Lecken, trinken, beißen – Helau

Lecken, trinken, beißen – Helau

Katholische Gemeinde Bei der Kappensitzung bleibt kein Auge trocken

Herz, was willst Du mehr? Im bunt geschmückten Saal des katholischen Gemeindehauses St. Dionysius tummelten sich Brezelbuben, jungen Rentner, Tratschweiber, ein neuer Redner, ein Traummann, eine 40-Jährige mit ihrem jungen Mann, Donald Trump, Schneewittchen und die sieben Zwerge, zwei Tratschweiber, eine Affenbande, ein Balladensänger, die Ehefrau eines kranken Mannes, Honey Ladies, Tanzkäfer und Schneeflöckchen. Das feierfreudige Fastnachtspublikum startete von Null auf Hundert in der Kappensitzung der katholischen Gemeinde St. Dionysius/St. Kilian.

Zur schnellen Stimmungssteigerung trugen die Moderatoren Bärbel Gerhards und Norbert Schulze nicht unerheblich bei – Hossa. Als Mexikaner führten sie durchs Pfläumchen-Ritual, spendierten jedem Mitwirkenden Tequila mit Salz und Zitrone („lecken, trinken, beißen“) und übten mit den kostümierten Gästen im voll besetzten Saal die „Rakete“: trampeln, klatschen, Arme heben und Aaah rufen. Gleich den ersten Akteuren widmeten die Zuschauer diese Form der Anerkennung. Die hatten sich die Tanzkäfer des Karnevalvereins mit ihrem tollen Marsch redlich verdient.

In der Folge hieß es noch öfter „Aaah“, aber ab und an auch uiuiui und auauau, musikalisch passend unterlegt von Alleinunterhalter Lothar Kleber. So übten sich die Männer im Saal in dieser Disziplin, als Monika Dörr berichtete, wie es ist, „wenn der Mann krank ist“: Schön personalisiert anhand von Ehepaaren aus der Gemeinde schilderte sie beredt, wie Frau Kopfweh, Rückenschmerzen oder kleine Verletzungen kurz behandelt und wegsteckt, wo Mann sein letztes Stündlein nahen fühlt: „Männerschnupfen ist halt immer viel, viel schlimmer“, sagte sie und erntete verständnisinnigen Applaus von den Frauen. „Ich muss jetzt heim, ich lass es Euch wisse, er (mein Mann) hat sich en Fingernagel eingerisse“, winkte sie zum Schluss und erhielt für ihre urkomische Rede (Sie merken: diesen Text schreibt eine Frau) zu Recht eine „Rakete“.

Gut, dass zwischendurch immer mal eine Schunkelrunde eingelegt wurde, um abzudampfen. So konnten die „Tanzraketen“ anschließend ihr Tanzspiel „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ in angemessener Atmosphäre zeigen. Sonja Peters, Christina Tischler und Christine Gürtler hatten es mit den Kindern einstudiert. Claudia Lamargese, Woltera und Edwin Reinhardt, Christine Krämer und Katja Kronz kommentierten als sprechende und singende Affenbande Geschehnisse in der Gemeinde. „Oh Schumi-Du, wir wär‘n so gern wie Du-hu-hu“, lobten sie etwa den Cheforganisator des närrischen Treibens, Wolfgang Schuhmann, zur Melodie des Affenkönigs Loui. Peter Teske begleitete sie dabei auf der Gitarre. Kritisch beleuchteten sie die Verschmelzung etlicher Pfarreien zur Großgemeinde St. Margareta. „Och nö, das woll‘n wir net“, sangen sie und kegelten alle raus, bis nur noch Sindlingen und Zeilsheim übrig waren. Dabei kamen die Äffchen gehörig ins Schwitzen, denn die Kostüme wären eher für die Straßenfastnacht geeignet als für den erhitzten Saal.

Die „Brezelbuben“ Michael Ickstadt und Clemens Weißenberger besangen vergangenes Jahr den Ebbelwoi. Diesmal widmeten sie ihr Lied einem geschätzten Begleiter des Stöffches, der Brezel. Sehr gut kamen auch Jürgen Peters „Schlüssellochballade“, Bernhard Katzenbachs „Ein Traummann“ und der Tanz der rosa gekleideten „Honey Ladies“ aus Eddersheim an. Als Bütten-Talente erwiesen sich einmal mehr Albrecht Fribolin und Sonja Peters, die diesmal zusammen mit ihrem knapp ein Jahr jüngeren Mann Jörg in den Dialog trat. Köstlich, wie sich „die Vierzigjährige und ihr junger Mann“ kabbelten, gegenseitig die Schwächen vorhielten und die Leviten lasen, um am Ende doch in trauter Harmonie vereint den Dank des Publikums entgegen zu nehmen. Genauso lustig waren Fribolins Schilderungen, wie er sich als junger Rentner seinen Ruhestand vor- und einen Wochenplan aufstellte („dienstags tu ich mich erreeche am Dalles über Fahrradweeche“) und dann mit der harten Realität konfrontiert wurde: „Von jetzt an ist mein Chef mei Fraa!“ Fazit: „Rentner werden ist nicht schwer, Rentner sein dagegen sehr!“

Sein Debüt in Sindlingens Bütt gab Michael H. Kuhn aus Wolfsheim in Rheinhessen. Der Dirigent des Frauenchors Germania ist Fastnachter durch und durch und unterhielt mit Scherzen und Anekdoten. Ähnlich hielten das Manuela Teske und Monika Schuhmann als „Zwei Tratschweiber“. „Jetzt kriegen wir unser Fett weg“, schwante es den Ehemännern Peter Teske und Wolfgang Schuhmann. Ja, so war es. Sie (er)trugen es mit Würde.

„Was am 11.11. begann, darf in dieser Nacht nicht enden“ – erstaunlich, wie Alexander Furtwängler den US-amerikanischen Slang durchzog, ohne einen Knoten in die Zunge zu bekommen. Als Präsident Donald Trump kalauerte er über alles mögliche, auch über entlegene, unterentwickelte Regionen: „Liebe Einwohner nördlich des Kreisels – ich habe Euch nicht vergessen!“

Ach ja – Sindlingen-Nord. Es gab reichlich Sticheleien in diese Richtung. Beispielsweise spendierten die Moderatoren Markus Krämer von der „Schoppen-Schmiede“ eine Krone und Gratis-Apfelwein als Ansporn, dass der Titel dieses Jahr nicht wieder an einen „Auswärtigen“ gehen möge – der amtierende Apfelweinkönig Hasso Hör wohnt in Sindlingen-Nord. Als aber Schulze mit einer Mauer aus Stoff wedelte und davon sprach, Sindlingen nach Norden hin abzugrenzen, führte er alle an der Nase herum. Nicht am Kreisel, sondern am Aldi am Ortsrand von Zeilsheim müsste sie stehen – der liegt immerhin auf Sindlinger Gemarkung. Über alle Grenzen hinweg beliebt sind die „Schneeflöckchen“. Das Männerballett der katholischen Gemeinde wurde seinem Ruf auch dieses Jahr gerecht. Als Zwerge, rot-weiße Matrosen, Cowboys, Indianer, Strampler und sogar als Hottepferd, um das die Fliege schwirrt, strapazierten sie die Lachmuskeln. Immer noch lachend, applaudierten die Gäste zum großen Finale mit Luftballons und reihten sich dann zur Polonnäse auf. hn

Manuela Teske...

Manuela Teske…

und Monika Schuhmann als "Tratschweiber"

und Monika Schuhmann als „Tratschweiber“

Bilder einer Ehe: Jörg

Bilder einer Ehe: Jörg

und Sonja Peters.

und Sonja Peters.

 

 

Das Schlüsselloch ist fort: Jürgen Peters.

Das Schlüsselloch ist fort: Jürgen Peters.

Peter Teske, Harald Fischer.

Peter Teske, Harald Fischer.

Als „Neuer Redner“ kam Michael H. Kuhn.

Als „Neuer Redner“ kam Michael H. Kuhn.

„Die Tanzraketen“ spielten „Schneewittchen und die sieben Zwerge.“ Fotos: Michael Sittig

„Die Tanzraketen“ spielten „Schneewittchen und die sieben Zwerge.“ Fotos: Michael Sittig

Norbert Schulze und Anita Dörr.

Norbert Schulze und Anita Dörr.

Die Schneeflöckchen.

Die Schneeflöckchen.

„Jungrentner“ Albrecht Fribolin.

„Jungrentner“ Albrecht Fribolin.

Alex Furtwängler als Donald Trump.

Alex Furtwängler als Donald Trump.