Germania – Nicht nur Liedchen lernen

Gesangverein Germania

Nicht nur Liedchen lernen

Leistung mit Leidenschaft: Brigitte und Hans Schlaud

Große Vereinstreue zeichnet die Chorleiter Hans und Brigitte Schlaud aus. Hans Schlaud, 67 Jahre alt, führt den Männerchor der Germania seit 1965, Brigitte Schlaud den Frauenchor seit seiner Gründung 1977. So mancher, der als junger Mann bei Hans Schlaud mit dem Singen anfing, ist heute als Rentner immer noch dabei. Der Dirigent selbst denkt nicht an Ruhestand: „Solange ich mit Kraft, Lust und Spaß bei der Sache bin, mache ich weiter“.
Wahrscheinlich reduziert er aber seine Verpflichtungen. Zur Zeit betreut Hans Schlaud noch fünf Chöre, von denen die Germania sein ältester ist. Damit hat er sich schon verkleinert. Denn zeitweise leitete er zwölf Gruppen gleichzeitig. Das hieß sechsmal pro Woche zwei Chorproben am Abend plus die Auftritte. „Jeder wollte auf Wettbewerbe“, sagt Hans Schlaud. Da traf es sich gut, dass seine Frau Brigitte selbst Sängerin ist und nicht nur Verständnis hatte, sondern mithalf. „Ich habe sie oft als Solistin eingesetzt“, sagt Hans Schlaud. Mehr noch: „Sie hat ein großes Talent zur Chorleitung“. Das zeigte sich spätestens, als die Germania vor 35 Jahren einen Frauenchor gründen wollte und Brigitte Schlaud bat, den Chor zu leiten. „Schon nach kurzer Zeit stellten sich große Erfolge ein“, erinnert sich Hans Schlaud.
Er selbst übernahm seinen ersten Chor mit 17. Das war 1962. Dann kam ein zweiter Chor dazu. Es folgte der Sindlinger Chor Arion, 1965 die Germania. Gleichzeitig studierte Hans Schlaud bis 1969 Chorleitung an der Musikhochschule in Mainz und in Frankfurt. Er besuchte die Dirigierklassen und legte das Staatsexamen zum Diplom-Kapellmeister ab. Zusätzlich absolvierte er am Salzburger Mozarteum die Sommer-Akademie. Mit seinen Chören errang er ungezählte Preise und schuf sich auch international einen Namen. Unter anderem dirigierte er fast 40 Jahre in Lindenholzhausen. Das ist ein kleiner Ort bei Limburg, der in der Chorszene international einen großen Ruf hat und alle fünf Jahre einen internationalen Wettbewerb mit hunderten von Chören ausrichtet. Hans Schlaud gewann alle großen Wettbewerbe in Wien, Prag und Budapest und war Präsident der Jury sowie künstlerischer Leiter des internationalen Chorwettbewerbs „Orlando di Lasso“ in Rom.
Dann setzte das Sterben der Männerchöre ein. Immer weniger junge Männer hatten Lust aufs Singen, etliche Chöre wurden aufgelöst. Von einst vier Sindlinger Männerchören ist nur die Germania übrig geblieben. Sie ist gewachsen, hat heute um die 60 Sänger. Hans Schlaud ist stolz darauf, dass die von ihm betreuten Chören zu den jeweils größten und erfolgreichsten in ihren Regionen gehören. Sein Rezept: „Es geht über die Leistung, die Anforderung. Die Leute wollen nicht nur Liedchen lernen. Sie schätzen die hochstehende künstlerische Leitung“, sagt Schlaud.
Seine Männer singen klassische Komponisten wie Schubert, Mozart, Schumann und Brahms und viele Opernchöre. Außerdem haben sie kirchliche Lieder im Programm. Insbesondere die Germania singt in der letzten Zeit häufiger in Domen. Nach Auftritten im Kaiserdom und Limburger Dom steht im September einer im Kölner Dom bevor. „Das macht den Sängern viel Spaß. Atmosphäre und Akkustik der großen Kirchenschiffe sind toll“, sagt Hans Schlaud..
Minimum sind bei allen Stücken vier Stimmen. „Es ist ein großes Glück bei der Germania, dass auch jüngere Sänger dabei sind, die vielleicht weitere nach sich ziehen“, sagt der Chorleiter. Mitsingen könne jeder, der musikalisch ist und den Ton trifft. Leider lasse diese Fähigkeit nach, hat er beobachtet: „Es fehlt das Singen in der Schule“. Musiktheorie kann eben keinen Gesang ersetzen.
hn