Rock, Oper und Zähneklappern

Harmonika-Orchester

Rock, Oper und Zähneklappern

Musik im Jahreskreis mit dem Alleskönner Akkordeon

Ein Feuerwerk an großartigen Klängen zog die mehr als 70 Zuhörer sofort in den Bann: Mit Georg Friedrich Händels „Feuerwerksmusik“ eröffnete das Harmonika-Orchester sein Jahreskonzert in der evangelischen Kirche. „Begleiten Sie uns musikalisch durch das Jahr“, lud Vorsitzende Ursula Sinschek die Gäste ein: Die „Musik im Jahreskreis“ widmete jedem Monat eine passende Melodie.
Nach dem furiosen Start ins neue Jahr widmeten die sechs Sindlinger Akkordeonisten und ihre drei Gastspieler vom Akkordeon-Musikverein Heiterkeit Griesheim, Akkordeon-Orchester Langenhain und Akkordeonorchester Waldsassen dem kalten Februar das Einzelstück „Winter“ aus Vivaldis „Vier Jahreszeiten“. Nicht Handlungen, sondern Empfindungen beschreibt er darin musikalisch, sagte Moderatorin Simone Poleita: „Ein dissonanter Staccato-Septakkord eröffnet den ersten Satz und erzeugt sofort eine charakteristisch kältestarrende, zitternde Atmosphäre“. Auch stampfende Füße, klappernde Zähne sowie im Gegensatz dazu die Behaglichkeit am warmen Kamin symbolisiert die Komposition. Die Akkordeone waren dem bestens gewachsen. Selbst Laien erkannten die Dissonanzen im langsamen, schwerfälligen Beginn, der das zähe Vorangehen durch die Kälte widergab. Trillernde Solostimmen setzen sich gelegentlich ab, immer wieder übertönt von dumpfen Klängen der tiefen Register, bis sie sich schließlich behaupten und die tiefen Töne zur Untermalung eines Solos für flinke Finger abschwächten.
Die „fünfte Jahreszeit“, den Karneval, repräsentierte der Konzertwalzer „Wiener Bürger“ von Carl Michale Ziehrer. Traditionell beginnt damit der Wiener Opernball. Die ersten warmen Sonnenstrahlen, den Beginn der warmen Jahreszeit, schilderten die Musiker mit „Spring“, einer symphonischen Impression von Mátyás Seiber, der auch unter dem Pseudonym G. S. Mathis komponierte. „Im Gegensatz zu vielen anderen Komponisten war Seiber, der 1928 am Dr. Hoch‘s Konservatorium hier in Frankfurt die erste weltweite Jazzklasse leitete, immer der Ansicht, dass das Akkordeonorchester einen ebenso hohen Stellenwert verdient wie ein klassisches Symphonieorchester“, sagte die Moderatorin. Für den Wonne- und Hochzeitsmonat Mai wählten die Harmonikaspieler Edward Griegs „Hochzeitstag auf Troldhaugen“ – um dann mit Bryan Adams den „Summer of 69“ zu feiern und damit zu beweisen, dass sich mit dem Akkordeon auch Rockmusik spielen lässt.
Gleich im Anschluss folgte der „Pilgerchor“ aus Wagners romantischer Oper „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg“. Mit einer „Herbst-Humoreske“, einem Originalwerk für Akkordeon von Jan Truhlar, dem Vorspiel zum ersten Akt von Verdis „La Traviata“ und schließlich der Ouvertüre zum Ballett „Der Nussknacker“ näherte sich der Jahreskreis dem Ende. Doch waren erst elf Stücke gespielt. Das zwölfte hoben sich die Musiker für die Zugabe auf. Es war der „September Song“ von Kurt Weill. Der Text dieses Stückes baut auf einer klassischen Metapher auf, bei der das Leben von Personen in einem Jahr abgebildet wird. Zwar sei es ein langer Weg von Mai bis Dezember, der von September aus sei aber recht kurz, sagte Simone Weill.
Lang war der Applaus, den das Orchester und sein Leiter Manfred Klepper erhielten. Unterstützt worden waren die Akkordeonspieler von drei Nachwuchsmusikerinnen an den Keyboards und einer Schlagzeugerin. hn

 

Für jeden Monat ein Lied: das Harmonika-Orchester mit seinem Dirigenten Manfred Klepper. Foto: Michael Sittig

Für jeden Monat ein Lied: das Harmonika-Orchester mit seinem Dirigenten Manfred Klepper. Foto: Michael Sittig