Geschichtsverein – Sindlinger helfen bei der Suche nach Namen

Wer erkennt wen?

Geschichtsverein Sindlinger helfen bei der Suche nach Namen

Schade, dass nicht mehr ältere Sindlinger gekommen sind. Sie hätten vielleicht helfen können, Fotos zuzuordnen. Rund 40 000 Datensätze hat der frühere Archivar des Sindlinger Heimat- und Geschichtsvereins, Karl-Heinz Tratt, seinem Nachfolger Werner Raschke hinterlassen. Tratt hat Orte und Menschen benannt, soweit er es konnte, und die Fotos thematisch gruppiert. Trotzdem bleiben Zigtausend Bilder, die Unbekannte zeigen.

„Bilder ohne Namen verlieren mit der Zeit ihren Wert“, sagte Vorsitzender Dieter Frank bei der Begrüßung von 16 Sindlingern und Ex-Sindlingern, die dem Verein dabei helfen wollten, Erinnerungen zu erhalten. Bei einem „Arbeitsstammtisch“ sollten so viele Namen, Daten und Orte zugeordnet werden wie möglich.

Einen thematischen Schwerpunkt legte Werner Raschke beim Radfahrerverein Germania. Er besteht seit nunmehr 120 Jahren. Obwohl Vorsitzender Alfons Ehry und Mitglied Karl-Josef Neuser in der ersten Reihe saßen, konnten sie naturgemäß bei Aufnahmen aus den frühen 30-er Jahren nicht helfen. So bleibt unbekannt, welche junge Dame als „Germania“ Wacht am Rhein hielt, indem sie auf einer Plattform zwischen Fahrrädern posierte.

Rund 20 Jahre später sind ebenfalls Fotos von einem Korso gemacht worden. „Radfahrerverein Germania Sindlingen 1898 e.V.“ steht auf der Fahne, die ein Radler mit sich führt. „Wir gratulieren zum 50.“ verkündet ein Schild, das zwischen den geschmückten Rädern zweier Herren montiert ist. Aber wem wird gratuliert? Und wo? Vielleicht den befreundeten Radlern in Zeilsheim? Sie gründeten ihren Club 1903, das Foto könnte also von 1953 stammen. „Ja, das ist Zeilsheim“, nicken gleich mehrere zu einer Folge von Aufnahmen.

Zeilsheim 1953? Das würde zu vielen Details passen wie den Häusern im Hintergrund, der Kleidung der Zuschauer und der Sindlinger Radlergruppe. „Vorne links, das ist der junge Gotthard Schlereth“, ruft einer. „Rechts Anton Neder“, ein anderer. „Das ist mein Vater“, freut sich ein Dritter und ulkt: „Damals war jeder Sindlinger ein Radfahrer“, und zwar ein Kunstradfahrer. „Wir haben einige Preise gewonnen, sowohl für die Formation als auch für den Schmuck“, erzählt Alfons Ehry. „Die Räder haben wir am Vortag geschmückt, das war sehr aufwendig. Stahlbogen wurden an den Radschrauben befestigt und mit Krepp, Girlanden und Blumen dekoriert“, ergänzt Karl-Josef Neuser.

Bei jedem Korso dabei war Paul Voigt auf dem Hochrad. „Das hängt noch in unserem Lagerraum an der Wand“, sagt Neuser. Zwei lachende junge Männer auf Einrädern werden als Willibald Hartmann und Alfons Ehry erkannt.

Neben den Radfahrer-Fotos zeigt Werner Raschke 17 weitere, die er gerne ordentlich archivieren würde. Das gelingt nur teilweise. Eine Damenformation, vier kostümierte Herren mit Akkordeon und eben die Aufnahmen von 1931 bleiben namenlose Zeitzeugen.

Trotzdem ist Raschke zufrieden: „Das war sehr ergiebig“, freut er sich. Damit sind wieder ein paar Schritte hin zu einem ehrgeizigen Ziel geschafft. Von den 40 000 geerbten Datensätzen hat der Archivar bislang etwa 9000 Bilder so bearbeiten können, wie er es sich wünscht. „Ziel ist, jedem Bild Namen und Jahreszahlen zuzuordnen und es dann leicht unter verschiedenen Parametern aufrufen zu können“, sagt er. Die Hilfe der Sindlinger wird dabei auch in Zukunft unverzichtbar sein. hn

Wer kennt den Jungen auf dem Fahrrad vorne rechts? Die Frage blieb beim historischen Stammtisch unbeantwortet.

Wer kennt den Jungen auf dem Fahrrad vorne rechts? Die Frage blieb beim historischen Stammtisch unbeantwortet.

Ebenfalls ohne Namen: Drei Damen beim Kunstradfahren.

Ebenfalls ohne Namen: Drei Damen beim Kunstradfahren.