Triumph der Gärfreunde
Triumph der Gärfreunde
Apfelweinkönig Harter Kampf der Meisterkelterer um die Sindlinger Stöffche-Krone
Von Albrecht Fribolin
Wenn leise Orgelmusik ertönt und Gott Vater aus dem Himmel verkündet: „Beachtet das 11. Gebot: Du sollst net so e sauer Brüh keltern“, dann ist es wieder soweit: Die Sindlinger St. Dionysius-Gemeinde feiert Kirchweih und sucht den ultimativen Meisterkelterer.
Und so stellten sich elf ehrgeizige Teams zum 18. Mal dem Wettbewerb und mehr als 140 meist sachkundige Stöffche-Schlucker kamen, um festzustellen, wer das Beste aus den Äpfeln der Sindlinger Streuobstwiesen herausgepresst hat.
Phantasievoll die Namen der diversen Keltergemeinschaften, die als Bembelbube, Ebbelwörmscher, Meisteräppler, Goldparmäncher, Gärfreunde oder Schoppen-Schmiede antraten. Dabei einige ergraute Alt-Könige aus den letzten Jahren, wie Jürgen Peters, Jochen Dollase oder Hasso Hör. Nur die Abonnementssieger vergangener Jahre, Jörg Peters und Stefan Daube, verzichteten majestätisch und ruhten sich in diesem Jahr auf ihren Lorbeeren aus.
Unter der bewährten Leitung von Cheforganisator Wolfgang Schuhmann und seiner Tochter Sonja stellte Moderator Jürgen Peters zunächst die Teilnehmer in Form kreativer Video-Clips vor, die Michael Sittig produziert hatte. Da ließen die Schoppen-Schmiede Wolfgang Scheh, Markus Krämer und Jochen Dollase ihren Kampfschrei „ Ein Äppelwoi geht immer nei“ ertönen und die Gärfreunde philosophierten darüber, ob sie im nächsten Jahr aus Gründen der Geheimhaltung im Dunkel keltern sollten.
Die Ebbelwörmscher Peter Busch, Johannes und Michael Sittig ließen sich im Dienstwagen zur Veranstaltung kutschieren und genossen im Traum Hunderte von Fans, die ihnen bereits zujubelten. War das etwa zu optimistisch ?
Während Markus Werner den letzten Appel des Jahrgangs 17 unter den Klängen der Bonanza-Melodie seinem Pferd verfütterte und dem Sonnenuntergang entgegenritt, war es bei Franz und Stefan Löllmann weniger romantisch: Sie pumpten frischgepressten Süßen aus dem Plastiktank in den Gärkeller. Ob das dem Stöffche gefiel ?
Konservativ dagegen Jürgen Peters: Der Altmeister der Vergärung demonstrierte mit Enkel Leif, wie man den fünften Löffel der Konzentration erreicht. Ob es ihm genutzt hat?
Die Meisteräppler 4 b, die Herren Furtwängler, Fischer und Schmidt, Ex-Klassenkameraden der Meisterschule aus Nachkriegstagen, flehten um göttlichen Beistand und erfanden das elfte Gebot für Kelterbanausen. Ob ihr Flehen erhört und ihr Gebräu ein „Heiliges Stöffche“ wurde?
Auch die Goldparmäncher alias Familie Müller/Callender zeigten sich optimistisch. Die „Bembelbube“ Patrick und Simon Stappert sowie Ralf Riemenschneider dagegen hatten eine verkaufsfördernde Idee und präsentierten ein neues Einsatzgebiet für ihr Super-Gesöff: Sie badeten die Karoffeln vom Traditionshof Stappert in ihrem heiligen Stöffche „mit de goldisch Farb“. Den Kartoffeln schien es zu gefallen, aber ob auch die Testtrinker Äppelwoi mit Kartoffelgeschmack lieben?
Edwin Reinhard, Tischtennisspieler im TV Sindlingen, demonstrierte die tollen Eigenschaften seines Äppelwois: Dank der vielen Vitamine gelang es ihm, Tischtennisbälle zielgenau in Bembel und Gläser zu schießen. Eine Meisterleistung nach dem Motto „Trinkst Du ein Gespritzter, dann sitzt er“. Ob auch das Publikum das so sah?
Wie in der Schule waren Noten von Eins bis Sechs zu vergeben, von „e goldisch Stöffche“ über „der is fer die buckelisch Verwandtschaft“ bis „Salatbrieh“. Die Bewertungsnote „von Fischer“ entfiel in diesem Jahr, um den früheren Träger der „Roten Laterne“ nicht allzu sehr zu deprimieren.
Es wurde geschnüffelt, geschüttelt, gekaut und mit der Zunge geschnalzt, was die Gläser hergaben, der Alkoholgehalt geschätzt, der Trübegrad analysiert und der Säuregehalt bewertet.
Am Ende gaben drei winzige Pünktchen den Ausschlag für das Gärfreunde-Team mit Gernot Kölbl, Gerald Carda und Martin Bertelmann. Sie siegten mit 499 Punkten vor Jürgen Peters mit 496 und der Schoppen-Schmiede der Kelterer Krämer, Dollase und Scheh. Die neuen Könige wurden traditionell gekrönt und erhielten die Siegerschärpe von Frau Rauscher alias Stefan Brech.
Die „Rote Laterne“ für die übelste Brühe übernahmen übrigens die „Ebbelwörmscher“: Ihr essigsaures Gesöff war einfach ungenießbar und sollte künftig für Wadenwickel eingesetzt werden, wie ein örtlicher Internist treffend bemerkte.
Am Ende waren alle zufrieden, denn Ebbelwoitrinker sind gute Gewinner und gute Verlierer. Das Stöffche vereinte die Schar der Kelterer bei Klängen der Sindlinger Bierlandschrummler. Und alle waren sich einig: Ein Leben ohne Ebbelwoi ist möglich, aber sinnlos!