Die Essenz der Copacabana
Mainufer
Die Essenz der Copacabana
Geschwungene Bucht ersetzt Betonmauer
Von Sandstrand kein Wort. Wo ist die Copacabana? Im Entwurf der Stadt für die Umgestaltung des Sindlinger Mainufers jedenfalls finden sich keine Hinweise auf Palmen, Sand und Cocktailbars. Vielmehr sollen 165 Meter Ufer zwischen westlicher Werksbrücke und Villa Meister renaturiert werden, ein kleines Biotop entstehen. Libellen statt Liegestühle.
Anlass für die geschätzt 280 000 Euro teure Maßnahme ist die im Jahr 2000 verabschiedete europäische Wasserrahmenrichtlinie. Sie schreibt vor, die nur mäßige Wasserqualität des Mains (Güteklasse II) spürbar zu erhöhen, zum Beispiel durch eine möglichst naturnahe Gestaltung der Uferzone. In Frankfurt gehört Sindlingen zu den ersten Vorhaben, für die nun das Genehmigungsverfahren bevorsteht. In der Entwurfsplanung des Umweltamts wird genau beschrieben, wie es derzeit aussieht, wie es aussehen soll und wie am besten vorzugehen ist.
Derzeit besteht das Sindlinger Ufer, wichtig fürs Kleinklima und die Naherholung, im Wesentlichen aus der etwa 80 Meter breiten Rasenfläche zwischen Fluss und Feierabendweg. „Strukturarm“ nennen das die Planer. Am Ufer bilden einheimische Büsche und Bäume einen lockeren Gehölzrand. Besonderheiten sind allenfalls Vorkommen von Gelber Wiesenraute (Thalictrum flavum) in der Krautschicht und etwa 13 Individuen der geschützten Gelben Schwertlilie (Iris pseudacorus).
Vorgeschlagen wird, die circa 90 Meter lange, schnurgerade, wenig ansehnliche Uferbefestigung aus Beton und Steinen abzutragen und stattdessen eine geschwungene, natürlich wirkende Bucht anzulegen. Dazu soll ein Teil des vorhandenen Ufers abgegraben werden. Mit einem flachen Böschungswinkel von eins zu zehn soll der Übergang vom Land ins Wasser sanft verlaufen, so dass ein Flachwasserbereich entsteht. In der Ausbuchtung soll zudem eine 20 Zentimeter dicke Kieslage Fischen als Laichplatz dienen und Stabilität verleihen, damit nicht die ganze Anlage bei Hochwasser oder durch den Wellenschlag der Schiffe wieder zerstört wird. Eine Mauer aus Natursteinquadern soll die Höhendifferenz zum vorhandenen Asphaltweg ausgleichen.
Als die Voruntersuchungen publik wurden, setzte sich schnell die Vorstellung einer „Copacabana am Main“ durch, vielleicht beflügelt durch eine Fotomontage im Sindlinger Monatsblatt. Sie zeigte einen breiten Sandstrand und Palmen, die markante Farbwerksbrücke im Hintergrund. Doch in der Realität wird nur einen steinigen oder sandigen Saum geben, den flachen Übergang vom Rasen zum Wasser. „Das ist die Essenz der Copacabana“, sagt CDU-Ortsbeirat Albrecht Fribolin. Die Ausbuchtung dient nicht als Badebucht, sondern als Kinderstube für Fische und Wohlfühlort für Libellen und Vögel. Trotzdem wird das neue Ufer Erholungssuchende anziehen. Sie liegen dann zwar nicht im Sand, aber doch auf dem Rasen am Wasser, an einem naturnahen Mainstrand.
Etwa 2000 Quadratmeter Rasen müssen für die Bucht weichen, außerdem Büsche, sechs Erlen und eine Weide. Das ist in den Augen der Planer kein großer Verlust. Durch die Arbeiten werde das Gelände insgesamt in einen Zustand versetzt, „der einer naturnahen Gewässerlandschaft näher kommt“, führt es Landschaftsarchitekt Wilfried Baumgartner aus. Von der neu entstehenden Flachwasserzone profitierten Fischlarven und Jungfische und dadurch der Fischbestand im gesamten Fluss. Für Landschaftsbild und Erholungseignung sei das eine erhebliche Aufwertung. hn