Zur Weinlese an die Unstrut
Unterwegs
Zur Weinlese an die Unstrut
Bernd Krämer pflückt Silvaner am Steilhang
Rund 400 Kilometer weit ist Bernd Krämer gefahren, um Weintrauben zu pflücken: Der Sindlinger half bei der Weinlese in Deutschlands kleinstem und nördlichstem Weinbaugebiet Saale/Unstrut.
Auslöser war eine Kanutour. Bernd Krämer und mehrere Freunde bilden eine bewegungsfreudige Gruppe, die häufig und in unterschiedlicher Besetzung wandern oder kanuwandern geht. „Ganz privat, wie sind kein Verein“, sagt der Landschaftsgärtner. Vor drei Jahren beschlossen die Freunde, die im ganzen Rhein-Main-Gebiet und darüber hinaus leben, eine Paddeltour auf der Unstrut zu unternehmen. „Das Burgenland ist altes deutsches Siedlungsgebiet mit einer langen Weinbautradition“, sagt Krämer: „Das hat mich interessiert“. Deshalb suchten die vier Freunde, die mit zwei Booten unterwegs waren, eine Gelegenheit zur Weinprobe. Im ersten Anlauf misslang das. Ein Prädikatsweingut, bei dem sie vorsprachen, hatte keine Plätze frei. Doch auf dem Weg zurück zum Quartier sahen die Männer einen Hinweis auf „Fettbemme“ – ostdeutsch für Schmalzbrot. Ein Nebenerwerbswinzer, der eine Straußwirtschaft betreibt, bot Wein und kleine Speisen an. Krämer und Co kehrten ein und verlebten einen wunderbaren Abend mit Wein, Gesprächen und viel Gelächter. „Ich würde gerne mal bei einer Weinlese mitmachen“, sagte Bernd Krämer spontan. „Na, dann kommt halt mal, wenn es soweit ist“, sagte Bernd Antoni. Handynummern wurden ausgetauscht. Und dann rief der Weinbauer tatsächlich im September an und sagte: „In zwei Wochen lesen wir. Seid Ihr dabei?“ Drei der vier Kanuwanderer sagten zu, darunter auch der Sindlinger. „Und so habe ich mit 52 Jahren meine erste Weinlese gemacht“, berichtet er. Samstags früh um 8 Uhr ging es in den historischen Weinberg mit den denkmalgeschützten Sandsteinmauern. Es handelt sich um eine Steillage, an der Antoni Silvaner anbaut. Zwölf Leute ernteten den kleinen Weinberg im Lauf des Vormittags ab. „Das war nicht ohne. Das Stehen und Bücken an dem steilen Hang, das merkt man. Und das Tragen der vollen Kiepe ist sehr anstrengend“, berichtet Bernd Krämer. Aber das kümmerte ihn nicht weiter. Das Wetter war schön, der Blick herrlich. Nach getaner Arbeit genossen die Lesehelfer eine Brotzeit in der gemütlichen Straußwirtschaft, und natürlich auch den einen oder anderen Schoppen. „Es war eine gute Stimmung. Die Menschen sind dort viel herzlicher und offener als wir hier, das gefällt mir“, sagt der Sindlinger. Die Trauben, die er und seine Freunde gelesen haben, brachte Bernd Antoni zur Winzergenossenschaft Freyburg, der er angehört. Deren Produkte sind in gut sortierten Märkten zu finden. Für Bernd Krämer war es ein schönes Wochenende in angenehmer Gesellschaft. „Ich würde es jederzeit wieder machen, schon allein wegen der Leute“, sagt er. hn