Abschied von der Stephanischen

Abschied von der Stephanischen

Nahversorgung Die Alexander-Apotheke weitet ihren Boten-Service aus

Am 16. März öffnet die Stephanische Apotheke in der Sindlinger Bahnstraße 113 zum letzten Mal ihre Türen. Nach mehr als 22 Jahren in Sindlingen verabschiedet sich Inhaber Georgios Kapetanopoulos in den Ruhestand.

Er suchte lange nach einem Nachfolger – vergeblich. Auch Miriam Oster sprach er an, die Inhaberin zweier Apotheken in Oberursel und der Alexander-Apotheke am Dalles. „Wir haben es geprüft, aber es trägt sich einfach nicht“, bedauert sie, dass sie die Stephanische Apotheke nicht als zusätzliche Filiale führen kann.

Schon seit Jahren herrscht ein Apothekensterben. Mehrere Faktoren kommen da zusammen. Viele Menschen bestellen Medikamente im Internet, dieses Geschäft geht den niedergelassenen Apotheken verloren. Gleichzeitig sind immer weniger Apothekerinnen und Apotheker bereit, das hohe wirtschaftliche Risiko, die Verpflichtungen, die schier überbordende Bürokratie und die enorme Arbeitsbelastung eines Selbständigen zu schultern. „Viele arbeiten lieber als angestellte Mitarbeiter“, wissen Miriam Oster und Georgios Kapetanopoulos. Zur Zeit sei der Konzentrationsprozess besonders stark. Vor allem in den Stadtteilen sei es schwierig geworden. „Wir haben lange überlegt, das Geschäft von Herrn Kapetanopoulos zu halten, aber es lohnt sich wirtschaftlich einfach nicht in so kleinen Einheiten“, sagt Miriam Oster.

Stattdessen haben die beiden Apotheker kollegial miteinander gesprochen und eine andere Lösung gefunden. „Wir laden alle Kunden dazu ein, zu uns zu kommen. Der weitere Weg soll kein Hinderungsgrund sein“, sagt Miriam Oster. Sie hat den schon vorhandenen Botendienst der Alexander-Apotheke personell aufgestockt. Ab Mitte März sind die Fahrer montags bis samstags ab 12 Uhr unterwegs, um bestellte Medikamente direkt an die Haustür zu liefern.

Das Team der seit 1966 in Sindlingen ansässigen Alexander-Apotheke tut noch mehr, um Georgios Kapetanopoulos die Schließung und den Kunden den Übergang zu erleichtern. Zum einen übernimmt es die Reste des Warenlagers, zum anderen arbeiten Miriam Oster und ihre Angestellten schon jetzt in der Stephanischen Apotheke mit, um sie zu unterstützen und die gewohnten Öffnungszeiten bis zum 16. März aufrecht zu erhalten. Zum anderen „wollen wir den Bewohnern von Sindlingen-Nord Gelegenheit geben, uns kennen zu lernen, damit sie Vertrauen in das neue Team bekommen und ihnen der Übergang leichter fällt.“ Die Apothekerin betont noch einmal, dass die Versorgung mit Medikamenten dank des Botendienstes jederzeit sichergestellt ist.

Noch offen ist, ob an der Stephanischen Apotheke eine Rezeptsammelstelle eingerichtet werden kann. Das ist ein Briefkasten, der täglich gegen 12 Uhr geleert wird. Die darin enthaltenen Medikamentenbestellungen werden garantiert noch am gleichen Tag an die Haustür gebracht. „Der Antrag dafür ist gestellt“, sagt Miriam Oster.

Sie lädt alle bisherigen Kunden der Stephanischen Apotheke dazu ein, sich selbst ein Bild von ihrem Sindlinger Stammhaus in der Huthmacherstraße 1 (Dalles) zu machen. Das kann auch jetzt schon geschehen, obwohl die Stephanische noch bis Freitag, 16. März, geöffnet bleibt und 25 Prozent Rabatt auf viele Produkte einräumt. Am Freitag, 16. März, verabschiedet sich Georgios Kapetanopoulos mit Tee, Kaffee und Kuchen von seinen Kunden.

Am Samstag, 17. März, heißt die Alexander-Apotheke alle willkommen, auch ihre Stammkunden, versteht sich. „Wir wollen groß feiern mit Waffeln, Würstchen, diversen Getränken. Live-Musik und viel Programm, auch für Kinder“, verspricht sie. Außerdem gibt es dann auch dort 25 Prozent Nachlass auf viele der vorrätigen Produkte.

Bei der Gelegenheit wirbt das Team auch für seine Kundenkarte. Darüber werden Name, Adresse, Telefonnummer und die Medikamente des Kunden gespeichert. Das schafft Arzneimittelsicherheit und erleichtert die Abwicklung. Besitzer der Kundenkarte erhalten außerdem jährlich einen Bonus.

Ganz von der Bildfläche verschwindet die Stephanische Apotheke übrigens nicht. Zum einen wird deren Angestellte Ulla Jost künftig in der Alexander-Apotheke mitarbeiten, zum anderen möchte Miriam Oster Teile der schönen, alten Theke in ihre Filiale integrieren. „Ich möchte sie als Aktionstisch nutzen und eine kleine Sitzecke einrichten. Die Menschen nutzen die Apotheke jetzt schon als Ort der Zusammenkunft. Das möchte ich durch den Umbau stärken. Und so bleibt auch ein Stückchen Stephanische Apotheke dauerhaft in der Erinnerung.“ hn

Georgios Kapetanopoulos verabschiedet sich in den Ruhestand. Miriam Oster lädt alle Kunden dazu ein, ihre Medikamente künftig über die Alexander-Apotheke zu beziehen. Foto: Michael Sittig

Georgios Kapetanopoulos verabschiedet sich in den Ruhestand. Miriam Oster lädt alle Kunden dazu ein, ihre Medikamente künftig über die Alexander-Apotheke zu beziehen. Foto: Michael Sittig

 

Otto Stephani war der Erste

Geschichte Niederlassung für Sindlingen, Zeilsheim und Hattersheim

Mit der Schließung der Stephanischen verliert Sindlingen seine älteste Apotheke. Gegründet wurde sie 1926 von Otto Stephani, damals noch unter dem Namen „Stern-Apotheke“ am Richard-Weidlich-Platz, schreibt Dieter Frank in seinem Buch „Wandel in der Versorgungsstruktur des Frankfurter Stadtteils Sindlingen im 20. Jahrhundert“.

Der Vorsitzende des Sindlinger Heimat- und Geschichtsvereins hat darin den Werdegang vieler Häuser recherchiert und dokumentiert, darunter auch den der Stephanischen Apotheke.

„Damals gab es noch keine Niederlassungsfreiheit“, erklärt der derzeitige Inhaber Georgios Kapetanopolous, warum sich der Gründer so weit von den Dorfkernen entfernt ansiedelte; 1926 war die Ferdinand-Hofmann-Straße gerade im Bau, beidseits der Bahngleise dominierten Felder. „Die Apotheke sollte gleichermaßen für Sindlingen, Zeilsheim und Hattersheim erreichbar sein, deshalb musste sie in der Nähe des Bahnhofs angesiedelt werden“, weiß der Apotheker.

1928 begann Otto Stephani mit dem Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses in der Sindlinger Bahnstraße 113, 1929 zog er dorthin um. Nach seinem Tod 1934 pachtete Fritz Dürrfeld 1936 das Unternehmen und benannte es zu Ehren des Gründers in „Stephani’sche Apotheke“ um. 1941 mieteten Tochter und Schwiegersohn des Gründers, Edith und Robert Schulz, die „Stephani’sche“. 1952 renovierten sie die Geschäftsräume und strichen den Apostroph, behielten aber bewusst den alten Charakter im Inneren bei.

Von 1970 bis 1995 Jahre führte Peter Grabows den Betrieb, danach kam Georgios Kapetanopoulos. Er arbeitete zuvor im Westend. „Ich wollte gerne in eigene Räume“, erzählt er, warum er das Wohn- und Geschäftshaus erwarb. In den ersten Jahren florierte der Betrieb. Nassauische und Frankfurter Sparkasse sowie Blumen-Neder waren Nachbarn, es gab weitere kleine Geschäfte in der Bahnstraße und am Weidlich-Platz. Doch in den vergangenen Jahren schlossen immer mehr davon. Die Aufgabe der Filiale der Nassauischen Sparkasse schmerzte die benachbarte Apotheke besonders. Als dann auch noch 2015 der Kreisel saniert wurde und die Bahnstraße wochenlang Einbahnstraße war, „haben wir das sehr deutlich gespürt“, sagt Kapetanopoulos. Nun ist er 65 Jahre alt und freut sich auf den Ruhestand. Er wird weiter im Haus wohnen. Für die Räume der Apotheke sucht er einen Mieter, der dort ein Ladengeschäft betreiben möchte. hn

Große Aktion bei der Alexander Apotheke

Große Aktion bei der Alexander Apotheke