Früh gefreit, nie gereut

Diamantene Hochzeit

Früh gefreit, nie gereut

Marianne und Franz Huthmacher sind seit 60 Jahren ein Paar

Anfang 1949 sind sie zum ersten Mal zusammen spazieren gegangen. „Ich war 18. Da habe ich ihm gesagt: Ich bin noch zu jung, ich will noch keinen“, schmunzelt Marianne Huthmacher, geborene Fischer, verschmitzt. Ein Jahr später ging sie aber doch wieder mit Franz Huthmacher spazieren, und diesmal war’s recht. Die beiden verlobten sich an Weihnachten 1951 und heirateten am 19. April 1953 in der katholischen Kirche St. Dionysius. 60 Jahre später feierten sie nun das Fest der diamantenen Hochzeit.
Kennengelernt haben sich die beiden Ur-Sindlinger bei einer Fastnachtsfeier im katholischen Jugendheim. Marianne Fischer, Jahrgang 1930, lebte mit ihrer Familie in der Huthmacherstraße, die Eltern betrieben eine Metzgerei. Sie besuchte wie alle Sindlinger Kinder die Meister-Schule, danach die Mittelschule in Schwanheim und schließlich die Frauenfachschule in Frankfurt. Dort lernte sie alles, was eine Hauswirtschaftsmeisterin wissen sollte. Zu ihrem großen Bedauern nahm ihr Vater sie nach der Währungsreform 1948 von der Schule. Die junge Frau sollte lieber zuhause mithelfen. „Das hat mich gefuchst“, sagt sie, aber an Widerspruch war nicht zu denken. Später allerdings, mit 50 Jahren, hat sie dann doch noch den Abschluss nachgeholt.
Franz Huthmacher, Jahrgang 1925, lernte nach der Schule bei der Firma Biriniger in Höchst Schlosser. Mit 17 Jahren erhielt er den Gesellenbrief, arbeitete aber nicht weiter, sondern wurde Soldat. Arbeitsdienst, dann die Panzernachrichtenabteilung in Weimar, schließlich die Front in Bessarabien im heutigen Rumänien führten ihn weit weg von der Heimat. Mit 19 Jahren geriet er in russische Gefangenschaft. „Hunger und Elend – Das war keine schöne Jugendzeit“, sagt er und schaudert noch heute, wenn er daran zurückdenkt.
1948 durfte er heimkehren. Allmählich geriet das Leben wieder ins Lot. Franz Huthmacher arbeitee als Schlossergeselle und machte den Meisterbrief. Schließlich wechselte er in die wieder aufblühenden Farbwerke. „Das war ein schönes Arbeiten dort“, sagt er. Abends stand er häufig in seiner eigenen Werkstatt und betrieb ein Nebengeschäft. „Viele Sindlinger Tore habe ich gemacht“, sagt er; schöne Beispiele seiner Schmiedekunst zieren auch sein eigenes Haus in der Zehnthofgasse. Daneben engagierte er sich wie auch seine Frau in der katholischen Gemeinde. „Ich habe viel für die Kirche gemacht“, sagt Huthmacher, letzter lebender Enkel des kinderreichen Bürgermeisters Huthmacher, nach dem die Straße in Alt-Sindlingen benannt ist. Als Trompeter ist er zudem Gründer der Kolping-Blaskapelle, die er 25 Jahre lang leitete.
Marianne Huthmacher hatte auch stets viel zu tun. 1955 kam der erste Sohn Hubert zur Welt, 1956 Tochter Gertrud, 1961 Sohn Berthold. Bewohnte das Paar anfangs ein Zimmer in Mariannes Elternhaus, kaufte es 1956 ein altes Bauernhaus in der Zehnthofgasse, riss es ab und baute neu. Im Januar 1957 zog die junge Familie ein. Marianne Huthmacher hielt Haus und Hof in Ordnung, engagierte sich wie ihr Mann in der Kolping-Familie und nutzte die wenige freie Zeit für ihr Hobby Handarbeiten. Als fördernde Mitglieder unterstützen die beiden die Sängerlust und die Freiwillige Feuerwehr. Berühmt sind ihre „Scheunenfeste“: Zu besonderen Anlässen verhängte Franz Huthmacher die Wände seiner Arbeitsscheune mit Vorhängen, stellte Tische und Bänke auf, und schon fanden große Festgesellschaften Platz – sei es die Familie (etwa beim „Fischerfest“ 2011 – alle Mitglieder der Familie Fischer) oder der Verein (die Kolping-Musiker). Mittlerweile sind die beiden 83 und 88 Jahre alt und die Vorbereitungen solcher Großveranstaltungen fallen schwerer. „Ich bin nicht mehr so gut zu Fuß“, bedauert Franz Huthmacher. „Ich nehme den Rollator, also kannst Du auch einen Stock nehmen“, kontert Marianne und zwinkert; die beiden necken sich ganz gern. „Wir kommen gut zurecht“, bestätigt die Jubilarin. Das Rezept für eine lange gemeinsame Zeit? „Man muss gut sein wollen“, sagt sie sofort. „Man muss nachgeben“, sagt er. Beide lachen. Im Ernst: „Man will dem anderen ja nicht bös, auch wenn man mal uneins ist“, sagen sie: „Bevor die Sonne untergeht, muss alles ausgesprochen und bereinigt sein“, darin waren sie sich stes einig.
Und so feierten sie im April einen Dankgottesdienst für 60 glückliche Ehejahre. Gratuliert haben nicht nur Freunde und Nachbarn, sondern auch die drei Kinder, sieben Enkel und drei Urenkel.

Seit 60 Jahren ein Paar: Marianne und Franz Huthmacher feierten im April diamantene Hochzeit. Foto: Michael Sittig

Seit 60 Jahren ein Paar: Marianne und Franz Huthmacher feierten im April diamantene Hochzeit. Foto: Michael Sittig