„Unfug mit Strichen“ – Harsche Kritik am Radweg Farbenstraße/Westenberger Straße

„Unfug mit Strichen“

Verkehr

Kopfschütteln, Unverständnis und je nach Naturell Ärger oder Galgenhumor ruft die eigenwillige Radwegeführung an der Kurve Bahnstraße/Farbenstraße hervor. Das Frankfurter Radfahrbüro hat im August vergangenen Jahres etwa in Höhe der Pizzeria Da Renato Bürgersteige absenken und Anfang Dezember eine Art Verkehrsinsel auf der Fahrbahn anbringen lassen. Quer über den breiten Bürgersteig zwischen Westenberger Straße und Farbenstraße wurde mit zwei Strichen ein Radweg markiert, der als Verlängerung einer Radfahrerspur gegen die Einbahnrichtung in der Westenberger Straße angelegt ist. Damit soll eine Lücke im überregionalen Radwegenetz geschlossen werden. Wer von Hattersheim kommt und an den Main möchte, soll durch die Westenberger Straße und quer über die Farbenstraße auf den rechten Weg gebracht werden.

Dumm nur, dass die neue Fahrbahnquerung für Radfahrer direkt hinter einer Kurve liegt. Das birgt ein hohes Unfallrisiko. Ärgerlich finden Anlieger, dass für die Querung vier bis fünf Parkplätze gestrichen wurden. „Damit werden den letzten verbliebenen Einzelhändlern Kunden genommen“, fürchtet nicht nur Stadtbezirksvorsteher Dieter Frank. Und noch ärgerlicher kommentiert CDU-Ortsbeirat Albrecht Fribolin, dass das Stadtteilgremium nicht informiert und seine früheren Beschlüsse ignoriert wurden.

Bürger wundern sich

„Über allem steht die Frage: Warum eigentlich? Ein Bedarf an dieser Stelle ist niemals bekundet worden. Eine Querungshilfe für Fußgänger, ja, das wäre begründet und gewünscht. Aber jetzt dieser Aufwand allein für imaginäre Radfahrer?“ wundert er sich.

Kurz nach der Installation wandte er sich mit einem Brief an das Radfahramt: „Sehr geehrte Damen und Herren, bevor hier noch mehr aus dem Ruder läuft, muss ich Sie kontaktieren“, begann er und schilderte, dass der so genannte „Radweg“ zwischen Westenberger Straße und Farbenstraße von den Sindlinger Bürgern mit „außerordentlichem Unverständnis und großer Besorgnis“ aufgenommen worden sei. „Lebensgefahr“, „Gefahr für Leib und Leben“, „unverantwortlich“ waren noch die mildesten Kommentare. „Was hat sich Ihr Büro nur dabei gedacht, einen solchen Unfug an Strichen hier auf die Straße zu markieren?“, schrieb er und verwies darauf, dass der Ortsbeirat Sechs die Freigabe der Westenberger Straße zum Radfahren gegen die Einbahnrichtung ausdrücklich verworfen hat. Die Mündung direkt in der Kurve ist einfach zu gefährlich. „Warum setzen Sie die Radfahrer bewusst potentiellen Gefahrensituationen aus? Ihre Aufgabe sollte es doch sein, Radfahrer zu schützen! In Sindlingen ist Ihnen an der Westenberger Straße leider das Gegenteil gelungen“, schreibt Fribolin. Er wundert sich außerdem über den „Alleingang“ des Amtes und fragt, warum das Recht des Ortsbeirates auf Anhörung vollständig übergangen wurde. Auch der regionale Präventionsrat, der sich um Sicherheitsfragen im Stadtteil kümmert, erhielt keine Information.

Der Sindlinger Ralf Lemster, Mitglied im allgemeinen deutschen Fahrradclub, nahm von sich aus Kontakt mit dem Amt auf und wies auf die unglückliche Führung hin. „Die einfachste Lösung wäre, die ganzen Markierungen und Aufbauten wieder zu entfernen und die Radfahrer, die von Hattersheim her kommen, durch die Johann-Sittig-Straße auf die Farbenstraße zu führen“, findet er.

„Das ist die Minimalforderung: Das hier muss alles weg“, meint auch Ortsbeirat Fribolin und weist auf die Verkehrsinsel, die erkennbar schon mehrfach gerammt wurde, denn Bolzen sind halb heraus gerissen und das Plastikteil steht schief. Insbesondere für die großen Gelenkbusse ist die Kurve nun sehr eng; parkt noch ein Lieferwagen halb auf dem Gehweg, halb auf der Straße, kommen sie kaum noch vorbei. Dass der Radweg quer über den stark frequentierten Bürgersteig läuft, sei ebenso wie der Rest nicht gewollt und von hoher Unfallgefahr für alle Verkehrsteilnehmer. „Der so geschaffene Radweg ist keine Hilfe, sondern eine Lebensgefahr“, findet Fribolin.

Erst bauen, dann prüfen

Das Radfahramt habe ihm mitgeteilt, dass es nach Fertigstellung der Querung einen Gutachter schicken wolle, der sich die ganze Sache ansieht, berichtet Lemster. Das lässt bei Albrecht Fribolin die Zornesader weiter schwellen. „Wie mir jetzt mitgeteilt wurde, wollen Sie auch noch einen teuren Gutachter einschalten, um die Lage zu beurteilen. Ich bitte Sie eindringlich, jede weitere Maßnahme vor Ort mit dem zuständigen Ortsbeirat Sechs abzusprechen und keine weiteren Steuergelder zu verschwenden. Ich fordere Sie dringend auf, die Maßnahme im Bereich Westenberger Straße/Farbenstraße zeitnah zurückzubauen“, teilt er dem Amt mit.

Parlamentarisch wird der Radweg ein Nachspiel haben. In der Sitzung des Ortsbeirats am 17. Januar beantragt Fribolin, dass die Radwegmarkierung Westenberger Straße/Farbenstraße unverzüglich rückgängig gemacht wird, um Menschen vor Unfällen zu schützen. Außerdem soll der Magistrat mitteilen, wer diese Markierungen veranlasst hat, welche Kosten dafür entstanden sind und warum der Ortsbeirat bei der Planung übergangen, nicht informiert wurde und seine Mitspracherechte zu Angelegenheiten im Ortsbezirk vollständig missachtet wurden. hn

Kein Verständnis für diese Form der Querungshilfe haben (von links) Ortsbeirat Albrecht Fribolin, Radfahrer Ralf Lemster und Stadtbezirksvorsteher Dieter Frank. Fotos: Michael Sittig

Kein Verständnis für diese Form der Querungshilfe haben (von links) Ortsbeirat Albrecht Fribolin, Radfahrer Ralf Lemster und Stadtbezirksvorsteher Dieter Frank. Fotos: Michael Sittig

 

Abenteuerlich: Quer über den Gehweg führt die Radwegemarkierung.

Abenteuerlich: Quer über den Gehweg führt die Radwegemarkierung.