema „Meine Familie“. Fotos: Michael Sittig

„Die habe ich gemacht!“ Die Kindergartenkinder sind zu Recht stolz auf ihre Beiträge zum Thema „Meine Familie“. Fotos: Michael Sittig

Kinder aus dem katholischen Kindergarten St. Dionysius beteiligten sich an dem Projekt, das die Koordinatorin des Frankfurter Bündnisses für Familien, Monika Hofmann, zu Jahresbeginn angestoßen hatte. Die frühere Leiterin des Sindlinger Jugendhauses gewann 120 Kinder und Jugendliche aus dem Frankfurter Westen dafür, sich Gedanken darüber zu machen, was Familie für sie bedeutet. Das Ergebnis sollten sie in Schachteln darstellen. Pralinen-, Käse- oder Schuhschachtel, Bilder oder plastische Elemente: Was und wie sie es gestalten wollten, war ihnen frei gestellt. Entscheidend war der Blick von Kindern auf die Familie – ein bislang wenig beleuchteter und dokumentierter Blick, stellte Monika Hofmann bei der Vorbereitung fest. Neben den Kindern aus dem katholischen Sindlinger Kindergarten beteiligten sich Zeilsheimer Käthe-Kollwitz-Schüler, das Kinder- und Familienzentrum Griesheim, das evangelische Kinder- und Familienzentrum Goldstein, die Kita „Bunte Welt“ Schwanheim, die Projektgruppe „Kind in Nied“, das Jugend- und Kulturzentrum Höchst, die Kita Engelsruhe Unterliederbach und das Sossenheimer Kinderzentrum Johann-Klohmann-Straße.

Blick in eine Familienschachtel

Blick in eine Familienschachtel

Aussagen, Techniken und Material waren vielfältig und sehr unterschiedlich. Sossenheimer Kinder etwa malten Familienszenen in Ferrero-Küsschen-Schachteln, Höchster Jugendliche bauten Lichter ein und gestalteten ihre Schachteln derart, dass die Betrachter durch Gucklöcher Eindrücke vom Innenleben erhielten. Die Sindlinger Kinder gewährten nur dem Einblick, der den Deckel hob. Er sah dann beispielsweise eine Familie beim Pizzaessen um einen Tisch herum sitzen. Ein Platz war noch frei. „Der ist für meine Schwester, die ist nicht so oft da“, erklärte das Kind, das die Szene konstruiert hatte. Im Gespräch stellte sich heraus, dass die Schwester beim Vater lebt, die Eltern geschieden und mit neuen Partnern liiert sind. Ein Junge erfuhr zum ersten Mal, was Halbgeschwister sind; andere Kinder lernten, was „Patchworkfamilie“ bedeutet. Alle erkannten, dass es die unterschiedlichsten Formen von Familien gibt, berichtet Agnes Jaworski, die während der Öffnungszeiten die Aufsicht innehatte und die Besucher begleitete. Und allen Kindern war wichtig, dass alle zur Familie gehören, auch diejenigen, die aufgrund einer Trennung woanders leben, ergänzt Monika Hofmann.

Während die Kinder in den neun Einrichtungen an ihren Schachteln arbeiteten, führte sie Interviews mit ihnen. Beispielsweise fragte sie „Was wünschst Du Dir für Deine Familie?“ – „Etwa 80 Prozent antworteten: ‚Dass wir alle gesund blieben‘“, berichtet sie. Die Interviews sollen in eine Broschüre zum Thema einfließen, die derzeit erstellt und im November im Höchster JuKuz vorgestellt werden soll. Zusätzlich zeichnete eine Praktikantin Antworten auf Tonträger auf. Besucher der Ausstellung konnten dann zum Beispiel hören, was eine Familie zusammen unternimmt oder was Kinder anihrer Familie nervt.

Mehr als 200 Besucher zählte die Ausstellung. „Damit sind wir sehr zufrieden“, sagt Monika Hofmann. Für sie war es ein Pionierprojekt. „Wir haben vorher noch nie mit so vielen Einrichtungen an einem Thema gearbeitet und anschließend eine Galerie damit bestückt“, sagt sie: „Der Westen hat sich ‚was getraut“. Und es ist gelungen. Deshalb sollen nun auch andere Stadtteile davon profitieren. Anfang 2017 sollen die „Familien in der Schachtel“ zusammen mit passenden Bilderbüchern in der zentralen Kinder- und Jugendbücherei in Bornheim ausgestellt werden. Wer nicht so lange warten möchte, kann demnächst via Internet einen Blick darauf werfen. Zur Zeit werden Filmaufnahmen von der Ausstellungseröffnung und den Schachteln bearbeitet und demnächst online gestellt. hn


Familienmesse

Zur elften Familienmesse lädt das „Frankfurter Bündnis für Familien“ am Sonntag, 25. September, von 12 bis 17 Uhr ins Gesellschaftshaus des Palmengartens ein. Bei freiem Eintritt informieren Organisationen und Partner des Bündnisses über Bildung und Kultur, Arbeit, Betreuung, Gesundheit, Sport, Freizeit, Wohnen, Alter und Pflege. Dazu gibt es kreative Angebote der Frankfurter Museen und Kinder- und Jugendeinrichtungen und eine Kinder-Cocktailbar.


Für Familien aktiv

Das „Frankfurter Bündnis für Familien“ setzt sich für eine nachhaltige Familienpolitik ein. Dazu treibt es seit seiner Gründung 2005 die Vernetzung von Einrichtungen, Projekten und Angeboten voran, von denen Familien profitieren können. 2011 folgte im Frankfurter Westen das erste Familienbündnis auf Stadtteilebene. Für Sindlingen arbeitet Albrecht Fribolin, Vorsitzender des Präventionsrats, darin mit. Nähere Informationen finden sich im Internet unter www. Frankfurter-buendnis-fuer-familien.de