Runder Geburtstag – Mit 90 blickt Fritz Weber auf ein erfülltes Leben zurück

Runder Geburtstag

Verwurzelt in Familie, Gemeinde und Verein

Mit 90 blickt Fritz Weber auf ein erfülltes Leben zurück

Freude und Leid hat er in reichem Maß erfahren: Freude in der Familie, der Gemeinde und im Verein, Erfolg im Beruf, aber auch Elend, Schmerz und Leid im Krieg sowie großen Kummer 2012, als seine gebliebte Frau Anita nach 60 gemeinsamen Jahren verstarb. Am 20. Januar 2014 jedoch gab es wieder Grund zur Freude: Friedrich Weber, Rufname Fritz, feierte seinen 90. Geburtstag mit Kindern, Enkeln und vielen, vielen Freunden.
Immerhin lebt der Sohn des evangelischen Pfarrers Johannes (Rufname Hans) Weber, Enkel des ersten evangelischen Pfarrer Ludwig Weber, seit 1930 in Sindlingen. Damals zog die Familie aus dem Westerwald an den Main, weil der Vater die Pfarrstelle des Großvaters übernahm. 1938 konfirmierte er Fritz, der zu der Zeit schon das Höchster Leibniz-Gymnasium besuchte. Dort legte er 1942, drei Jahre nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, als 18-Jähriger ein so genanntes Notabitur ab und wurde unmittelbar danach eingezogen. „Meine Jugend war damit beendet“, stellt Fritz Weber fest. Er wurde nach Rußland geschickt, mehrfach schwer verwundet und geriet 1944 in Gefangenschaft. „Aber ich war zäh“, sagt er. Dennoch waren es schwere, prägende Jahre, die ihm noch heute zu schaffen machen. „Mir wurden sieben Jahre meines Lebens gestohlen“, sagt er, denn erst vier Jahre nach Kriegsende, im Dezember 1949, kam er nach Hause: „Es war wie ein zweiter Geburtstag“. Mit fast 26 und ohne Ausbildung stand er da, doch in den Nachkriegsjahren ging es bald aufwärts. In der Gefangenschaft musste er viel mauern und verputzen, „das habe ich sozusagen von selbst gelernt“, erinnert er sich. So absolvierte er nun eine Maurerlehre bei Holzmann und besuchte anschließend die Staatsbauschule in Frankfurt. Zum Ausgleich trieb er Sport. Im Turnverein gehört er zur Riege der Geräteturner, die im Turnerheim und in der Halle der Meister-Schule übten. Außerdem engagierte er sich in der evangelischen Gemeinde, im Männer- und Jünglingsverein, den er zuletzt führte, und später als langjähriger Kirchenvorsteher.
1952 sah man ihn oft die Bahnstraße entlang spazieren, mal mit und mal ohne Hut. Dort, in der Nähe des Pfarrhauses, wohnte nämlich Anita Krämer. Die junge Frau war ihm schon früher aufgefallen. Nun besuchte er sie des öfteren, und um einen Grund zum Wiederkommen zu haben, „vergaß“ er ab und zu seinen Hut bei ihr. Schon bald waren sich die beiden einig: Wir heiraten. Erst aber musste die wirtschaftliche Basis stimmen. Fritz Weber machte im Alter von 30 Jahren 1952 sein Examen als Tiefbauingenieur und trat eine Stelle in einer Firma an. Nun war der Weg frei, die Familie zu gründen. Im Juni 1956 heirateten Fritz Weber und Anita Krämer, und im September zogen sie gemeinsam mit den Eltern von Anita ins neue Haus in der Steinmetzstraße ein.
1958 wechselte Fritz Weber zur Hoechst AG. Er war am Bau der beiden Werksbrücken, der internen und der markanten Schrägseilbrücke, beteiligt und an vielen Kanalisations- und Tiefbauarbeiten im Werk. Jetzt war das Leben im Lot. Mit Tochter Karin kam ein erstes Kind zur Welt. 1960 kauften Webers ihr erstes Auto. Familiäre Ereignisse prägten die folgenden Jahre. 1965 starb Vater Hans Weber, 1966 kam Sohn Frank zur Welt, 1974 feierte Fritz Weber seinen 50. Geburstag, 1981 silberne Hochzeit und 1982 25-jähriges Dienstjubiläum bei Hoechst. Er turnte zwar nicht mehr, war aber weiterhin im Turnverein ehrenamtlich engagiert. Unter anderem gehörte er zu denjenigen, die 1975 die große Hundertjahrfeier organisierten. 1989 kam das erste Enkelkind zur Welt, 1994, kutz nach dem 70. Geburtstag, das zweite. 2004 feierte Fritz Weber groß seinen 80. Geburtstag und 2006 Goldene Hochzeit mit seiner Anita. Als sie 2011 erkrankte, war er an ihrer Seite, bis sie 2012 verstarb. „Wir vermissen sie schmerzlich“, sagt Fritz Weber.
Umso tröstlicher, dass Enkelin Mirjam vor kurzem bei ihm eingezogen ist. Seit einem halben Jahr hilft ihm außerdem Pfleger Boguslaw Kaluski im Alltag. Und nicht zuletzt hat Fritz Weber, längst Ehrenmitglied im Turnverein, immer noch viele gute Freunde im Ort – im Verein wie in der Gemeinde. hn

Fritz Weber feierte am 20. Januar seinen 90. Geburtstag. Foto: Michael Sittig

Fritz Weber feierte am 20. Januar seinen 90. Geburtstag. Foto: Michael Sittig

Erich Bischof gestorben

Erich Bischof gestorben

Der Ehrenvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sindlinger Ortsvereine (Arge Sov), Erich Bischof, ist am 6. Januar im Alter von 77 Jahren gestorben. Bischof war in den 1980er Jahren Vorsitzender dieses Dachverbands der Sindlinger Vereine und außerdem Leiter des 18. Polizeireviers, das später von seinem Sitz im Haus Sindlingen nach Hattersheim verlegt wurde.
Der 1936 in Sindlingen geborene Bischof war von 1978 bis 1992 Vorsitzender des Fußballvereins Viktoria Sindlingen und hat die Geschicke der Kicker maßgeblich mitgeprägt. Als sein Nachfolger sein Amt niederlegte, stellte sich Bischof noch einmal in den Jahren 1995 und 1996 als Vorsitzender zur Verfügung. Für seine Verdienste um den Verein war er auch von den Fußballern bereits 1992 zum Ehrenvorsitzenden ernannt worden. In seine Amtszeit fällt die erfolgreichste Vereinsperiode von Viktoria Sindlingen. Dazu gehören die langjährige Zugehörigkeit zur Oberliga Hessen (die damals noch die dritthöchste deutsche Spielklasse war), die zweimalige Teilnahme am DFB-Pokal und eine Fahrt nach Indonesien, die allen Teilnehmern von damals gut in Erinnerung geblieben ist.
1980 war Erich Bischof auch Mitbegründer des Sindlinger Tennisvereins. Für seine Verdienste um seinen Stadtteil und die Sindlinger Vereine hatte die Arbeitsgemeinschaft Sindlinger Ortsvereine Erich Bischof als einer der ersten überhaupt mit der Ranzenbrunnen-Auszeichnung bedacht, die nur zum Sindlinger Stadtteilfest vergeben wird und als hohe Ehrung gilt. Darüber hinaus wurde Bischof 1985 mit der Verdienstnadel des Landessportbunds Hessen und 1991 mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen geehrt.
Zuletzt lebte Erich Bischof, der sich wegen Krankheit aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen hatte, im neuen Pflegeheim auf dem ehemaligen Wesner-Gelände an der Kurmainzer Straße. Er wurde auf dem Sindlinger Friedhof beerdigt. hv/Nachdruck aus dem Höchster Kreisblatt

Erich Bischof

Erich Bischof

Weitere kurze Meldungen – Februar 2014

Kurz gemeldet

Rosenmontagsparty
Keine Büttenreden, keine Garden, aber jede Menge kostümierter Gestalten: Die katholische Gemeinde richtet am Rosenmontag (3. März) zusammen mit dem Gesangverein Germania und dem Turnverein Sindlingen ein buntes Faschingstreiben im Gemeindehaus in der Huthmacherstraße aus. Die Rosenmontagsparty beginnt um 20.11 Uhr, der Eintritt kostet sechs Euro (Abendkasse).

Heringsessen
Die „Jungen Alten“ der Gemeinde St. Kilian kommen am Rosenmontag (3. März) zum Heringsessen zusammen. Es beginnt um 17 Uhr. Der „Aktive Donnerstag“ von St. Dionysius trifft sich am Donnerstag, 6. März, um 12.30 Uhr im Gemeindehaus zum Heringsessen.

Easy Step
Wer fetzige Musik mag und Spaß hat, sich im Takt zu bewegen, ist bei „Easy Step“ richtig. „Easy Step“ ist eine Weiterentwicklung der Aerobic; man geht im Rhythmus der Musik eine Art Stufe / Plattform (= Step) hoch und runter. Ausprobieren kann man „Easy Step“ ab Mittwoch, den 12. März von 18.30 – 19.30 Uhr in der Sporthalle des TV Sindlingen, Mockstädterstr. 12. Näher Infos gibt es auf der Webseite des TVS: www.tv-sindlingen.de oder per Email: kurse@tv-sindlingen.de.

Eine-Welt-Verkauf
Der nächste Eine-Welt-Verkauf ist im katholischen Gemeindehaus St. Dionysius am Sonntag, 9. Februar, in Verbindung mit dem Kirchcafé nach dem 9.30 Uhr-Gottesdienst.

Rechtsirrtümer
Die Gemeinschaft „Aktiver Donnerstag“ der katholischen Gemeinden hört beim nächsten Treffen am Donnerstag, 13. Februar, den zweiten Teil eines Vortrags über Rechtsirrtümer. Beginn ist um 15 Uhr im Gemeindehaus St. Dionyisus.

Flohmarkt
Die Kita St. Dionysius richtet am Samstag, 8. März, einen Flohmarkt im Gemeindehaus in der Huthmacherstraße 21 aus. Von 13 bis 17 Uhr können Eltern dort entweder gebrauchte, gut erhaltene Kinderkleider und Spielsachen verkaufen oder welche erwerben. Wer verkauften möchte, meldet sich vorher bei Kerstin Camadan, Telefon 97 32 88 09, an. Die Standgebühr beträgt acht Euro, zudem bitten die Organisatoren darum, selbst gebackene Kuchen mitzubringen. Aufbau ist ab 12 Uhr.

Aufräumen
Zum „Sindlinger Reinigungstag“ lädt die Arbeitsgemeinschaft Sindlinger Ortsvereine (Arge Sov) am Samstag, 8. März, ein. Bekannte und weniger bekannte „Dreckecken“ in der Gemarkung sollen aufgeräumt und ganz allgemein herumliegender Müll beseitigt werden. Wer helfen möchte, ist um 10 Uhr an der Sporthalle des Turnvereins, Mockstädter Straße, willkommen. „Bitte auf festes Schuhwerk achten. Und wer Schutzhandschuhe hat, bitte mitbringen“, rät Arge-Sov-Vorsitzender Andreas Rühmkorf und hofft auf große Beteiligung.

Fußball im Netz
Der 1. FC Viktoria Sindlingen ist wieder online: Der Verein hat seinen Internetauftritt überarbeitet und ist ab sofort wieder im Netz zu finden – mit Fotos, Mannschaften, Trainern, Trainingszeiten, Spielplänen und weiteren Infos rund um den Verein. Zu finden unter www.viktoria-sindlingen.de und www.v-sindlingen.de.

Serie Handel, Handwerk und Gewerbe: „Karins Petite Cuisine“

Serie Handel, Handwerk und Gewerbe

Hähnchen, Häppchen, Luftballons

Geheimtipp für Mittagstisch und Partyservice: „Karins Petite Cuisine“

Sindlingen hat seinen Einwohnern einiges an Geschäften und Dienstleistungen zu bieten. In einer Serie stellen wir die Mitgliedsbetriebe der Fördergemeinschaft Handel, Handwerk und Gewerbe vor. Heute: Karins Petite Cuisine

Pommes, Currywurst oder Hamburger – Damit fing es an. Heute spielt die klassische Imbissküche in „Karins Petite Cuisine“ aber nur noch eine Nebenrolle. Die Imbissstube an der Bahnstraße gilt vielmehr als Geheimtipp für gute, preiswerte Mittagsgerichte und exzellenten Party-Service.
Vor über 30 Jahren, am 21. Dezember 1983, eröffnete Karin Karpucelj die kleine Gaststätte. „Ich dachte mir, dass so etwas fehlt in Sindlingen“, sagte sie. Erfahrungen mit dem Imbissbetrieb hatte die gelernte Friseurin in Höchst gewonnen. Dort half sie Ende der 70-er Jahre im Hähnchengrill am Hertie aus.
Dabei schlug die gebürtige Sulzbacherin ursprünglich einen anderen Weg ein. Als Friseurin arbeitete sie im Hotel Frankfurter Hof, damals erstes Haus am Platz. 1962 heiratete sie Ossi Fritsch, der bei der Viktoria Fußball spielte. Die beiden zogen nach Sindlingen, lebten zeitweise in den USA und hatten zwei Töchter miteinander. Die Ehe wurde später geschieden, ebenso die zweite mit Janez Karpucelj, von dem ihr ein Sohn und der Nachname geblieben sind.
Karin Karpucelj wollte auf eigenen Füßen stehen. 1979 meldete sie einen Partyservice an. „Ich habe oft in der katholischen Kirche St Kilian gekocht, zu Veranstaltungen, Hochzeiten und so weiter“, sagt sie. Als Apotheker Alexander Krauß sein Reformhaus schloss, mietete sie die Räume, investierte in den Umbau und richtete das Stübchen mit Hilfe von Freunden gemütlich ein. „Anschließend schrieben alle Helfer einen Vorschlag für einen Namen auf einen Zettel, und dann haben wir gelost“, berichtet sie. „Futterecke“ oder „Würstchenbude“ blieben in der Lostrommel – gezogen wurde „Karins Petite Cuisine“ – Karins kleine Küche.
In den ersten Jahren ging ihr Lebensgefährte Harald Holzhauser zur Hand. Gemeinsam meisterten sie die langen Arbeitstage. Anfangs waren vor allem die klassischen Mitnahmegerichte gefragt. „Bis zehn Kilogramm Pommes am Tag habe ich damals verkauft“, erinnert sie sich. Der Betrieb lief gut, „abends war oft kaum noch ein Stehplatz frei“, erzählt sie. 1985 kaufte sie das ganze Haus. In den oberen Stockwerken richtete sie Zimmer für Monteure ein. Zusätzlich betrieb sie weiter den Partyservice.
„Stammkunden haben mich gebeten, doch auch mal Kartoffeln und Gemüse anzubieten“, sagt die Inhaberin. Daraus entwickelte sich der täglich wechselnde Mittagstisch. Nudeln, Schnitzel, Hähnchen, Eintopf oder Fisch – „Richtige Hausmannskost eben“, sagt die Köchin. Vor allem Alleinstehende schätzen den Service, holen sich täglich ihr Mittagessen, manchmal auch Frühstück: Kaffee oder Tee und belegte Brötchen gehören am Vormittag zum Angebot. Auch der Partyservice läuft weiterhin gut. Firmen, Vereine und Privatleute weit über Sindlingen hinaus lassen sich gerne von Karin Karpucelj beliefern. Beim Herrichten der Platten mit Häppchen, Kanapees, Fingerfood oder Salaten helfen häufig Kinder und Enkel. Sonst betreibt sie die „Petite Cuisine“ mittlerweile weitgehend allein.
Es ist lange nicht mehr so viel los wie vor 20, 30 Jahren. „Viele meiner älteren Kunden sind gestorben, Monteure achten heute noch mehr aufs Geld, und junge Leute kommen hier kaum rein“, sagt sie. Karin Karpucelj ist selbst Rentnerin, feierte Anfang Februar ihren 70. Geburtstag. Kurz überlegte sie aufzuhören. Ihre Stammgäste waren entsetzt. „Wo sollen wir denn hingehen?“, fragten sie. „Und ich mach’s ja auch gerne“, sagt die Geschäftsfrau mit den kurzen blonden Haaren.
Die Atmosphäre ist familiär, abends sitzen Wirtin und Kunden oft zusammen und würfeln. Der Betrieb war schon öfter als „Kult-Imbiss“ im Fernsehen zu sehen. Am Stadtteilsonntag gehört Karin Karpucelj mit ihren Nierenspießen sozusagen zum Inventar. Am Fastnachtssonntag sind alle Sindlinger eingeladen, beim Aufblasen von 500 Luftballons für die Deko zu helfen und gemeinsam zu feiern. Am Rosenmontag ist das dann bunt geschmückte Haus Dreh- und Angelpunkt, wenn im oberen Stockwerk der Moderator die Nummern des Kinderfastnachtszuges ankündigt. Dem Karnevalverein ist Karin Karpucelj besonders verbunden. Bis vor wenigen Jahren stand sie regelmäßig bei den Sitzungen in der Bütt. Heute zieht sie ruhigere Beschäftigungen vor: „Ich häkele, das entspannt mich“. Ein wenig mehr Zeit dafür gönnt sie sich seit Jahresbeginn. Montags schließt sie die „Petite Cuisine“ schon um 14 Uhr. Dienstags bis freitags ist wie gewohnt von 10 bis 19 Uhr geöffnet, samstags von 10 bis 14 Uhr. hn

Ein Klassiker: Ob Hähnchen mit Pommes, Eintopf, Schnitzel oder Nudeln: Karin Karpucelj bietet jeden Tag ein Mittagsgericht an. Foto: Michael Sittig

Ein Klassiker: Ob Hähnchen mit Pommes, Eintopf, Schnitzel oder Nudeln: Karin Karpucelj bietet jeden Tag ein Mittagsgericht an. Foto: Michael Sittig

Heimat- und Geschichtsverein – Ein Leben für die Fliegerei

Heimat- und Geschichtsverein

Ein Leben für die Fliegerei

Karl Caspar war tollkühner Flieger und genialer Konstrukteur

„Wer kann sich noch an Karl Caspar erinnern?“ – Sechs Besucher melden sich. Der Heimat- und Geschichtsverein hatte zu einem Bildervortrag über den Flupionier Karl Christian Maximilian Caspar eingeladen, der ab 1924 in Sindlingen lebte. Knapp 40 Zuhörer versammelten sich dazu im evangelischen Gemeindehaus.
Archivar Karlheinz Tratt hatte die Bilder und Fakten zusammengetragen. Zunächst gab er einen Überblick über die Anfänge der Fliegerei. Von den ersten Versuchen und vielen Bruchlandungen berichtete er, von waghalsigen Konstruktionen aus Holz und Segeltuch, namhaften Konstrukteuren und Flugpionieren wie August Euler, Ernst Heinkel und Otto Lilienthal. Karl Caspar aus Kassel gehört ebenfalls dazu. Das fünfte Kind eines Gerichtssekretärs studierte in Marburg Jura und verbrachte seine Militärzeit in Deutsch-Südwest, dem heutigen Namibia. Masken, Pfeile, Bogen und Erinnerungsfotos brachte er von dort mit, die er später ins Treppenhaus seiner Villa an der Allesinastraße, Ecke Feierabendweg hängte – und die die Sindlinger Kinder schwer beeindruckten. Karlheinz Tratt und sein Cousin Hans-Günther Schmied etwa, deren Großeltern Caspars Nachbarn waren, bestaunten die Mitbringsel damals ehrfurchtsvoll.
Caspar erwarb im März 1911 seinen Flugschein. Damit zählt er zu den „Alten Adlern“, das sind etwa 800 Frauen und Männer, die vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs die Prüfung zum Flugzeugführer bestanden. Die Fliegerei und die Entwicklung immer neuer Flugzeuge und Verbesserungen wurden zu seinem Lebensinhalt. In Hamburg gründete er die Hanseatischen Flugzeugwerke Karl Caspar AG, 1914 die Hanseatische Flugschule. Kapitän Friedrich Christiansen war einer seiner ersten Schüler. Der spätere Kommandant des Riesenflugzeugs Dornier DO-X wurde sein Freund und sorgte 1932 für einen Menschenauflauf, als er mit dem weltgrößten Wasserflugzeug in der Griesheimer Oberschleuse auf dem Main landete, um Caspar in Sindlingen zu besuchen. Direkt vor dessen Haustür war der Main nicht breit genug.
Im Ersten Weltkrieg war Caspar der Erste, der mit einer Flugmaschine Kleinbomben über England abwarf. „Es waren etwa bleistiftdünne Stahlstifte, die gebündelt abgeworfen wurden, keine Sprengbomben“, erläuterte Tratt. Er berichtete weiter aus dem Leben des Flugpioniers, von seinen Werken, den schwierigen Jahren nach dem Krieg, vom versuchten Langstreckenflug nach Ostasien und seinen vielen Entwicklungen und Neuerungen im Flugzeugbau, darunter eine geschlossene Flugzeugkanzel und eine höhenverstellbare Heckflosse.
Weniger bekannt ist sein Privatleben. Seine erste Frau verstarb anscheinend früh. Auch die Gründe, warum er 1924 nach Sindlingen zog und sich eine Villa am Main bauen ließ, sind nicht bekannt. Hier jedenfalls lebte er mit Margarethe von Wangelin. „Sie verscheuchte uns Buben immer, wenn wir abends beim Rodeln am Mainberg zu laut waren“, erinnert sich Karlheinz Tratt. „Wir durften aber auch manchmal in seine Bibliothek“, ergänzte Hans-Günther Schmied: „Dort habe ich immer die Witzbücher von Adamson gelesen und dabei laut gelacht“. Das gefiel dem Hausherren, der ihm 1950 zu Weihnachten zwei gewidmete Exemplare schenkte. Hans-Günther Schmied besitzt sie noch heute. „Er lebte zurückgezogen. Aber wenn wir Buben ihn auf der Straße gegrüßt haben, gab er uns immer einen blitzblanken, neuen Pfennig“, berichtete Tratt, der sich zudem an Caspars Krückstock mit silbernerm Knauf in Form eines Hundekopfs erinnert.
Ebenfalls verbürgt ist Caspars Vorliebe für Bootsfahrten auf dem Main. Er leistete sich das kleine Motorboot „Singa“, das Tratts Großvater Ferdinand Hescher für ihn in Schuss hielt. Trotz körperlicher Gebrechen, wie etwa einer silbernen Schädelplatte, die ihm nach einem Absturt eingesetzt worden war, blieb Caspar unternehmungslustig. Er liebte es, sonntags mit dem Boot nach Mainz zu fahren und dort zu Mittag zu essen. Einmal fuhr er sogar mit zwei Begleitern mit der Singa“ bis nach Hamburg.
Am 2. Juni 1954 starb er einsam und fast vergessen und wurde in Sindlingen beigesetzt. Später holten die „alten Adler“ seine sterblichen Reste nach Hamburg. hn

Blick auf den Main: Karl Caspar auf der Terrasse seines Hauses in der Allesinastraße, Ecke Feierabendweg.

Blick auf den Main: Karl Caspar auf der Terrasse seines Hauses in der Allesinastraße, Ecke Feierabendweg.

Landung geglückt: Die DO-X wassert am 11. Oktober 1932 auf dem Main bei Griesheim. Fotos: Sindlinger Heimat- und Geschichtsverein

Landung geglückt: Die DO-X wassert am 11. Oktober 1932 auf dem Main bei Griesheim. Fotos: Sindlinger Heimat- und Geschichtsverein

Was für ein Spektakel! Das Riesenflugzeug Do-X landet am 11. Oktober 1932 auf dem Main bei Griesheim, weil sein Kapitän Christiansen seinen Freund Caspar besuchen wollte. Der Maler Adi Helfenbein hat die Szene so dargestellt.

Was für ein Spektakel! Das Riesenflugzeug Do-X landet am 11. Oktober 1932 auf dem Main bei Griesheim, weil sein Kapitän Christiansen seinen Freund Caspar besuchen wollte. Der Maler Adi Helfenbein hat die Szene so dargestellt.

GV Germania Männerchor – Aus vier mach eins: Konzertchor Hans Schlaud

GV Germania Männerchor

Aus vier mach eins: Konzertchor Hans Schlaud

Sänger bereiten sich auf einen großen Auftritt vor

Vor 26 Jahren versammelte Chorleiter Hans Schlaud etwa 500 Sänger seiner verschiedenen Chöre auf einer Bühne: Der „Konzertchor Hans Schlaud“ war geboren. „Meine Chöre haben häufig erste Preise von Wettbewerben mitgebracht. Aber zuhause sangen sie in Turnhallen oder Sälen von Gaststätten und vor fast immer dem gleichen Publikum. Ich wollte ihnen endlich mal einen würdevollen, feierlichen Rahmen geben und auch neue Zuhörer gewinnen“, erinnert er sich an die Motivation, den Konzertchor zu gründen.
Am ersten Konzert im Wiesbadener Kurhaus wirkten acht Chöre mit, darunter die Sindlinger Germania. Auch bei Folgekonzerten in der Jahrhunderthalle, der alten Oper Frankfurt und weiteren großen Häusern dirigierte Hans Schlaud große Gruppen und großartige Solisten. „Zugpferde“ sind bei Veranstaltungen dieser Größenordnung unerlässlich. So sangen beispielsweise René Kollo, Anneliese Rothenberger und Hermann Prey mit Schlauds Chören. Die Spitzenkünstler und die Saalmiete verschlangen gigatische Summen. Dennoch ging immer alles gut, und meist blieb sogar noch ein wenig übrig für die beteiligten Chöre, sagt Hans Schlaud.
Dennoch hat er seine Mannen seit über fünf Jahren nicht mehr zusammengerufen. „Ach, wissen Sie, die Vorbereitung ist nicht einfach“, erklärt er – und meint damit nicht die anspruchsvolle musikalische Arbeit, sondern die nicht enden wollende Wiederholung. „Ich musste ja mit jedem Chor für sich die Vorbereitung leisten. Das heißt, dass ich über ein halbes Jahr oder Jahr jeden Abend die selben Stücke bearbeiten musste. Das geht einem irgendwann auf den Geist“, sagt Hans Schlaud.
Jetzt aber will er es wieder einmal wissen. Genau genommen wollte er es schon 2013 und einen Verdi-Abend zu Ehren des Komponisten gestalten, dessen Geburtstag sich vergangenes Jahr zum 200. Mal jährte. „Leider war das Wiesbadener Kurhaus schon ausgebucht“, sagt Schlaud. Deshalb wich er mit seinen vier verbliebenen Chören (früher leitete der heute 69-Jährige bis zu zwölf Gesangsgruppen) auf den 23. März 2014 aus und variierte das Programm. Verdi ist der erste Teil gewidmet, mit Stücken aus dessen bekannten und weniger bekannten Opern. Im zweiten Teil kommen modernere Arrangements zum Tragen. Wer allerdings denkt, dass Stücke wie „Wochenend und Sonnenschein“ leichter zu singen seien, wird von dem Fachmann eines besseren belehrt. „Das ist höchst heikel“, sagt Hans Schlaud, „diese schrägen, atonalen Akkorde und jazzartigen Klänge präszise hinzukriegen, macht unendlich viel Arbeit“.
Diese leistet er mit der Germania in Sindlingen, bei der er 1965 als Zwanzigjähriger Chorleiter anfing, sowie mit dem Männerchor Wiesbaden-Kloppenheim und den Sängervereinigungen Bleidenstedt und Hausen. Bei zwei gemeinsamen Proben führt er alle zusammen und schließlich, am Tag des Konzerts selbst, übt der Konzertchor einmal mit den Solisten. Der chilenische Tenor Felipe Rojas Velozo und die russische Sopranistin Tatiana Plotnikova singen nämlich nicht nur Soli und Duette, sondern auch mehrere Stücke gemeinsam mit dem Chor, etwa die „Macht des Schicksals“ oder Stücke aus der „Fledermaus“ von Strauß.
Karten für das Konzert gibt es im Samenhaus Schlereth in Sindlingen. Sie können auch unter der Nummer 0174-15 35 655, bei Tourist Information Wiesbaden, Marktplatz 1 , Telefon (0611) 17 29 930 , www.wiesbaden.de/ tickets und bei Tickets für Rhein-Main in der Galeria Kaufhof, Kirchgasse 28, Telefon (0611) 30 48 08, www.tickets-fuer-rhein-main.de, bestellt werden.

 

Service für Sindlinger:
Bus zum Konzert

Für das Konzert im Wiesbadener Kurhaus bietet der Männerchor des Gesangvereins Germania einen Busservice an. Wer nicht selbst fahren oder den öffentlichen Nahverkehr nutzen will, kann am Dalles in den eigens gecharterten Bus einsteigen und sich direkt zum Veranstaltungsort sowie später wieder zurück bringen lassen. Wer den Service nutzen möchte, wird gebeten, sich bei Uli Schlereth (Telefon 37 29 54) anzumelden.

Heimat- und Geschichtsverein – Sonderliche Sindlinger?

Heimat- und Geschichtsverein

Sonderliche Sindlinger?

Karlheinz Tratt zeichnet die bauliche Entwicklung vom Dorf zum Stadtteil nach

Steht „Sindlingen“ für „sonderlich“? Das ist eine mögliche, wenn auch nicht sehr wahrscheinliche Deutung des Ortsnamens. Karlheinz Tratt, Archivar der Heimat- und Geschichtsvereins, zeichnete in einem Vortrag im evangelischen Gemeindehaus die Entwicklung des Orts nach.
Dabei ging er auch auf den Namen ein. Die Schreibweisen Sundilingen, Swindelinga, Scuntlingen oder eben Suntarlihi (was Sonderlichkeit, Besonderheit bedeutet) sind seit dem achten Jahrhundert überliefert; Sundus steht für Sonder- oder Eigenland, Sind für Weg, Pfad, Reise, Richtung. Aber vielleicht bedeutet es einfach nur „Nachkommen des Sundo oder Sundi“, sagte Tratt.
Geblieben ist nichts von den ersten Sindlingern. Obwohl bekannt ist, dass bereits vor etwa 6000 Jahren Menschen auf dem hohen Ufer des Mains siedelten, sind ihre Holz- und Lehmhütten verschwunden. Die Römer hinterließen Spuren in Form eines Landguts, dessen Umrisse sich im Feld südlich des Ortes, in den Wingerten, erkennen lassen. Ausgegraben wurde es nie. Aus der Frankenzeit (ab 500 nach Christus) ist ein Gräberfeld zwischen Lehmkaut- und Farbenstraße geblieben. Etwa 30 der rund 500 bekannten Gräber wurden geöffnet und untersucht. Heute ist davon nichts mehr zu sehen, das Areal ist komplett überbaut.
Greifbarer wird Sindlingens Vergangenheit erst Ende des achten Jahrhunderts. Auf der Ersterwähnung in einer Urkunde des Fuldaer Bischofs Baugulf (Amtszeit von 780 bis 802) basiert die Datierung, nach der sich die 1200-Jahrfeier 1991 richtete. Demnach kann der Ort 2016 sein 1225-jähriges Bestehen feiern.
Seine heutige bauliche Prägung geht auf die Zeit nach dem 30-jährigen Krieg zurück. Zuvor hat Sindlingen aus Holzhäusern bestanden, die sich hinter dem Schutzwall „Haingraben“ entlang der Landstraße nach Höchst befanden – der heutigen Huthmacherstraße. Der spätere Ortsmittelpunkt „Dalles“ lag außerhalb. Ab 1609 wurde die winzige Bauernsiedlung durch einen schlanken Kirchturm dominiert. Er ist das älteste erhaltene Bauwerk. Denn 1699 brannten die Wohnhäuser aufgrund eines Unfalls völlig nieder. Beim Wiederaufbau entstanden Gebäude, die blieben. Häuser aus Stein, Scheunen, große Gebäude mit Sälen, Wirtschaften wie der ehemalige „Löwe“ (heute Apotheke) am Dalles. Der Haingraben wurde geschleift. Sindlingen wuchs. Ab 1760 bauten die Familien Allesina/Schweitzer ein repräsentatives Herrenhaus am Mainberg, das, zusammen mit dem Kirchturm von St. Dionysius, viele frühe Ansichten des Ortes prägt. Im zugehörigen Park stand ein „Tempelchen“, das Goethe schilderte und das auf alten Ansichten zu sehen ist.
Unterhalb der Mauer zum Main hin zeigen alte Fotos den Landungsplatz. Nach der ersten Mainregulierung durch Schleusen 1884 wurde er als Anlegeplatz für Flößer und Schiffer hergerichtet. Im Fluss lagen kleine Inseln, es gab eine Furt ans Kelsterbacher Ufer, berichtete Tratt. Ihr Holz holten die Sindlinger allerdings nicht aus dem Schwanheimer Wald, sondern aus ihrem eigenen. Er liegt in der Nähe des Gimbacher Hofs am Staufen und gehört heute zum Frankfurter Stadtwald.
Sindlingen wuchs weiter in Richtung Zeilsheim und Hattersheim. Am Dalles ersetzte der „Mainzer Hof“ nach 1850 eine frühere Ziegelei. Auf fast 600 Einwohner war der Ort gewachsen. Weiter nördlich entstand ein erstes Haus im Feld. Neben diesem Gasthaus „Zur Eisenbahn“ auf halbem Weg zur Bahnlinie lockte bald das Union-Lichtspielhaus, Sindlingens Kino, an das sich viele der Älteren noch erinnern. All diese Häusern vom Ende des 19. Jahrhunderts besitzen riesige Gewölbekeller. „Da drin lagert der Ebbelwoi“, sagte Tratt. Bis zur Friedenseiche reichte nun die Bebauung. Und es ging weiter. „Nach Gründung der Farbwerke muss ein unwahrscheinlicher Bauboom eingesetzt haben“, erzählte der Archivar. Speziell für die leitenden Angestellten entstand 1906 in der Verlängerung der heutigen Gustavsallee (heute Werksgelände) eine Villenkolonie. Die 21 Jugendstilhäuser wurden allerdings 1954 abgerissen. Auch das Kapellchen am Dalles, das auf einem Foto von der Mobilmachung 1914 im Stadtteilkalender neben dem Wiegehäuschen zu sehen ist, verschwand. Überdauert haben die baulich schöne Meister-Schule (1910/11) und ihre Turnhalle, in der während des Ersten Weltkriegs ein Lazarett eingerichtet wurde. Erhalten sind auch viele Häuser mit Backsteinfassaden aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts, als Sindlingen rund 3500 Einwohner zählte. Nach der Eingemeindung nach Höchst, in den 20-er Jahren, wurde speziell für die Farbwerksarbeiter die Siedlung „Höchst West“ beidseits der heutigen Bahnstraße, zwischen den Gleisen zweier Bahnstrecken, geplant. Die „Gartenstadt“ wurde nur teilweise verwirklicht und steht heute unter Denkmalschutz. Die letzte große Erweiterung erfolgte nach dem Zweiten Weltkrieg und bis in die 70-er Jahre hinein, als es galt, möglichst viel Wohnraum in kurzer Zeit zu schaffen. Damals entstanden Sindlingen-Nord und die Hermann-Brill-Siedlung in Blockbauweise.
Heute hat Sindlingen rund 9000 Einwohner. Die vielen Einkaufsläden entlang der Bahnstraße und die großen Saalwirtschaften sind längst verschwunden. Doch die Erinnerung daran ist noch lebendig, wie sich ein ums andere Mal zeigte: Wann immer Tratt Bilder früherer Geschäfte zeigte, ging ein Raunen durch den Saal. hn

Die Turnhalle der Meister-Schule diente während des Ersten Weltkriegs als Lazarett.

Die Turnhalle der Meister-Schule diente während des Ersten Weltkriegs als Lazarett.

Der alte Sindlinger Kern auf einer Zeichnung von Pfarrer Scheh. Oben ist das fränkische Gräberfeld eingezeichnet, unten der erst viel später entstandene Meister-Park skizziert. Der „Dalles“ liegt noch außerhalb des Dorfs.

Der alte Sindlinger Kern auf einer Zeichnung von Pfarrer Scheh. Oben ist das fränkische Gräberfeld eingezeichnet, unten der erst viel später entstandene Meister-Park skizziert. Der „Dalles“ liegt noch außerhalb des Dorfs.

Eins der wenigen Fotos der Villenkolonie. Es entstand während des Hochwassers 1924.

Eins der wenigen Fotos der Villenkolonie. Es entstand während des Hochwassers 1924.

Blick vom Main auf Sindlingen anno 1830. Links das Allesina/Schweitzersche Herrenhaus, rechts der Kirchturm von St. Dionysius mit dem neuen, nun nicht mehr direkt daran angebauten Kirchenschiff.  Fotos: Archiv Sindlinger Heimat- und Geschichtsverein

Blick vom Main auf Sindlingen anno 1830. Links das Allesina/Schweitzersche Herrenhaus, rechts der Kirchturm von St. Dionysius mit dem neuen, nun nicht mehr direkt daran angebauten Kirchenschiff. Fotos: Archiv Sindlinger Heimat- und Geschichtsverein

 

Überraschung im Kaninchenstall – „Brauni“ sorgt für Nachwuchs

Überraschung im Kaninchenstall

„Brauni“ sorgt für Nachwuchs

Sind die süß! Kleine Fellknäuel kuscheln sich im Kaninchenkasten bei Familie Peters aneinander. Gleich zweimal stellte sich dort in den vergangenen Wochen Nachwuchs ein. Dabei waren Sohn Leif, mit seinen neun Jahren schon ein großer Tierfreund, seine kleine Schwester Ida und die Eltern Sonja und Jörg Peters eigentlich davon ausgegangen, dass sich nur Weibchen in dem Gehege aufhalten.
„Wir hatten schon immer Kaninchen“, berichtet Sonja Peters. Den Kindern ist der Umgang mit den Tieren vertraut. Leif kümmert sich fast alleine um den Mini-Zoo, füttert die Tiere vor der Schule, lässt sie ins Freie, gibt ihnen mittags Gemüse zum Knabbern und sieht zu, dass sie abends wieder in ihre Ställchen hoppeln. Als ein Lieblings-Kaninchen starb, waren zwar immer noch vier da, „aber wir waren doch ein wenig traurig. Deshalb haben wir wieder eins dazu genommen“, berichtet Mutter Sonja. Leif durfte sich beim Kleintierzuchtverein ein vermeintliches Weibchen aussuchen. Er taufte es „Brauni“ wegen des schönen braunen Fells. Die Tiere gewöhnten sich bald aneinander. Und dann lagen Mitte November Kaninchen-Babys im Nest. Quasi über Nacht „waren auf einmal fünf kleine Hasen da“, sagt Sonja Peters. Vater: Brauni. „Wir haben ihn kastrieren lassen. Aber bis das richtig wirkt, können drei Wochen vergehen“, wissen die Tierfreunde. Anscheinend nutzte Brauni die Zeit, um nochmal ein Weibchen zu beglücken. Jedenfalls benahm sich eines drei Tage vor Weihnachten ein wenig seltsam – und brachte dann vier Junge zur Welt. So tummelten sich zu Jahresbeginn fünf Kaninchen und neun Kaninchenbabys im Gehege. Gut, dass Leif zu Weihnachten einen weiteren Stall geschenkt bekommen hat! Zwischenzeitlich sind die meisten der Babys an Bekannte vermittelt. Drei behalten Peters‘ selbst – „Es ist einfach schön zu beobachten, wie aus den nackten Babys Wollhaufen und nach und nach kleine pelzige Tiere werden“, finden sie. Und ebenso schön ist es, so ein Tierchen im Arm zu halten und es zu streicheln. hn

Die niedlichen Kaninchen haben es Leif und Ida angetan. Fotos: Michael Sittig

Die niedlichen Kaninchen haben es Leif und Ida angetan. Fotos: Michael Sittig

Dicht an dicht sitzen die Kaninchenjungen in ihrem Kasten.

Dicht an dicht sitzen die Kaninchenjungen in ihrem Kasten.

Leserbrief: Baugebiete in Sindlingen – wer vergibt hier welche Chancen?

Leserbrief

Baugebiete in Sindlingen – wer vergibt hier welche Chancen ?

Es wirkt manchmal schon etwas befremdlich, wenn man in regelmäßigen Abständen über die lokale Presse die Zukunftsvisionen unserer Politiker lesen darf, wie sie sich unser Glück in unserem Stadtteil vorstellen. Vieles ist sicherlich im Sinne des Sindlinger Bürgers und wir können uns glücklich schätzen, dass Unzulänglichkeiten durch unsere gewählten Volksvertreter im Ehrenamt vorangetrieben und in vielen Fällen auch zum Abschluss gebracht werden. Respekt an dieser Stelle für die Beharrlichkeit und den zeitlichen Aufwand, der in der Regel in der Freizeit geleistet wird.
Es beschleicht jedoch nicht nur uns ein ungutes Gefühl, wenn von den Spitzen der beiden großen Parteien städtebaulich schwadroniert wird. Da wird mit einer Selbstverständlichkeit über die Entwicklung neuer Baugebiete diskutiert, deren (Un-) Sinnhaftigkeit sich allerhöchstens den inneren Zirkeln der Fraktionen erschließen mag. Den neutralen Beobachter solch abstruser Diskussionen beschleicht das ungute Gefühl, dass die „Machermentalität“, der tief verwurzelte Wunsch, an den großen Rädern der Stadtpolitik doch ein wenig mitdrehen zu wollen, unverändert unsere politischen Vertreter antreibt. Dann holt man auch gerne mal so abgenutzte Worthülsen aus der politischen Rhetorikkiste wie beispielsweise die der „verwehrten städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeit für den Stadtteil“. Mal ganz ehrlich: Wer hat im Jahr 2014 noch den Wunsch nach städtebaulicher Entwicklung in Form von neuen Baugebieten in Sindlingen und wer freut sich ganz konkret, wenn 1000, 2000 oder gar bis zu 4000 neue Einwohner das Wirtschaftswunder nun endlich auch zu uns bringen ? Klar, dann gibt’s vielleicht noch einen Alde mehr, vielleicht noch einen Lidl direkt daneben, eventuell einen größeren Rewe – und dann bezahlen die neuen Mitbürger ja auch noch Steuern. Na prima, genau darauf haben die Sindlinger gewartet!
Ist es unverschämt und unsozial, wenn wir heute für die wenigen Freiflächen in und um Sindlingen herum eine Nutzung einfordern, die dem Menschen, dem Sindlinger Bewohner tatsächlich die Fortentwicklung der „weichen Standortfaktoren“ erlebbar macht und die die doch wohl allseits unbestrittenen Belastungen in unserem Ballungsgebiet mit Großflughafen, Verkehrsknotenpunkt europäischer Bedeutung und einem oppulenten Industriepark mit fortwährenden Expansionswünschen etwas versucht abzumildern ? Würden wir eine Entwicklungschance vertun, wenn wir das potenzielle Baugebiet Sindlingen-Süd mit Nachdruck zu einer unbebauten Restfläche mit Wiederbelebung der nur noch fragmentarisch vorhandenen alten Streuobstwiesen entwickelten?
Und könnte im Erschließungsgebiet Sindlingen-West nicht für den Erhalt der Freiflächen mit Fortführung der landwirtschaftlichen Nutzung unter Aufwertung des Areals durch Spazierwege und Neugliederung mit Gehölzen, Baumgruppen und Bereichen, wo sich Kinder noch fernab von viel befahrenen Straßen austoben können, gestritten werden ? Warum heißt städtebauliche Entwicklung immer Baugebietsausweisung? Geht man davon aus, dass solche Wohnquartiere frei von negativen Auswirkungen wie Lärm und zusätzlichen Verkehrsbelastungen für den gesamten Stadtteil zu entwickeln sind?
Deshalb meine Bitte an unsere ehrenwerten Volksvertreter: Setzen Sie sich für das ein, was der Sindlinger Bürger möchte und nicht für das, was die Fraktion im stillen Kämmerlein – egal ob im Ortsbeirat oder im Frankfurter Römer – als heilsbringend für das Land ausbaldowert hat. Vertreten Sie bitte Sindlinger Interessen! Machen Sie Ihre Bebauungsabsichten zum zentralen Wahlkampfthema – mit Ortsterminen und klarer Darstellung dessen, wie die in Rede stehenden Flächen zukünftig aussehen werden. Sagen Sie den Sindlingern, was der Landschaftsplan für den Frankfurter Westen aussagt und wie es mit unserer Luftqualität bestellt ist und warum Sie in Kenntnis der Fakten sich für eine weitere Versiegelung der Landschaft einsetzen! Klären sie auf über die Art der Bebauung. Holen Sie sich den Auftrag der Wähler! Wir brauchen qualitätvolle Weiterentwicklung im Sinne der Menschen, die hier mit ihren Kindern leben wollen. Freiflächen gehören heute zu den höchsten Gütern in den stark verstädterten Ballungsräumen unserer Republik. Ziele, die städtebaulich vor Jahrzehnten mal angedacht und für sinnvoll erachtet wurden, verdienen heute eine kritische Hinterfragung. Wenn jedoch ein solcher Denkanstoß wieder einmal vor dem Hintergrund des „immer und immer weiter“ und „wir brauchen doch Wachstum“ ungehört verhallt, bleibt nur die Hoffnung, dass die Einzelfallprüfung nach Seveso II noch lange dem Expansionsdrang unserer Parteioberen und dem (angeblichen) Wohl der Sindlinger entgegensteht!
Fam. A. Schubert, Imkerweg

Heimspiel für Kasper, Seppel und Thomas Szymanski – Das „Frankfurter Puppentheater“ ist im Bürgerhaus zuhaus

Kultur

Heimspiel für Kasper, Seppel und Thomas Szymanski

Das „Frankfurter Puppentheater“ ist im Bürgerhaus zuhaus

Der Lausbub „Seppel“ ist ihm mit der Liebste. An „Gerda“ hängt Thomas Szymanski auch. „Sie gehört immer dazu, mit ihrer Frankfurter Klappe“, schmunzelt der Puppenspieler. Die Handpuppe Gerda begrüßt öfter mal das Publikum im Sindlinger Bürgerhaus. Das ist seit 2008 die Stamm-Spielstätte des unscheinbaren Mannes mit der hohen Stirn. Dort lagern viele seiner rund 200 Puppen, die Bühne, Kulissen und Spielpläne des „Frankfurter Puppentheaters“.
„Ursprünglich habe ich zehn Jahre lang in St. Nikolai am Zoo gespielt“, berichtet er. Als der Raum nicht mehr zur Verfügung stand, suchte er eine neue Spielstätte. Mit dem Besitzer des Sindlinger Bürgerhauses wurde er schnell einig, „und dann bin ich eingezogen“, sagt er. „Mittlerweile bin ich ganz gut etabliert. Ich habe ein Stammpublikum, und es kommen auch immer wieder neue Gäste“.
Fast jedes Wochenende steht Thomas Szymanski erst im Foyer, um Eintrittskarten, Kuchen und Getränke zu verkaufen, und dann hinter der Bühne. „Ich mache alles allein“, sagt er. Auch seine Stücke mit Titeln wie „Willibald der Fuchs und seine Waldabenteuer“, Drollos neue Abenteuer“, „Seppels Ritt auf der Tilli“ oder „Kasper und das verzauberte Auto“ schreibt er selbst. „Seppels Abenteur im Eisland“ mit der neuen Figur des Schneekobolds soll bald Premiere haben, ebenso „Knirps, der kleine Schneemann“. Sogar manche Puppe ist mittlerweile eine Eigenproduktion. Die meisten jedoch stammen aus dem Harz, sind im Hohensteiner Stil gehalten. Anfangs begnügte sich Szymanski mit den Klassikern, mit Kaspar, Seppel, Räuber, Prinzessin und Polizist. Mit den Jahren wuchs seine Puppenfamilie. Er besitzt Figuren für die Aufführung des Faust, sieben Zwerge für Schneewittchen und viele, die nach seinen eigenen Vorstellungen und den Maßen seiner Hand gearbeitet wurden, etwa einen Kapitän, Matrosen und weitere Unikate. Gemeinsam ist allen, dass sie mit drei Fingern geführt werden: Der Zeigefinger trägt den Kopf, Daumen und Mittelfinger bewegen die Arme. All das geschieht über Thomas Szymanskis Kopf. Die Arme in die Höhe gereckt, die Puppen aufgesetzt, geht, hüpft, schleicht oder läuft er für das Publikum unsichtbar hinter der Bühne hin und her. Nur so wirkt die Bewegung lebensecht. „Man muss wissen, wie eine Figur kommt und geht“, sagt er, „das ist ein richtiges Handwerk. Puppenführen will gelernt sein“.
Daran hat Thomas Szymanski sicher nicht gedacht, als er die ersten Vorstellungen gab. Schon als Zehnjähriger spielte er jüngeren Kindern kleine Stücke vor. Die Augsburger Puppenkiste und die Sesamstraße faszinierten ihn. Doch als er älter wurde, rückte das alles in den Hintergrund. Er lernte Krankenpfleger, heiratete, betrieb nur nebenbei ein wenig Puppenspiel. In Frankfurt begann er Anfang der 80-er Jahre, dem Hobby wieder mehr Raum zu geben. Er besuchte einen Lehrgang Handpuppenspiel, in dem er den ersten Schliff in der anspruchsvollen Kunst erhielt. Der Treburer Puppenspieler Franz Heinz Wolf nahm ihn unter seine Fittiche, baute ihm die Bühne. Thomas Szymanski besuchte Lehrgänge zu moderner Puppenführtechnik und wie man alles alleine bewältigen kann. Fünf Jahre lang bildete er gemeinsam mit anderen eine Amateurgruppe. „Es war eine schöne Zeit, ich habe viele Erfahrungen gesammelt“, sagt er. Seit 2007 betreibt er die Puppenspielerei professionell.
„Ich bin Puppenspieler mit Leib und Seele“, sagt Thomas Szymanski. Das spüren die Zuschauer. Viele kommen regelmäßig, oft sitzen 30, 40 oder mehr Besucher vor der Bühne. Aber auch, wenn nur fünf kommen, gibt Thomas Szymanski alles. „Hauptsache, sie gehen raus und sagen: Das war toll. Wir kommen wieder“, findet er.
Geeignet sind die Stücke für Kinder ab drei, vier Jahren. Eine Vorstellung dauert im Schnitt 45 Minuten. Der Eintritt kostet für Erwachsene fünf, für Kinder vier Euro. Als zusätzlichen Anreiz veranstaltet der Puppenspieler eine Tombola mit den Nummern der Eintrittskarten. Zu gewinnen sind Freikarten oder ein Auftritt bei einem Kindergeburtstag zum Sonderpreis. Denn mit einer transportablen Bühne kann Thomas Szymansik auch außerhalb des Bürgerhauses Kasper, Seppel, Gerda und Co zum Leben erwecken. hn

Infos: Thomas Szymanski, Telefon (069) 49 59 73, mobil: 0173 47 28 200, Internet: www.kasper3757.beepworld.de

Hallo Kinder! Regelmäßig spielt Thomas Szymanski mit seinem Frankfurter Puppentheater im Sindlinger Bürgerhaus. Foto: Michael Sittig

Hallo Kinder! Regelmäßig spielt Thomas Szymanski mit seinem Frankfurter Puppentheater im Sindlinger Bürgerhaus. Foto: Michael Sittig

 

Der Spielplan:

16. Februar: Drollos neue Abenteuer oder der Zauberhonig
22. Februar: „Seppels Ritt auf der Tilli“

Im März:
1.: „Kasper und das verzauberte Auto“
2.: „Gunda, das Riesenschwein“
8: „Schnüffelchens Abenteuer“
9.: „Kasper und der geheimnisvolle Brief“
15.: „Die Abenteuer von Stups, dem Erdmännchen“
16.: „Die Goldene Säge“
22.: „Die Goldene Milchkanne“ (Premiere)
29.: „Der Diebstahl vom Försterhaus“
30.: „Kasper und das Gespenst von der Burg Falkenstein“.

Die Stücke eignen sich für Kinder ab drei Jahren. Beginn der Vorführungen ist jeweils um 15.30 Uhr, Spieldauer rund 45 Minuten. Der Eintritt kostet für Erwachsene fünf, für Kinder vier Euro. Die weiteren Termine stehen im Internet unter www.kasper3757.beepworld.de