Energie aus faulendem Schlamm

Energie aus faulendem Schlamm

KLÄRWERK Stadtentwässerung modernisiert die Schlammbehandlung für 160 Millionen Euro

Die städtische Klärschlammverbrennungsanlage in den Wingerten ist in die Jahre gekommen. Deshalb stehen auf dem 24 Hektar großen Gelände am Roten Weg umfangreiche Veränderungen an.

Die 35 Jahre alte Anlage wird nicht einfach modernisiert, sondern die ganze Klärschlammbehandlung um einen Schritt erweitert. Der Verbrennung soll künftig ein Faulungsprozess vorangehen, bei dem wesentlich mehr Strom und Dampf gewonnen werden als bisher. Die Details beschrieb die Stadtentwässerung Frankfurt (SEF) in einer Informationsveranstaltung für die Bürger.

Um es vorweg zu nehmen: Kaum ein Bürger interessierte sich dafür. Die städtische Kläranlage fällt in Sindlingen nicht weiter auf. Sie emittiert kaum Gerüche, der Lastwagenverkehr hin und zurück rollt über die so genannte Baustraße um den Ort herum. Trotzdem sei es der SEF ein Anliegen, frühzeitig zu informieren, erklärte Werner Kristeller, technischer Betriebsleiter der Stadtentwässerung.

In Sindlingen kommen die Abwässer aller Stadtteile westlich der A5 sowie von Kelsterbach, Teilen des Flughafens und aus dem halben Vordertaunus an. Sie werden in mehreren Schritten mechanisch und biologisch gereinigt. Der anfallende Klärschlamm geht in der ebenfalls auf dem Gelände errichteten Schlammentwässerungs- und -verbrennunganlage (Seva) in Rauch auf und lässt Asche zurück. So ergeht es auch dem Klärschlamm aus dem zweiten, größeren städtischen Klärwerk in Niederrad. Er kommt durch eine elf Kilometer lange Leitung nach Sindlingen.

Insgesamt werden 1,5 Millionen Kubikmeter Rohschlamm pro Jahr zu etwa 10 000 Tonnen Asche verbrannt. Aus der Hitze der Verbrennung gewinnt die SEF rund 80 000 Tonnen Dampf und 17 Millionen Kilowattstunden Energie für den Eigenbedarf.

Künftig soll es wesentlich mehr sein. „Wir schalten sozusagen eine Stufe dazwischen“, erläuterte Andreas Meier von der beauftragten Planungsgemeinschaft. Rohschlamm sei ein Energieträger wie Öl, das soll stärker genutzt werden als bisher. Die Klärschlämme sollen zunächst in vier knapp 30 Meter hohen Türmen vor sich hin faulen. Durch den Abbau organischer Stoffe entsteht Gas, hauptsächlich Methan, als Energieträger. Es wird in fünf Blockheizkraftwerken in Strom umgewandelt. Mehr als 36 Millionen Kilowattstunden Energie soll das erbringen, dazu 15 Millionen Kubikmeter Wärme, die für die Beheizung der Faulgastürme genutzt wird. Damit kann die Kläranlage ihren gesamten Eigenbedarf an Energie decken. Das sei eine sichere, flexible, energetisch, wirtschaftlich und ökologisch günstige Form der Abwasserentsorgung, sagte Meier.

Gas, Abwasser und Abluft werden in geschlossenen Systemen behandelt. Die Abluft durchläuft Biowäscher, Biofilter und Aktivkohlefilter, so dass es nicht zu Geruchsbelästigungen kommt. Feinstaub und Stickoxide aus der Verbrennung werden eliminiert. Was noch an Schlamm übrig bleibt, soll einem Entsorger übergeben oder getrocknet und in einer im Vergleich zur heutigen deutlich kleineren Klärschlammverbrennungsanlage beseitigt werden.

Gebaut wird die Faulungsanlage dort, wo 1965 das erste, einstufige Klärbecken lag: nördlich des markanten, weißen, dreibeinigen Betriebsgebäudes, dem früheren Leitstand. Dort entsteht auch das Gebäude mit den Blockheizkraftwerken. Schon mit bedacht wird eine mögliche gesetzliche Vorgabe zur Rückgewinnung von Phosphor aus dem Klärschlamm. Phosphor ist ein endlicher Rohstoff, der für die Herstellung von Düngern gebraucht wird.

160 Millionen Euro investiert die SEF in die Erweiterung der Anlage. Gebaut wird von 2019 bis 2022, in einem zweiten Schritt folgt der Bau der neuen, kleineren Verbrennungsanlage. Der Baustellenverkehr soll wie die Transporte der Asche und Chemikalien weiterhin über die Baustraße erfolgen, versicherte Kristeller auf Nachfrage von Ortsbeirat Albrecht Fribolin (CDU). Das Straßenbauamt habe zugesagt, die Straße zu befestigen, Ausweichplätze zu schaffen und die Befahrbarkeit zu erhöhen. hn

Vor der Wiese, auf der das erste Klärbecken überhaupt lag, stellten (von links) Werner Kristeller, Susanne Schmid und Berthold Christmann-Neles die Päne für die Faulungsanlage vor, die ebendort entstehen soll.

Vor der Wiese, auf der das erste Klärbecken überhaupt lag, stellten (von links) Werner Kristeller, Susanne Schmid und Berthold Christmann-Neles die Päne für die Faulungsanlage vor, die ebendort entstehen soll.

 

So soll es aussehen: Das Klärwerksgelände mit vier Faultürmen und zwei Gastanks in einer Projektion. Quelle: SEF/Planungsgemeinschaft

So soll es aussehen: Das Klärwerksgelände mit vier Faultürmen und zwei Gastanks in einer Projektion. Quelle: SEF/Planungsgemeinschaft