Nicht wegschauen, positiv denken

Nicht wegschauen, positiv denken

Dagmar Eichfelder „Es gibt immer Lösungen, man muss sie nur finden“

In ihren 42 Jahren als Lehrerin hat Dagmar Eichfelder viele Veränderungen miterlebt.

Ursprünglich stammt sie aus Nied, ihr Mädchenname ist Stanger. Ihr Vater war Vorsitzender der dortigen Rudergemeinschaft. So wundert es nicht, dass sie ihren späteren Ehemann Eberhard Eichfelder auf dem Wasser kennen lernte. Er war ebenfalls Ruderer und führte die Nassovia Höchst 28 Jahre lang als Vorsitzender.

In diesem Verein ist übrigens auch ein Sindlinger Ehrenmitglied: Herbert von Meister. Die Ruderer dankten ihm damit 1913 für vielfältige Unterstützung.

Studentin während der 68-er Jahre

Dagmar Stanger erlebte als Studentin die unruhigen 1968-er Jahre mit. Sie studierte Biologie, Englisch und Sport für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen in Frankfurt. Für linke Rabauken, die mit roten Fahnen in die Hörsäle stürmten und Vorlesungen störten, hatte sie keine Sympathie: „Das habe ich nie unterstützt“, sagt sie. 1969 legte sie das erste Staatsexamen ab.

Es war die Zeit des Lehrermangels. Deshalb wurde sie als so genannte „außerplanmäßige Lehrerin“ sofort eingestellt und mit einer Klassenführung betraut. Neben dem vollen Deputat von 24 Stunden Unterricht lief die Vorbereitung aufs zweite Staatsexamen mit Seminarbesuchen und Lehrproben. Auch eine Examensarbeit schrieb sie, bevor sie den endgültigen Abschluss als examinierte Lehrerin in der Hand hielt.

Ihre ersten sechs Monate verbrachte die damals 23-Jährige an einer Schule in Oberselters. Dann kam sie nach Sindlingen.

An der Herbert-von-Meister-Schule übernahm sie eine fünfte Hauptschulklasse mit 45 Schülern. Nach einem halben Jahr wechselte sie in die Grundschule in eine erste Klasse. „Das war eine wahre Freude“, sagt sie. In der Hauptschule gab sie weiterhin Fachunterricht in Englisch und Biologie, später auch Sport. „So habe ich den Kontakt zur Hauptschule nie verloren“, erklärt Dagmar Eichfelder.

Dem damaligen Rektor Daub zuliebe eignete sie sich das nötige Wissen an und gab auch evangelischen Religionsunterricht.

Als Tochter Uta auf die Welt kam, blieb Dagmar Eichfelder nur wenige Wochen zuhause, dann stand sie wieder an der Tafel. „Ich habe doppelte Klassenführungen übernommen, um keinen Nachmittagsunterricht geben zu müssen“, sagt sie. Die Nachmittage gehörten der Tochter, Vor- und Nachbereitung des Unterrichts geschahen abends.

Von Mengenlehre bis Migration

Große Veränderungen hat Dagmar Eichfelder in ihren 42 Jahren als Lehrerin erlebt. Das Kommen und Gehen der Mengenlehre, die Einführung des Computers und die zunehmende Zahl von Kindern aus Migrantenfamilien sind nur einige Beispiele.

Experiment Hauptschule

In den 80-er Jahren ging sie ihr persönliches „Experiment Hauptschule“ an. „Ich habe eine Klasse durchgehend von der ersten bis zur neunten als Klassenlehrerin gehabt. Das waren 28 Schüler aus zehn Nationen und es war die größte Hauptschulklasse Frankfurts“, berichtet sie. Die Jugendlichen hätten ein sehr gutes Sozialverhalten untereinander gehabt und seien leistungsstark gewesen. Aber sie schlugen sich auch mit allen denkbaren Problemen herum, so dass Dagmar Eichfelder häufig Berichte für das Jugendamt und andere Behörden schreiben musste.

Probleme und Lösungen

Das galt in noch höherem Maß, als sie als Beratungslehrerin für Suchtprävention alle kritischen Fälle, von Drogen über sexuellen Missbrauch bis hin zu einer Entführung auf den Tisch bekam. „Es gab und gibt immer Problemschüler, aber es gibt auch immer Lösungen. Man muss sie nur finden“, sagt sie. Oft ist Kreativität gefragt, ab und an das Jugendamt: „Manchmal muss es der harte Weg sein, zum Beispiel in einer Therapie oder ein Heim, raus aus der Familie“, sagt sie. Wegschauen sei keine Lösung: „Man muss aktiv sein. Es gibt genug Möglichkeiten, man muss sie nur ergreifen.“

Dabei war sicher auch hilfreich, dass Dagmar Eichfelder gerne lacht, sich von niemandem unterbuttern und keine Vorurteile gelten lässt. „Ich bin immer positiv an alles dran gegangen, deshalb waren die fast 42 Jahre für mich immer schön“ zieht sie Resümee. hn