Category: Januar

Sindlinger Monatsblatt Januar 2015

Sindlinger Monatsblatt Januar 2015

Die Ausgabe Januar 2015 des Sindlinger Monatsblatt steht hier zum Download bereit:

Sindlinger Monatsblatt Januar 2015

Park mit Villa zu verkaufen

Meister-Gelände

Park mit Villa zu verkaufen

SPD plädiert für Erwerb durch die Stadt, CDU lehnt das ab

Park und Villa von Meister sollen verkauft werden. Die Besitzer, eine Erbengemeinschaft von Nachkommen der Familie von Meister, suchen schon seit einigen Jahren einen Abnehmer für das teilweise denkmalgeschützte Areal. Bislang jedoch hat noch jeder Interessent nach einer Ortsbesichtigung dankend abgelehnt. Von der autobahnähnlichen Mainbrücke her schallt der Lärm, der Anblick der Müllverbrennungsanlage und der Industriebauten der Infraserv ist wenig idyllisch und die Auflagen des Denkmalschutzes für die Villa und den Park gehen ins Geld und schränken Nutzungsmöglichkeiten ein.
Zumal die letzte Besitzerin, Fräulein Elisabeth von Meister, testamentarisch verfügt hat, dass das Gelände einem sozialen Zweck dienen und gleichzeitig den Sindlinger Bürgern zugänglich bleiben soll. Die Fachklinik Villa unter den Linden des Deutschen Ordens erfüllt beides. Seit nunmehr 30 Jahren ist im früheren Wohnhaus derer von Meister eine Therapieeinrichtung untergebracht. In der Orangerie betreibt die Klinik ein drogenfreies Café und Bistro, das Patienten wie Bürgern offensteht. Rosen- und Lichterfest, Führungen durch den Park und die Kooperation mit dem Sindlinger Reiterverein, der Reithalle, Reitplatz und Ställe des Anwesens nutzt, sorgen ebenfalls für Öffentlichkeit.
Um all das zu erhalten, setzt sich die SPD dafür ein, dass die Stadt Frankfurt das Areal kauft. Ein entsprechender Antrag soll im neuen Jahr im Stadtparlament behandelt werden. Den Mietern vom Deutschen Orden wäre das recht: „Ein Erwerb durch die Stadt Frankfurt wäre am sinnvollsten. Wir wollen gerne bleiben und am liebsten wäre uns, wenn alle bleibt wie es ist“, sagt Johannes Rinnert, Leiter der Fachklinik Villa unter den Linden.
CDU-Ortsbeirat Albrecht Fribolin dagegen hält nichts von einem „vorschnellen Kauf durch die Stadt“, erklärt er. Zum Kaufpreis (das Höchster Kreisblatt nannte die Zahl von fünf Millionen Euro) kämen Sanierungskosten in Millionenhöhe für Gebäude, Orangerie, Pferdestall, Reithalle, Gärtnerhaus, Grünanlagen und Begrenzungsmauern. „Überall ist für jedermann leicht erkennbar: Hier müssen Hunderttausende von Euro investiert werden, um die Bausubstanz einigermaßen zu erhalten“, führt er aus. Von den jährlichen laufenden Kosten für Unterhaltung und Pflege des Parks ganz zu schweigen.
Dennoch sieht auch Fribolin Handlungsbedarf bei der Stadt Frankfurt, „denn die Villa Meister ist den Sindlingern zweifellos eine Herzensangelegeheit, sie gehört zum Stadtteil und es ist unbedingt wichtig, dass das Gelände, wie testamentarisch verfügt, den Sindlingern offen stehen muss“, sagt er. Das solle aber nicht mit Hilfe von Steuergeld geschehen. Realistischer wäre eine privatwirtschaftliche Vermarktung, die gleichzeitig den Erhalt der Bausubstanz sichert, regt der Ortsbeirat an. Denkbar wäre seiner Meinung nach eine Seniorenresidenz in der Villa und „die Ausweisung von Wohnbauflächen im Gebiet „Hinter Schweizers Gärten“. Das sind die früheren Gemüsegärten, die Fläche außerhalb des denkmalgeschützten Parks, die der Reiterverein derzeit als Pferdekoppel nutzt. „Einnahmen aus der Vermarktung dieses Geländes, auf dem zum Beispiel auch die bestehende Fachklinik neu entstehen könnte, würden die Zukunft der Villa und der anderen Gebäude langfristig sichern, ohne jedoch den städtischen Haushalt zu belasten“, findet Fribolin.
Der Ankauf der Villa Meister durch die Stadt Frankfurt sei im Hinblick auf langjährige unkalkulierbare finanzielle Belastungen des städtischen Haushaltes abzulehnen. Das verbriefte Recht der Sindlinger auf Öffentlichkeit des Parks jedoch müsse bei dem privaten Verkauf gesichert bleiben, ebenso der Erhalt der Reithalle und der Reitställe als Existenzgrundlage des Reitervereins. Ebenso sollte die gastronomische Nutzung der Orangerie, die inzwischen eine gute Tradition in Sindlingen hat, gesichert bleiben.
Eine entsprechende Anregung will Fribolin in der Januar-Sitzung des Ortsbeirates 6 auf die Tagesordnung setzen lassen und den Magistrat bitten, hier tätig zu werden. hn

„Schlösschen“ wird die Villa unter den Linden, das frühere Wohnhaus der Familie von Meister, auch genannt.

„Schlösschen“ wird die Villa unter den Linden, das frühere Wohnhaus der Familie von Meister, auch genannt.

Gestern Gemüsegarten, heute Pferdekoppel, morgen Baugebiet? Die Fläche zwischen dem denkmalgeschützten Meister-Park und den Nachbarn könnte bebaut werden, schlägt CDU-Ortsbeirat Albrecht Fribolin vor.

Gestern Gemüsegarten, heute Pferdekoppel, morgen Baugebiet? Die Fläche zwischen dem denkmalgeschützten Meister-Park und den Nachbarn könnte bebaut werden, schlägt CDU-Ortsbeirat Albrecht Fribolin vor.

Beliebt, aber reparaturbedürftig: die Orangerie, der Wintergarten vor dem Reiterhof. Fotos: Michael Sittig

Beliebt, aber reparaturbedürftig: die Orangerie, der Wintergarten vor dem Reiterhof. Fotos: Michael Sittig

Schule wächst wie im Zeitraffer

Ludwig-Weber-Schule

Schule wächst wie im Zeitraffer

Holzmodulbauweise erlaubt rekordverdächtige Bauzeit für das Ersatzgebäude

Auf dem Dach der Schulturnhalle steht eine Kamera und hält den Baufortschritt fest. Aber auch ohne Zeitraffer können Grundschüler, Lehrer und Nachbarn zusehen, wie das Behelfsgebäude der Ludwig-Weber-Schule Tag um Tag wächst. Die innovative Holzmodulbauweise sorgt dafür, dass die Arbeiter vorgefertigte Bauteile aus Holz wie beim Lego einfach nur aufeinandersetzen und fixieren.
Überhaupt geht jetzt, nachdem das Stadtschulamt dem Drängen der Grundschule im Sindlinger Norden nachgegeben hat, alles recht flott. Wie mehrfach berichtet ist der nur 41 Jahre alte Betonkomplex völlig hinüber. Es regnet rein, es zieht, Pflanzen wachsen durch die Ritzen, Deckenplatten fallen herab und die mögliche Schadstoffbelastung durch die damals verwandten Baustoffe sorgte immer wieder für Unruhe. Deshalb kam die Ludwig-Weber-Schule auf der Prioritätenliste für Sanierungen an die erste Stelle, sagt Frank Groos vom Stadtschulamt. Erst Maßnahme ist die Auslagerung in einen Behelfsbau. Dann soll die alte Schule abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden.
Als das erst mal klar war, ging es schnell. Nur 13 Monate dauert es von der Idee bis zur Fertigstellung, sagt Harald Heußer, Leiter des städtischen Hochbauamts. Arbeiter sperrten im September einen Teil des Schulhofs ab, gruben ihn auf, versenkten Pfähle vier Meter tief in den Boden und legten Versorgungsleitungen. Ende November begannen die Hochbauarbeiten. In der Edenkobener Straße und am Paul-Kirchhof-Platz wurde Halte- und Parkverbot verhängt, damit die Lastwagen mit den sperrigen Holzbauteilen überhaupt eine Chance hatten, die engen Wohnstraßen zu passieren. „Das war und ist schwierig“, sagen Heußer und Roland Hatz, Abteilungsleiter im Hochbauamt.
Zunächst verlegten die Arbeiter einer mittelständischen Firma aus der Nähe von Fulda die Bodenplatten auf den Stützpfosten, die einen knappen halben Meter aus dem Boden ragen. „Der Boden muss exakt ausgerichtet sein“, erläutert Architekt Erhard Botta. Die Bauteile sind alle mit Computertechnik gezeichnet und mit Computerhilfe geschnitten worden. Die Bodenplatten enthalten Schlitze für Leitungen und Löcher für Dübel. Dann wurden ganze Wände geliefert, ebenfalls gelöchert. Dicke Dübel verbinden die Wände mit den Böden. Die Außenwände wurden komplett mit der Fassade aus witterungsbeständigem Lärchenholz, mit Dämmung und fertig eingebauten Fenstern geliefert. So wuchs der hölzerne Bau rasch in die Höhe. Zunächst entstanden die drei Stockwerke des mittleren Teils, anschließend die beiden Stirnseiten, an denen sich je ein Treppenhaus befindet.
Der dreigeschossige Bau enthält alles, was die Schule braucht, von der Mensa im Erdgeschoss über Lehrerzimmer und Hausmeisterraum, Werkräume, Musik-, EDV-Raum und Räume für die Nachmittagsbetreuung bis hin zur Bibliothek im Oberstock und, als Dreingabe im Sinne des barrierefreien Bauens, einen einfachen Aufzug. Das Holz schafft schon im Rohbau eine angenehme Atmosphäre. Probleme mit dem Schallschutz seien auch nicht zu erwarten, sagen die Fachleute. „Man hat nicht das Gefühl, in einem Provisorium zu sitzen“, lobt Frank Groos vom Stadtschulamt.
Bis Weihnachten sollte der Rohbau stehen. Sechs Wochen sind für den Innenausbau angesetzt, Mitte Februar soll die Schule umziehen können. Insgesamt kostet das Projekt 3,4 Millionen Euro.
Längstens bis 2018/19 soll die Grundschule den Ersatzbau nutzen. Dann wird er abgebaut und an anderer Stelle neu errichtet. Bis dahin soll das alte Schulgebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt sein. Details dazu sind jedoch noch nicht bekannt. hn

Dicke Dinger: Diese Dübel halten den hölzernen Bau zusammen, erklären Architekt Erhard Botta (links) und Harald Heußer vom Frankfurter Hochbauamt.

Dicke Dinger: Diese Dübel halten den hölzernen Bau zusammen, erklären Architekt Erhard Botta (links) und Harald Heußer vom Frankfurter Hochbauamt.

Heimelige Atmosphäre: Blick in einen der zukünftigen Klassenräume.

Heimelige Atmosphäre: Blick in einen der zukünftigen Klassenräume.

Nicht Stein auf Stein, sondern Wand auf Wand wuchs der Ersatzbau der Ludwig-Weber-Schule im Dezember in die Höhe.

Nicht Stein auf Stein, sondern Wand auf Wand wuchs der Ersatzbau der Ludwig-Weber-Schule im Dezember in die Höhe.

Behutsam liften die Arbeiter die Fertigteile in die Höhe.

Behutsam liften die Arbeiter die Fertigteile in die Höhe.

Terminübersicht 2015 – Stand Januar

Termine 2015

Vorträge, Feste und Veranstaltungen werden auch 2015 in Sindlingen zu erleben sein. Eine vorläufige Übersicht über die Termine hat die Schriftführerin der Arbeitsgemeinschaft Sindlinger Ortsvereine, Kathrin Puchtler-Hofmann, zusammengetragen.
Januar

Sonntag, 18., Neujahrsempfang evangelische Gemeinde nach dem 10.30-Uhr-Gottesdienst im evangelischen Gemeindehaus.

Samstag, 24., Kristallball, TV Sindlingen, Gemeindehaus St. Dionysius, Huthmacherstr. 21, 20 Uhr

Sonntag, 25., Gemeindeversammlung zur Wahl des evangelischen Kirchenvorstands nach dem 10.30 Uhr- Gottesdienst.

Montag, 26., 19.30 Uhr, evangelisches Gemeindehaus, Sindlinger Heimat- und Geschichtsverein, Vortrag „Frankfurt – die Stadt am Main“ von Günther Moos.

Samstag, 31., Prunksitzung des 1. Sindlinger Karnevalvereins
Februar

Donnerstag, 5., Kinder- und Jugendhaus, 15 Uhr, Kinderkino „Das fliegende Klassenzimmer“

Freitag, 6., 19.11 Uhr, katholische Fastnacht, Gemeindehaus St. Dionysius

Samstag, 7., Weibersitzung des 1. Sindlinger Karnevalvereins, 20 Uhr, Gemeindehaus St. Dionysius

Mittwoch, 11., 15.11 Uhr, Seniorenfasching der ArgeSov in St. Dionysius

Montag, 16., Rosenmontag – 14.11 Uhr, Kinderfaschingsumzug
20.11 Uhr buntes Faschingstreiben / Rosenmontagsball St. Dionysius

Dienstag, 17., Kinder- und Jugendhaus, Faschingsparty

Montag, 23., Heimat- und Geschichtsverein, evangelisches Gemeindehaus, 19.30 Uhr, Vortrag der Hofheimer Stadtarchivarin Roswitha Schlecker über „Von der Propaganda bis zum Kitsch – Das weite Feld der Kriegsillustrationen im Ersten Weltkrieg“.

Donnerstag, 26., turnusmäßige Sitzung Regionaler Präventionsrat (Regionalrat) Sindlingen um 18:30 Uhr im evangelischen Jugendclub, Gustavsallee 19
März

Anfang März – Sindlinger Reinigungstag

Freitag, 6., 19.30 Uhr, evangelisches Gemeindehaus, Lesung Silke Wustmann aus ihrem Buch ‚Frankfurter Liebespaare’

Samstag, 14., Sindlinger Karnevalerein, Vereinsheim, St. Patricks` Day

Freitag, 20., Kinder- und Jugendhaus, 15 Uhr, Kinderkino „Ernest & Celestine“

Freitag, 20., 19 Uhr, Stadtteilbücherei, Förderverein Buchstütze, Bücher-Essen

Montag, 23., Heimat- und Geschichtsverein, Vortrag von Berhard Hager: „175 Jahre Taunuseisenbahn: Von Frankfurt nach Wiesbaden“.

April

Dienstag, 21. April, Förderverein Buchstütze, 19.30 Uhr, Mitgliederversammlung mit Wahlen, Stadtteilbücherei

Dienstag, 21., Heimat- und Geschichtsverein, Halbtagesfahrt zum ehemals geheimen Regierungsbunker in Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Mai

Donnerstag, 21., Kinder- und Jugendhaus, 16 bis 18 Uhr, Anmeldung für die Sommerferienspiele

Dienstag, 26., 16 Uhr, Wäldchesfest, Turnerheim Farbenstr. 85a, TV Sindlingen

Samstag, 30., 14 Uhr, Stadtlauf für Kinder, Sporthalle Mockstädterstr.12, TV Sindlingen

Juni

Donnerstag, 4., Fronleichnam – Pfarrfest in Dionysius

Freitag, 5. Juni, Förderverein Buchstütze, Stadtteilbücherei, 19 Uhr, Vortrag über Jane Austen

Samstag, 6., Abenteuerspielplatz, Open Air Theater (Frankfurter Flöhe)

Geplant: Heimat- und Geschichtsverein, Vortrag von Dieter Frank: „Die Allesinastraße im Wandel“.
Juli

Samstag, 18., Karnevalverein, Vereinsgelände, Cocktailabend

27. Juli bis 13. August, Kinder- und Jugendhaus/Abenteuerspielplatz, Sommerferienspiele Kinder unter dem Motto „Wundertüte“
September

Samstag, 5., Ranzenbrunnenfest

Freitag, 18., Kinder- und Jugendhaus und Stadtteilbibliothek, Familienfest

Samstag, 19., Karnevalverein, Vereinsgelände, Oktoberfest

Sonntag, 20., Stadtteilsonntag

Oktober

Samstag, 10., Kirchweihfest in St. Dionysius

Förderverein Buchstütze, Stadtteilbücherei: „Aus meiner Feder“, zweiter Abend für eigene, unveröffentlichte Texte – Details folgen
November

Samstag, 14., Saisoneröffnung des 1. SKV ab 19.31 Uhr in St. Dionysius

Sonntag, 15., Volkstrauertag

Sonntag, 29., Weihnachtsmarkt rund um Dionysius

Förderverein Buchstütze, Stadtteilbücherei: elftes Bücher-Essen, Details folgen

Serie Handel, Handwerk und Gewerbe: Samen-Schmitt: da werden nicht nur Gärtner fündig

Serie Handel, Handwerk und Gewerbe

Nicht nur Gärtner werden fündig

Bei Samen-Schmitt bekommen Kunden auch Haushaltswaren und vieles mehr

Sindlingen hat seinen Einwohnern einiges an Geschäften und Dienstleistungen zu bieten. In einer Serie stellen wir die Mitgliedsbetriebe der Fördergemeinschaft Handel, Handwerk und Gewerbe vor. Heute: Samen-Schmitt, Inhaber Ulrich Schlereth.

„Guten Tag, ich hätte gerne etwas aus dem Fenster“. Diesen Satz hören Uli Schlereth und Marion Patt öfter. Ihre großen Fenster in der Okrifteler Straße und Farbenstraße ermöglichen Passanten eine Rarität in Sindlingen: einen Schaufensterbummel.
Irgend etwas Interessantes ist dort immer zu finden. Geschirr, Haushaltsgeräte und zur Jahreszeit passende Deko-Gegenstände liegen aus. Vor der Tür lagern Säcke voller Erde, im Herbst ergänzt um Blumenzwiebeln, im Frühjahr um Gartengeräte. Die Samentütchen, die dem Betrieb den Namen geben, finden sich im Inneren des verwinkelten Ecklädchens, in der Gesellschaft von Handschuhen, Düngemitteln und allem, was der Gärtner braucht. Im Hof und in der nicht weit entfernt gelegenen Scheune lagern weitere Waren, von Pflanztöpfen und Blumenkästen über Katzenstreu bis hin zu Streusalz und Vogelfutter.
Tiernahrung und -spielzeug gibt es ebenfalls, jedoch bei weitem nicht mehr so viel wie früher. „Früher war Tierfutter ein Selbstläufer“, sagt Inhaber Ulrich Schlereth. Er führt das Geschäft in dritter Generation. Gründer waren die Eltern seiner Patentante, die Familie Schmitt. 1933 eröffneten Schmitts in der Küferstraße eine reine Samenhandlung. Wann sie das Geschäft an die Ecke Okrifteler/Farbenstraße verlagerten, ist nicht überliefert. Auch das Einstiegsdatum von August Jakobi ist nicht bekannt. Er wurde Partner, das Geschäft firmierte fortan unter „Samen Schmitt-Jakobi“. Der neue Mitinhaber erweiterte das Sortiment um Spielsachen und Tierfutter, Haushaltsgegenstände und allgemeinen Gartenbedarf. Kinder drückten sich die Nasen am Schaufenster platt, wenn zur Faschingszeit Kostüme und Perücken dort zu sehen waren. Barbiepuppen und Spiele gab es auch noch, als Jakobis Neffe Gotthard Schlereth die Lehre zum Einzelhandelskaufmann in dem Geschäft absolvierte und es 1969 übernahm, zusammen mit seiner Frau Edith. Er erwarb außerdem ein Nachbargrundstück, so dass seither ein großer Hof als Lagerfläche zur Verfügung steht. Im zugehörigen Wohnhaus leben Uli Schlereth und seine Lebensgefährtin Marion Patt.
Der heutige Inhaber ging in die Meister-Schule, legte das Abitur am Bikuz in Höchst ab und lernte, nach der Bundeswehrzeit, Industriekaufmann in der Hoechst AG. „Es war immer klar, dass ich ins Geschäft einsteige“, sagt er. Lange Jahre teilte er sich die Arbeit mit seinen Eltern, 2006 übernahm er ganz. Viel verändert hat er nicht. Lediglich die Spielsachen sind aus dem Sortiment verschwunden. Stattdessen füllen Uli Schlereth und Marion Patt die Lücke, die durch das allgemeine Sterben von Haushaltswarenläden entstanden ist. Was sie nicht auf Lager haben, besorgen sie auf Bestellung. „Wir arbeiten mit gut sortierten Großhändlern zusammen, die kommen jede Woche“, sagt Uli Schlereth.
Service, Beratung und Vielfalt: Wer hier eintritt, fühlt sich ein wenig zurück versetzt in die Zeit der Gemischtwarenläden, der kleinen Geschäfte, die die Dinge des täglichen Bedarfs vorhielten. Wie zu Zeiten seines Vaters und Onkels erledigt der Einundfünfzigjährige die Verwaltung im kleinen Büro hinter dem Laden. Wie sie kennt er sich aus mit Pflanzenschutz und Fragen rund um den Garten. Und wie seine Eltern singt und engagiert sich Uli Schlereth im Gesangverein Germania, dessen Schaukasten an seiner Wand hängt – zwischen den Schaufenstern, direkt an der Ecke. hn

Uli Schlereth und Marion Patt führen ein alt eingesessenes Geschäft. Offiziell heißt es „Samen Schlereth“, aber aus traditionellen Gründen haben die beiden den Schriftzug „Samen-Schmitt“ beibehalten. Fotos: Michael Sittig

Uli Schlereth und Marion Patt führen ein alt eingesessenes Geschäft. Offiziell heißt es „Samen Schlereth“, aber aus traditionellen Gründen haben die beiden den Schriftzug „Samen-Schmitt“ beibehalten. Fotos: Michael Sittig

Glückwunschkarten von Meike Bartelt und Kartoffeln von Patrick Stappert verkaufen Marion Patt und Uli Schlereth zusätzlich zum üblichen Sortiment.

Glückwunschkarten von Meike Bartelt und Kartoffeln von Patrick Stappert verkaufen Marion Patt und Uli Schlereth zusätzlich zum üblichen Sortiment.

Hier ist was los – Januar 2015

Hier ist was los

Zum Neuen Jahr
Die evangelische Gemeinde lädt am Sonntag, 18. Januar, 10.30 Uhr, zu einem „Gottesdienst zum Neuen Jahr“ ein. Gastredner ist Pfarrer Helwig Wegner-Nord. Der Frauenchor Germania gestaltet die Feier mit. Danach ist ein Empfang im Gemeindehaus.

Pardon
In der Dezember-Ausgabe des Sindlinger Monatsblatts ist aus dem Gastredner eine Gastrednerin geworden: In der Ankündigung des Gottesdienstes zum Neuen Jahr der evangelischen Gemeinde wurde Pfarrer Helwig Wegner-Nord versehentlich als Pfarrerin bezeichnet. Der Geistliche war früher einige Jahre lang Pfarrer in der „Arche“ und dürfte noch vielen Gemeindemitgliedern gut bekannt sein. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Kristallball
Am Samstag, 24. Januar, lädt die Tanzabteilung des Turnvereins zum „Kristallball“ mit der Liveband „Déja vu“ ein. Beginn ist um 20 Uhr im Gemeindehaus St. Dionysius, Huthmacherstraße 21. Zuvor, ab 19 Uhr, beginnt der Abend mit einem Sektempfang. Der Eintritt kostet im Vorverkauf 16, an der Abendkasse 18 Euro. Vorverkaufsstelle ist das Schreibwarengeschäft Wagenknecht, Westenbergerstraße 4.

Vorstellung
Am Sonntag, 25. Januar, sind die Angehörigen der evangelischen Gemeinde um 11.15 Uhr zur Gemeindeversammlung eingeladen. In der evangelischen Kirche stellen sich die Kandidaten für die Kirchenvorstandswahlen am 26. April vor.

Stadt am Main
„Frankfurt – die Stadt am Main“ heißt ein Vortrag, der am Montag, 26. Januar, ab 19.30 Uhr im evangelischen Gemeindehaus zu hören ist. Günther Moos aus Sossenheim spricht auf Einladung des Sindlinger Heimat- und Geschichtsvereins über Leben, Wohnen und Arbeiten am Fluss, vom Osthafen bis nach Sindlingen. Der Eintritt ist frei.

Fastnacht
„Die 20er die sind zurück – 90 Jahre Narrenglück“ ist das Motto der diesjährigen Kampagne des Sindlinger Karnevalvereins. Die Prunksitzung findet am Samstag, 31. Januar ab 19.11 Uhr im Haus Sindlingen und die Damensitzung am Samstag, 7. Februar, ab 19.60 Uhr in St. Dionysius statt. Am Rosenmontag (16. Februar) richtet der SKV den Frankfurter Kinderfastnachtsumzug aus (ab 14.11 Uhr), am Aschermittwoch endet die Kampagne mit einem Heringsessen im Vereinsheim ab 11.11 Uhr.

Eine-Welt-Verkauf
Wer Eine-Welt-Waren kauft, rundet meistens auf. Zwanzig Cent hier, 50 da – übers Jahr sind so 150 Euro zusammen gekommen, die Rita Schneider, Elke Stappert und Ursula Wittwer einem Frauenhaus in Indien spenden. Die drei verkaufen einmal im Monat fair gehandelte Waren wie Kaffee, Kakao, Honig und Schokolade aus Ländern der Dritten Welt im Gemeindehaus St. Dionyius. Der nächste Eine-Welt-Verkauf ist am Sonntag, 1. Februar, nach dem 11-Uhr-Gottesdienst.

Jugendrotkreuz
Das Deutsche Rote Kreuz Ortsverein Höchst-Zentrum West möchte das Jugendrotkreuz ausbauen. Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 14 Jahren sind eingeladen, sich über das Angebot beim wöchentlichen Treffen in der Adelonstraße 31 zu informieren. „Wir vermitteln Erste-Hilfe-Wissen, unternehmen Ausflüge, etwa zum Rettungshubschrauber, gehen zelten und unternehmen soziale Projekte“, listet Vorsitzende Angelika Mayer auf. Spiel und Spaß kommen dabei auch nicht zu kurz. Interessierte erfahren Näheres donnerstags von 16.30 bis 17.30 im Jugendrotkreuz Höchst, Adelonstraße 31. Rückfragen beantworten die Mitglieder Lukas, Souhaila, Ann-Marie und Samira unter der Nummer (069) 71 91 91 58.

Neustart: Yoga am Morgen

Turnverein

Neustart: Yoga am Morgen beim TV Sindlingen

Mit Beginn des neuen Jahres gibt es beim TV Sindlingen wieder die Möglichkeit,
den Tag mit Yoga zu beginnen. Unter dem Motto „Yoga als Quelle von Kraft und Lebensfreude“ bietet die ausgebildete Yogalehrerin (BYV) Ute Weber aus Hattersheim „Yoga am Donnerstagmorgen“ von 8.30 bis 10.00 Uhr, in der Sporthalle, Mockstädter Straße 12 an. Der Kurs startet am 15. Januar 2015. Ein späterer Einstieg ist jederzeit möglich, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Eine Einheit (90 Minuten) kostet für Mitglieder € 3,00 und für Nichtmitglieder € 9,00. Die Kursgebühr wird über die TVS-Kurskarte beglichen.
In Ute Webers Unterricht darf es mal kraftvoll und dynamisch sein, ebenso aber auch sanft mobilisierend und entspannend. Wichtig sind ihr die korrekte Ausführungen der Übungen und die Entwicklung des Körperbewusstseins. Atem-, Achtsamkeits-übungen und Meditation sind wesentliche Elemente auf dem Yoga-Weg und werden im Unterricht regelmäßig praktiziert. Mehr über Ute unter www.yogawegewandern.de
Mit dem Dienstags-Kurs bei Julia (18.30-20.00 Uhr, ebenfalls in der Sporthalle) bietet der TVS damit zwei unterschiedliche Kurse an.
Bei Fragen können Sie sich per eMail (kurse@tv-sindlingen.de) an den Verein oder unter der Rufnummer 0152 04723209 an Josef Schmid wenden.

Locker mit den Beinen bambeln

Fit bis 100

Locker mit den Beinen bambeln

Senioren genießen ihr wöchentliches Treffen im Turnerheim

„Ich fühle mich dabei wohl“, sagt Alfred Baumann, 85 Jahre alt. „Es tut gut, wenn man sich bewegt“, findet Karin Sender (93). „Ich gehe wahnsinnig gerne und mit viel Freude her. Es ist schön und wohltuend“, stimmt Elli Wiese (83) zu. „Ich habe hier viele nette Menschen kennengelernt“, ergänzt Christa Sepe, mit ihren 73 Jahren die Jüngste der Gruppe, die sich jeden Freitag um 10.15 Uhr im Turnerheim des Turnvereins trifft.
Es handelt sich um die so genannte „Fit bis 100“-Gruppe, ein gemeinsames Angebot von Turnverein, VdK und Caritas. Lydia Karell animiert elf bis 15 Senioren jede Woche dazu, sich zu dehnen, zu strecken, Muskeln durch einfache Übungen zu stärken und ganz allgemein beweglich zu bleiben. Dazu sind keine Kniebeugen oder Liegestütze nötig. In dieser Gruppe geschieht die Gymnastik ganz entspannt im Sitzen. Weder Sportschuhe noch Sportkleidung sind nötig. Noch nicht einmal ein eigenes Auto. Der VdK Sindlingen organisiert einen Fahrdienst, bringt die Teilnehmer zum Turnerheim und wieder nach Hause.
„Heute machen wir Übungen, die das Gehirn fordern“, kündigt Leiterin Lydia Karell an. Dazu werden gewohnte Bewegungen auf ungewohnte Art ausgeführt. Am Ende greifen sich die betagten Herrschaften an die Knie, ziehen sie hoch, lassen die Beine locker auspendeln – „Die Baa bambele lasse“, lacht Lydia Karell, und alle lachen mit. Die 53-Jährige hat schon viel Erfahrung im Seniorensport und sich für die speziellen Bedürfnisse so genannter Hochaltriger qualifiziert. Denn Ziel des Projekts „Aktiv bis 100“ von Deutschem Turnerbund und Olpympischem Sportbund ist es, Menschen ab 80 zur Bewegung in der Gemeinschaft zu ermuntern und dadurch fit zu bleiben für den Alltag.
Manche Teilnehmer waren in früheren Jahren sportlich aktiv, andere nicht. Wilma Müller (74), Teilnehmerin von Anfang an, spielte Fußball, fuhr Rad und schlug die Becken in einem Fanfarenzug. „Ich kann es jedem nur empfehlen“, sagt sie zur wöchentlichen Übungsstunde: „Es tut so gut. Ich gehe erfrischt nach Hause“. Gerlinde Ehry (88) ist seit 1949 Mitglied im Turnverein. Sie besuchte regelmäßig die Gymnastikstunden. Heute fällt es ihr schwer, Übungen am Boden zu machen, deshalb fühlt sie sich in der Freitagsgruppe wohl. Da kommt das nicht vor. Lieselotte Felkel (89) ist seit über 30 Jahren TVS-Mitglied. „Ich lerne hier vieles, das mir im Alltag hilft, beim Aufstehen zum Beispiel“, sagt sie. Erna Schäfer (85), seit über 50 Jahren im TVS, weiß, wie wichtig eine positive Einstellung ist und dass es ohne Bewegung nicht geht: „Wenn man merkt, es wird steif, muss man was tun“, findet sie. Fritz Weber (90) trat schon mit sechs Jahren in den TVS ein, war Geräteturner und immer gern aktiv. Im hohen Alter jedoch zögerte er lange, ehe er sich der Gruppe anschloss. „Viele ältere Menschen haben Angst, es nicht zu schaffen, ausgelacht zu werden oder erst mal teure Sportsachen kaufen zu müssen“, sagt Boguslaw Kaluski. Er ist Pfleger und weiß um die Vorteile von Bewegung. „Aus meiner Sicht ist Seniorengymnastik Gold wert“, sagt er. Zum einen wegen der körperlichen Aspekte wie Stärkung der Muskeln, Stabilität und Koordination und den günstigen Auswirkungen auf den Geist, zum andern wegen der Seele: Die Menschen kommen aus dem Haus und unter Leute.
Kaluski weiß auch, wie schwer es manchem fällt, von sich aus in die „Fit bis 100“-Gruppe zu gehen. „Viele machen es nur deswegen, weil sie jemand dazu bewegt“, sagt er. Im Fall von Irmgard Nennemann (88) waren es Nachbarn, bei Alfred Baumann eine Helferin von der Caritas, bei Christa Sepe die Bekannten aus der Gedächtnistrainingsgruppe, bei Elli Wiese die Infos vom VdK, die sie dazu brachten, sich der Gruppe anzuschließen. Bereut hat es keiner. „Es gefällt mir ganz toll. Es ist eine super Gemeinschaft, wir lachen viel, das ist wichtig“, spricht Gisela Blessing (79) aus, was alle denken. hn

Heute mit Ball: In der „Fit bis 100“-Gruppe stärken sich die Teilnehmer durch Bewegung in der Gemeinschaft für den Alltag. Fotos: Michael Sittig

Heute mit Ball: In der „Fit bis 100“-Gruppe stärken sich die Teilnehmer durch Bewegung in der Gemeinschaft für den Alltag. Fotos: Michael Sittig

Elastische Bänder sind ebenfalls ein geeignetes Übungsgerät für sie Senioren.

Elastische Bänder sind ebenfalls ein geeignetes Übungsgerät für sie Senioren.

Die Gruppe „Fit bis 100“ trifft sich freitags von 10.30 bis 11.30 Uhr. Eine zweite Gruppe kommt von 11.30 bis 12.30 Uhr im Turnerheim zusammen. Außerdem gibt es donnerstags von 11 bis 12 Uhr in der TVS-Halle eine Übungsstunde für Menschen mit Demenz. Infos dazu geben Turnverein, VdK und Caritas.

Politik macht der Industrie das Leben schwer

Industriepark

Politik macht der Industrie das Leben schwer

Geschäftsführung zieht Bilanz – Roland Mohr hat sich verabschiedet

Der Industriepark als Dauerbaustelle: Im Zeitraffer verschwinden rot markierte Gebäude, zahlreiche gelbe ploppen auf. Bei der Jahrespressekonferenz haben die Geschäftsführer der Betreibergesellschaft Infraserv, Dr. Roland Mohr und Jürgen Vormann, zehn Jahre Entwicklung in vier Minuten Film packen lassen. „Ein höchst dynamisches Gebilde“, ein „lebendiger Organismus“ sei der Industriepark, sagte Vormann. Gebäude wie Firmen kommen und gehen.
Manchmal geht auch ein führender Kopf. Roland Mohr kündigte seinen Abschied zum Jahresende 2014 an. Der 49-Jährige will sich nach gut zehn Jahren in der Geschäftsführung anderweitig umtun – was und wo verriet er nicht. Nachfolger ist seit dem 1. Januar Dr. Joachim Kreysing.
Mohr war maßgeblich mit dem Bau der Ersatzbrennstoffanlage befasst, in der vorbehandelte Abfälle verbrannt werden, um daraus Energie zu gewinnen. Nach vielen technischen Schwierigkeiten und Gerichtsverfahren sei die Anlage nun rechtskräftig genehmigt und gehe im Januar 2015 in den Regelbetrieb, kündigte Mohr an: „Aus unserer Sicht ein abgeschlossenes Projekt“. Schon 2014 seien 335 000 Tonnen Müll verbrannt worden, künftig seien es mehr 400 000 Tonnen. Damit werde ein Viertel bis ein Drittel des Dampfbedarfs der Firmen im Industriepark gedeckt.
Auch der Reformprozess „Perspektive 2015 plus“ sei nahezu abgeschlossen, die Ziele fast erreicht: eine Streichung von bislang 280 Vollzeitstellen und eine Einsparung von 75 Millionen Euro. Damit sollten Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig gesteigert werden, erklärte Jürgen Vormann. Das wirke sich bereits positiv aus. Die Geschäftsführer konstatierten der Infraserv eine „zufriedenstellende Geschäftsentwicklung“ in einem für die Industrie schwierigen Umfeld. Jährliche Investitionen (2014 waren es 370 Millionen Euro, seit dem Jahr 2000 beläuft sich die Summe der Investitionen auf rund 6,3 Milliarden Euro) dienten der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Industrieparks, in dem rund 90 Unternehmen der Chemie- und Pharmabranche mit rund 22 000 Mitarbeitern ansässig sind.
„Warum muss, kann, will ich in Deutschland investieren und produzieren? Es wird immer schwieriger, diese Frage zu beantworten“, sagte Roland Mohr. Die Politik macht der Industrie das Leben schwer. Insbesondere Energiewirtschaft, Verkehr und Ausbildung bereiten den Betrieben Magenschmerzen. Mohr beklagte das Fehlen verlässlicher Rahmenbedingungen, vor allem für energieintensive Branchen wie die Chemie, die dadurch Wettbewerbsnachteile erlitten. Die einseitige Förderung erneuerbarer Energien führe weiter dazu, dass effiziente Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten. Das wiederum stehe im Widerspruch zu den Klimaschutzzielen der Regierung, wonach bis 2020 der Anteil des Stroms aus solchen Anlagen bei 20 Prozent liegen solle.
Großen Schaden verursachten auch die schlechten Straßen und maroden Brücken im Land. Sperrungen und Staus wirkten sich schmerzhaft auf die Logistik aus. „Die marode Infrastruktur bremst die Entwicklung der Wirtschaft“, sagte Jürgen Vormann – eine Entwicklung, „die wir uns vor zehn Jahren nicht hätten vorstellen können“. Die Chemie sei die transportintensivste Branche Deutschlands und leide daher besonders unter der „chronischen Unterfinanzierung“ der Straßen. Er plädierte dafür, mehr Geld für investive Ausgaben aufzuwenden und weniger für konsumtive, „um den Wohlstand perspektivisch zu sichern“.
Sorgen bereitet den Unternehmen darüber hinaus die Lage auf dem Arbeitskräftemarkt. Aufgrund des demographischen Wandels gebe es immer weniger geeignete Schulabgänger für die immer komplexeren Berufe. Der Trend zur Akademisierung gefährde das Duale Ausbildungssystem, immerhin ein deutsches Erfolgsmodell. „Ein berufsqualifizierender Abschluss ist kein Abschluss zweiter Klasse“, warb Vormann für die vielen Möglichkeiten, die sich Absolventen auch nach der Ausbildung eröffnen.
Auch im Hinblick auf die Regionalpolitik brauche die Industrie Entwicklungsmöglichkeiten. Sei es der Kampf um die knappen Flächen im Ballungsraum oder der „Zielkonflikt“ zwischen prodzuierendem Gewerbe und den Ansprüchen der Wohnbevölkerung: „Wir brauchen eine breite Akzeptanz unseres nachbarschftlichen Umfelds“, sagte Vormann, nur dann könne die Industrie langfristige Perspektiven entwickeln. hn

Zehn Jahre lang leiteten die Geschäftsführer Roland Mohr (links) und Jürgen Vormann die Geschicke der Infraserv. Nun hat sich Mohr verabschiedet. Foto: Michael Sittig

Zehn Jahre lang leiteten die Geschäftsführer Roland Mohr (links) und Jürgen Vormann die Geschicke der Infraserv. Nun hat sich Mohr verabschiedet. Foto: Michael Sittig

Macht ganz schön Dampf: Die Ersatzstoffverbrennungsanlage der Infraserv auf der südlichen Mainseite. Foto: Michael Sittig

Macht ganz schön Dampf: Die Ersatzstoffverbrennungsanlage der Infraserv auf der südlichen Mainseite. Foto: Michael Sittig

Ein Dorf im Aufschwung – Dann kommt der Krieg

Heimat- und Geschichtsverein

Ein Dorf im Aufschwung – Dann kommt der Krieg

Vortrag über Sindlingen, die Sindlinger und das Jahr 1914

Zehn Millionen Soldaten fielen im Ersten Weltkrieg. Unter diesen Toten waren auch Sindlinger. Allein in den ersten fünf Kriegsmonaten des Jahres 1914 mussten die Angehörigen den Tod von siebzehn Männern verkraften. Wie der Krieg das Leben im Dorf veränderte, hat Dieter Frank, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins, recherchiert. Mit Hilfe verschiedener Archive ist es ihm gelungen zu skizzieren, „wie sich der Kriegsbeginn auf das Leben der Menschen ausgewirkt hat“, sagte er zu Beginn eines gut besuchten Vortrags im evangelischen Gemeindehaus mit dem Titel Sindlingen, die Sindlinger und das Jahr 1914.
Zu Jahresbeginn 1914 war in Sindlingen die Welt noch in Ordnung. Etwas mehr als 4000 Einwohner lebten in 550 Wohnhäusern der selbständigen, landwirtschaftlich geprägten Gemeinde. Sie hielten in etwa genausoviel Vieh, davon 2802 Hühner, 642 Schweine, 316 Ziegen und 271Rinder, wenige Schafe und weiteres Geflügel. Ein Gemeinderat aus 18 Mitgliedern lenkte die Geschicke, an der Spitze der legendäre Bürgermeister Huthmacher, nach dem eine Straße benannt ist, und Rohrmeister Westenberger als sein Vertreter. Zwei Gendarmen (Karell und Rendel) und ein Feldschütz (Spengler) wahrten die Ordnung. Der Nachtwächter, der 1912 für mehr Geld streikte, war entlassen worden.
Die Sindlinger wirtschafteten gut. Ihr Haushalt war im Plus, obwohl sie gerade in jenen Jahren viel in Schulen den Friedhof, die Kanalisation und den Wegebau investierten. Allgemein herrschte wirtschaftlicher Aufschwung. Gerade hatte an der Ecke Okrifteler Straße/Allesinastraße ein Kaufhaus (Schade und Füllgrabe) eröffnet. In der Farbenstraße (dort, wo später der Bierbrunnen war und heute eine Pizzeria) stand das Kaufhaus der Farbwerke. Seit 1910 entstand in der Verlängerung der Gustavsallee die „Villenkolonie“ für führende Mitarbeiter der Farbwerke. Entsprechend der Kaufkraft und der im Vergleich zu heute geringen Mobilität prosperierte der Handel. Sechs Bekleidungsgeschäfte, fünf Haushaltswarenläden, sieben Lebensmittelgeschäfte, sechs Bäcker, vier Metzger, drei Kaufhäuser und zwölf Gaststätten versorgten die Sindlinger mit dem Nötigen.
1914 feierte der evangelische Pfarrer Ludwig Weber sein 25-jähriges Dienstjubiläum. In der Schule wurden erstmals Zeugnishefte eingeführt. Am 24. Januar feierte man den Geburtstag des Kaisers. In Höchst konstituierte sich der Bauverein, der später entscheidend am Wachstum Sindlingens beteiligt war. Im Juli 1914 stieg das Kreiskriegerverbandsfest im Ort, mit Tagung, Festessen, Festzug und Fahnenweihe. Es war das letzte große gesellschaftliche Ereignis. Denn dann kam der Krieg.
„Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich und Gemahlin ermordet!“, lautete die Schlagzeile im Kreisblatt vom 29. Juni 1914. Im Lauf des Juli spitzte sich die Lage zu, am 31. Juli 1914 verordnete der Kaiser die Mobilmachung. Das wurde allenthalben frenetisch begrüßt. Europa wollte den Krieg. In Sindlingen dagegen „ist von Hurra-Stimmung nichts bekannt“, sagte Dieter Frank.
Die Zeitungen veröffentlichten Bekanntmachungen, wer sich wo zu melden hatte. Der Polizeisergeant brachte den wehrpflichtigen Männern zwischen 17 und 45 Jahren ihre Einrückbefehle in die Gutleutkaserne und nach Mainz, alles getreu dem Mobilmachungsplan, den es für jeden Ort gab. Neben den Mannschaften stellte der Ort zwei Autos (eins von der Familie Meister, eins vom Kaufmann Frank) und etliche Pferde zur Verfügung. Der zivile Zugverkehr kam zum Erliegen. Das Militär brauchte alle Fahrzeuge, um Mensch und Material zu transportieren. Die Frauen, angeführt von Else von Meister (Vorsitzende Frauenverein) und Ida Laumann (Vorsitzende Mütterverein), sammelten „Liebesgaben“: Haltbare Nahrung, warme Kleider, Taschenmesser und andere Dinge, die ein Soldat im Feld gut brauchen konnte. Auch Vereine wie Turnverein und Gesangverein unterstützten ihre kämpfenden Mitglieder. Im Rathaus wurde eine öffentliche Schreibstube für die Feldpost eingerichtet.
Am 11. August 1914 starb der erste Sindlinger in einer Schlacht. Peter Hescher fiel einem Kopfschuss zum Opfer. Im September wurde die Turnhalle der Meisterschule zum Lazarett. Der Krieg dauerte an. Schon bald zeigte sich, dass das Kaiserreich wirtschaftlich nicht auf längere Kämpfe eingerichtet war. Nahrung wurde knapp, bereits im Februar 1915 kam es zu Hungerunruhen in Frankfurt. Die Zahl der Opfer stieg. Aus Sindlingen sind die Namen von 17 Männern bekannt, die allein 1914 fielen. Am Ende sind mehr als 270 Sindlinger auf den Schlachtfeldern gestorben oder schwer verwundet worden. hn

Über Sindlingen 1914 sprach Dieter Frank, Vorsitzender des Geschichtsvereins. Foto: Michael Sittig

Über Sindlingen 1914 sprach Dieter Frank, Vorsitzender des Geschichtsvereins. Foto: Michael Sittig

Postkarten und Einzelschicksale

Mit zwei weiteren Vorträgen will der Heimat- und Geschichtsverein die Kriegsjahre 1914 bis 1918 beleuchten. Am Montag, 23. Februar 2015, spricht die Hofheimer Stadtarchivarin Roswitha Schlecker ab 19.30 Uhr im evangelischen Gemeindehaus über „Von der Propaganda bis zum Kitsch – Das weite Feld der Kriegsillustrationen im Ersten Weltkrieg“. Außerdem recherchieren die Mitglieder des Vereins Einzelschicksale von Sindlinger Soldaten. Über individuelle Schicksale und Erlebnisse soll 2016 gesprochen werden.