Category: August

Heimat und Geschichtsverein: Blick in die Nähschule und ins Lazarett

Heimat- und Geschichtsverein

Blick in die Nähschule und ins Lazarett

Beim Ranzenbrunnenfest gibt’s den neuen Stadtteilkalender

Eine farbige Ansichtskarte mit „Sindlinger Motiven“ um das Jahr 1915 schmückt den neuen „Stadtteilkalender 2015“, den der Sindlinger Heimat- und Geschichtsverein in diesem Jahr schon zum 18. Male anbietet. Wie schon früher wird er zunächst auf dem Ranzenbrunnenfest am 6. September und danach in verschiedenen Geschäften zum Verkauf angeboten werden.
Dabei liefert dieser Kalender erneut einen Überblick über die jüngere Vergangenheit unseres Ortes. Die Bilder beschäftigen sich zum Teil mit erinnerungswürdigen Ereignissen, die sich 2015 jähren. So erinnert zum Beispiel ein Bild an die erste Sindlinger Fußballmannschaft nach dem Zweiten Weltkrieg 1945; ein Foto zeigt die Zweckentfremdung der Turnhalle als Lazarett im Ersten Weltkrieg, ein anderes erinnert an ein Konzert des Harmonika-Orchesters, das 1945 gegründet wurde.
Außerdem finden sich im Kalender alte Aufnahmen etwa vom Sindlinger Dalles und von der alten Nähschule im St.Josefs-Haus. Selbstverständlich finden auch Alters-Jubilare im neuen Kalender ihren Niederschlag: Die Mädchen des Schuljahrgangs 1935 werden mit ihrer Lehrerin Fräulein Brenner in einem Gruppenbild vorgestellt, ebenso zeigen die Mädchen des Jahrgangs 1944/45 ihr turnerisches Talent auf dem Schulhof der Meisterschule.
Insgesamt vermitteln die 13 Schnappschüsse einen tieferen Einblick in die jüngere Vergangenheit unseres Ortes.
Zum Sonderpreis von sechs Euro kann dieses Schmuckstück, das mit einer Spiralheftung versehen ist, während des Ranzenbrunnenfestes am Stand des Sindlinger Geschichtsvereins erworben werden. Danach ist der Kalender bei Anneliese Hedtler (Okrifteler Straße), Axel Wagenknecht (Westenbergerstraße), im Sindlinger Lotto-Laden Mario Lauria (Bahnstraße) und bei Klaus Moos (Huthmacherstraße) zum Preis von sieben Euro erhältlich. df

Fronleichnamsprozession um 1960

Fronleichnamsprozession um 1960

Die alte Ladentheke der Metzgerei Fischer/Merz um 1930

Die alte Ladentheke der Metzgerei Fischer/Merz um 1930

kurze Berichte: Lautsprecher in der Trauerhalle / neue Ampel / neu gepflastert

Lautsprecher instand setzen

Die Lautsprecher der Trauerhalle auf dem Sindlinger Friedhof funktionieren nicht. „Trotz intensiver Bemühungen ist es dem Personal auf dem Friedhof nicht gelungen, die Lautsprecher so instand zu setzen, dass alle Trauergäste die Ansprache des Pfarrers verstehen konnten. Das hat zu verständlicher Verärgerung geführt“, berichtet SPD-Ortsbeirat Claus Lünzer von einer Beerdigung. Deshalb hat er nun einen Antrag für den Ortsbeirat vorbereitet. Darin wird der Magistrat gebeten, die Lautsprecheranlage, am Sindlinger Friedhof zu überprüfen und instand zu setzen. „Es ist den Trauergästen nicht zuzumuten, dass die Trauerrede im Vorraum und auf dem Gelände vor der Kirche nicht zu verstehen ist beziehungsweise nicht oder nicht richtig übertragen wird“, führt Lünzer aus.
Ampel statt Zebrastreifen

Grünes Licht für eine Fußgängerbedarfsampel hat der Magistrat der Stadt Frankfurt gegeben. Auf Anregung des SPD-Ortsbeirats, Claus Lünzer wurde am Fußgängerüberweg Heussleinstraße/Sindlinger Bahnstraße eine Verkehrszählung durchgeführt. Diese hat ergeben , dass die Voraussetzungen für eine Fußgängerbedarfsampel gegeben sind. Das Vorhaben wird auf die Vormerkliste für Lichtsignalanlagen gesetzt, teilt Lünzer mit.
Neu gepflastert

Seit einigen Wochen haben sich Anlieger über herausstehende Steine am Ranzenbrunnenplatz beschwert, berichtete SPD-Ortsbeirat Claus Lünzer. Ursache waren die Wurzeln eines Baumes, die die Steine herausgedrückt haben. Bei einer Besichtigung wurde nun festgestellt, dass der Baum erhalten werden kann. Durch das Kappen der Wurzeln und neues Verlegen der Steine wurde die Stolperfalle beseitigt.

Termine August

VdK Sindlingen

Sozialrecht
Am Freitag, 22. August, bietet Renate Fröhlich eine offene Sprechstunde zum Sozialrecht an. Von 16 bis 18 Uhr informiert sie in den Räumen des Seniorenverbandes, Edenkobener Straße 20a, über das Schwerbehindertenrecht und hilft beim Ausfüllen von Kur- und Wohngeldanträgen.

Stammtisch
Zum nächsten Stammtisch lädt der Vorstand des VdK am Donnerstag. 14. August, alle Mitglieder ein. Das gemütliche Beisammensein im „Loch“ (Gaststätte zur Mainlust) beginnt um 18 Uhr.

Nach Okriftel
Den Nachbarn statten VdK und Touristenclub am Sonntag, 10. August, einen Besuch ab: Die Monatswanderung führt nach Okriftel. Startpunkt ist um 10 Uhr am Feierabendweg 2. Bruno Ohlwein, Telefon 37 32 67, bittet um Anmeldung.

 

Eiserne Hochzeit: Happy End auf dem Bauernhof

Eiserne Hochzeit

Happy End auf dem Bauernhof

Nach schweren Kriegsjahren finden Rosel und Herbert Hansen ihr Glück

Er wollte nur Milch holen. Dann ist er geblieben – 65 Jahre lang. Im Juli feierten Rosel und Herbert Hansen Eiserne Hochzeit.
Die Beiden hatten schon viel durchgemacht, als sie sich 1949 auf dem Bauernhof in der Allesinastraße zum ersten Mal begegneten. Herbert Hansen, geboren 1925, stammt aus Westpreußen. Seine Eltern besaßen dort einen landwirtschaftlichen Betrieb. Mit 16 Jahren musste er zum Reichsarbeitsdienst (Bau-Einsatz in Frankreich), wurde anschließend zur Wehrmacht einberufen. In Frankreich überlebte er knapp einen Artillerie-Angriff. Später wurde er verwundet und nach der Genesung nach Russland verlegt. Dort geriet er in Kriegsgefangenschaft. Er überlebte nur aufgrund seiner handwerklichen Fähigkeiten, die er in der Landwirtschaft gelernt hatte. In einem Arbeitslager erkrankte er an Malaria. Dank einer Besichtigung des Lagers durch das Rote Kreuz wurde er in ein Lazarett verlegt, wo er wieder einigermaßen gesundete. Bei seiner Rückkehr 1948 wog er nur noch 40 Kilo. Seine Familie war mittlerweile nach Kiel übergesiedelt, weil dort sein Bruder Helmut arbeitete. Helmut Hansen nahm bald darauf eine Arbeit in den Farbwerken Hoechst an und fand eine Wohnung in der Pfingstbornstraße. Er vermittelte Bruder Herbert eine Anstellung als Freileitungsmonteur in Hattersheim und nahm ihn für zwei Wochen bei sich auf.
In jenen Tagen ging Herbert Hansen zum Milch holen und lernte dabei eine junge Frau kennen: Rosel Spengler, Jahrgang 1923. Geboren in Sindlingen, hatte sie nach der Schule zunächst ein halbes Jahr im Markuskrankenhaus Kochen gelernt. Doch die beiden älteren Brüder fielen im Krieg, der Vater, schwer krank, starb 1948. so musste Rosel Spengler alleine mit ihrer Mutter den elterlichen Hof über die Runden bringen. Die Frauen versorgten Ackerpferde, Kühe, Schweine und Hühner, bauten Kartoffeln, Obst und Gemüse an, ernteten und verabeiteten die Produkte. So war es ein doppeltes Glück, dass Herbert Hansen zum Hoftor herein spazierte. Die beiden jungen Leute verliebten sich ineinander. „Wir waren nur ein halbes Jahr zusammen, dann haben wir geheiratet“, erzählt Rosel Hansen: „Es hat einfach gestimmt“.
Herbert Hansen übernahm den Hof, 1950 kam mit Sohn Walter das erste von vier Kindern zur Welt. Der Bauernhof wuchs. Acht bis zehn Schweine; zwei Zugpferde, zehn Kühe und Kälber standen in den Ställen, Kartoffel- und Getreideanbau im Vordergrund. 1956 kauften Hansens ihren ersten Traktor, später auch eine Melkmaschine. Trotzdem blieb für lange Jahre „Urlaub“ ein Fremdwort. Erst in späteren Jahren gönnte sich das Paar jeweils ein paar Tage Auszeit.
Insgesamt freuen sich Rosel und Herbert Hansen heute über vier Kinder, acht Enkel und drei Urenkel. df/hn

Eiserne Hochzeit feierten Rosel und Herbert Hansen. Foto: Michael Sittig

Eiserne Hochzeit feierten Rosel und Herbert Hansen. Foto: Michael Sittig

Kinder- und Jugendhaus: Sommer, Sonne, Strand 931

Kinder- und Jugendhaus

Sommer, Sonne, Strand 931

Jugendliche aus dem ganzen Westen feiern den Beginn der Sommerferien

Mittelmeer? Südsee? Oder zumindest der Main? Nein, der Sindlinger „Strand 931“ kommt ganz ohne natürliche Gewässer aus. Stattdessen freuen sich die Besucher über zwei Planschbecken, süße Cocktails mit Ananas- und Kokossaft und bunte Blumenketten aus Plastik. Am „Strand 931“ hinter neben dem Abenteuerspielplatz luden die Jugendeinrichtungen des Arbeitskreises Jugend West am letzten Schultag zur „School’s-out“-Party“ und „Summerfeeling“ ein.
In großer Hitze ließ das Gefühl von Sommer, Sonne, Ferien nicht lange auf sich warten. Obwohl sich der Andrang Jugendlicher am frühen Nachmittag noch Grenzen hielt, genossen es die, die da waren, sichtlich, dem Strandleben zu frönen. Marina (15 Jahre), Michelle (13), Franziska (14) und Miryam (14) aus Zeilsheim und Sossenheim zum Beispiel „chillten“ in den Strandstühlen, versuchten sich später auch am Volleyball im Sand und am Besprühen der umgebenden Bast-Sichtschutzwände. Kunstpädagoge Balazs Vesszösi skizzierte mit einer Spraydose die Umrisse von Plamen und zeigte den Jugendlichen dann, wie sie sie ausmalen sollten.
Andere ließen lieber an sich malen – von einem Airbrush-Künstler, der ihnen haltbare Tattoos auf die Haut zauberte. Es gab Essen, Getränke und die Möglichkeit, entweder in der verdunkelten Hütte via Play-Station oder auf dem Beach-Soccer-Feld in echt Fußball zu spielen. Tamara und Jana (beide 16) aus Alt-Sindlingen sahen dabei lieber zu. Sie halfen beim Verkauf der alkoholfreien Cocktails. „Ich komme jede Woche ein bis zwei Mal ins Jugendhaus. Ich finde es gut, wie es dort läuft und wie die Betreuer mit uns kommunizieren. Als es um das Fest heute ging, habe ich angeboten zu helfen“, sagt Jana. Ihre Freundin hat sie mitgebracht. Beide mögen die gemütliche Atmosphäre zwischen Bahngleisen und Kleingärten, umgeben von Büschen und Bäumen.
Schon fünfmal haben die Jugendclubs Unterliederbach, Sindlingen und Georgskeller, die Kinder- und Jugendhäuser Sindlingen und Sossenheim, das Höchster Jukuz, der Jugendmigrationsdienst Höchst und das Jugendbüro Impuls zum „Summerfeeling“ eingeladen. „Das waren immer drei Tage im Jukuz in Höchst in der ersten Ferienwoche“, erklärt Melanie Klös vom Jugendclub der Caritas in Unterliederbach. In diesem Jahr jedoch wird dort saniert, stehen die Räume nicht zur Verfügung. „Deshalb sind wir hierher ausgewichen“, sagt Mathias Schlossarek vom Sindlinger Jugendhaus. Vor einem Jahr wurde der Strand 931 eingeweiht. Da bot es sich an, das Einjährige im größeren Rahmen zu feiern. „Es ist natürlich auch ein bisschen Werbung für uns“, findet Christina Göhre, Leiterin des Sindlinger Hauses. Jugendliche aus den anderen Stadtteilen waren bislang kaum welche hier. Gefallen hat es allen.
Für die Jugendlichen aus Sindlingen war der Nachmittag am Strand die letzte Veranstaltung vor den Ferien. Das normale Wochenprogramm im Kinder- und Jugendhaus beginnt erst wieder am 8. September. hn

Spaß im Sand: Beach-Volleyball und Beach-Soccer (Fußball) gehörten zum Programm bei der Party zum Schuljahresende. Foto: Hans-Joachim Schulz

Spaß im Sand: Beach-Volleyball und Beach-Soccer (Fußball) gehörten zum Programm bei der Party zum Schuljahresende. Foto: Hans-Joachim Schulz

Hanni Löllmann feiert 100. Geburtstag

„Ohne meine Familie hätt’ ich das nie geschafft!“

Hanni Löllmann feiert 100. Geburtstag

„In Sindlingen kann man nicht leben, da schädigt die Industrieluft die Gesundheit!“. Dass dieser Ausspruch falsch ist, belegt der 100. Geburtstag einer (Ur-)Sindlingerin, Johanna Löllmann, genannt Hanni. Sie feierte am 9. Juli im Kreise ihrer Familie diesen besonderen Tag
Hanni Löllmann wurde in den letzten Tagen vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges in Frankfurt geboren und wohnte zeitlebens in Sindlingen. Sicher, an die Schrecknisse des Krieges kann sie sich nicht mehr erinnern, dafür fiel ihre Kindheit in die Zeit der „Goldenen Zwanziger“. Aktivitäten der unterschiedlichsten Art kennzeichneten ihren Lebensweg. „Ich war eine gute Schülerin, die Schule hat mir Spaß gemacht“, bekennt sie noch heute im Rückblick auf ihre Kindheit. Sie liebte den Kontakt mit Menschen, was sich darin zeigte, dass sie gerne im Lebensmittelgeschäft ihrer Großeltern (Gräf) in der Allesinastraße 11 aushalf.
Mit 22 Jahren heiratete sie Peter Löllmann, ebenfalls einen „alten Sindlinger“, der in zahlreichen Vereinen (Karnevalverein, Radfahrer-Verein) aktiv war. Dennoch blieb ihr Leben nicht von Schicksalsschlägen verschont. 1937 gebar sie ihre erste Tochter, die leider schon mit vier Jahren verstarb. „Das war schlimm, das kann ich bis heute nicht vergessen“, sagt Hanni Löllmann. Allerdings konnte sie noch zwei weiteren Töchtern das Leben schenken, Alice und Gabi. Diese beiden Kinder brachten wieder Freude ins Haus, bis heute, wo sich zu den beiden Töchtern zwei Enkelinnen, ein Enkel sowie zwei Urenkel und eine Urenkelin gesellten.
Dass Frau Löllmann mit 52 Jahren ihren Führerschein erwarb, belegt ihre lebensbejahende Grundeinstellung, die allerdings den frühen Tod ihres Mannes im Jahre 1972 verkraften musste. Auch dieser Schicksalsschlag warf sie nicht aus der Bahn, sie nahm ihr Leben – unterstützt von der Familie – noch fester in die Hand. „Ich war immer neugierig auf das, was in der Welt um mich herum geschah“, bekennt die Jubilarin. Reisen ins In- und Ausland kamen dieser Grundeinstellung entgegen, das politische Geschehen, die Vorgänge in der Kirche, das alles beobachtete sie mit wachem und kritischen Geist. Entspannung und auch Aufregung erlebte sie gerne am Fernseher: Tennis und Skifahren fesselten sie mit großer Intensität. Leider konnte sie dieser Leidenschaft in den letzten Jahren nicht mehr nachgehen, da das Augenlicht immer mehr nachließ. Da musste die Familie mit Erzählungen einspringen. Auf diese Familie ist sie besonders stolz: „Es ist ein Gottesgeschenk, solch eine Familie zu haben. Ohne sie hätte ich diesen Geburtstag nie und nimmer erlebt, ja auch nicht erleben wollen!“ df

Johanna Löllmann feierte ihren 100. Geburtstag. Foto: Michael Sittig

Johanna Löllmann feierte ihren 100. Geburtstag. Foto: Michael Sittig

Stadtteilbücherei/Kinder- und Jugendhaus: Mit Büchern in den Himmel fliegen

Stadtteilbücherei/Kinder- und Jugendhaus

Mit Büchern in den Himmel fliegen

Graffito voller Symbole – Kinder gestalten ein Panorama

Ein schönes Entree haben Stadtteilbücherei und Kinder- und Jugendhaus bekommen. Ein eindrucksvolles Wandgemälde ziert nun die vorher kahle und häufig beschmierte Wand am Zugang von der Heussleinstraße. Kinder und Jugendliche haben das Graffito unter Anleitung des Kunstpädagogen Balazs Vesszösi, Künstlername „Bo“, gestaltet.
Das taten sie während der Jubiläumsfeier des Bauvereins und bereicherten damit das Programm. Die Genossenschaft hatte auch die nötigen Mittel bereit gestellt, das Denkmalamt zugestimmt. Während auf dem zentralen Platz die ersten Reden zur 100-Jahrfeier gehalten wurden, markierte Vesszösi die ersten Linien an der Wand und schnitten Kinder und Jugendliche Schablonen für kleinere Elemente zurecht. Anschließend wurden alle mit Schutzkleidung, Atemschutz und Farbdosen ausgestattet und gingen daran, das Bild zu verwirklichen. „Ich habe darauf geachtet, es mit Silhouetten und einfachen Motiven so zu gestalten, dass es Kinder umsetzen können“, erklärt der freischaffende Kunstpädagoge aus Offenbach. Gleichzeitig sollte es auf Wunsch der Sindlinger Beteiligten einen Bezug zum Gebäude herstellen.
Entstanden ist eine Landschaft in Sonnenuntergangsfarben. Strommasten wie diejenigen in der Umgebung sind zu sehen, von denen Drähte wie Linien wegführen und so die Verbindung schaffen zu Noten und Violinschlüsseln – ein Hinweis auf Hörbücher, CDs und weitere Audio-Medien im Fundus der Bücherei. Für die Bücher wünschte sich Leiterin Annette Moschner ein lebendiges, dynamisches Symbol, und sie bekam es auch. Bücher erheben sich in die Luft, verwandeln sich in Vögel. Aber nicht alles fliegt. Ein markanter Baum als tragendes Element vermittelt Stabilität und führt, im übertragenen Sinn, direkt ins Reich der Bücher. Vorbild nämlich ist eine Robinie, die in die Bücherei hineinschaut.
Dass Bücherei und Kinder- und Jugendhaus eng zusammen arbeiten, zeigte sich nicht nur bei der gemeinsamen Planung und Ausführung, sondern auch in der Zusammensetzung der Ausführenden. „Die Kinder und Jugendlichen besuchen beide Einrichtungen“, sagt Annette Moschner. Für Christina Göhre, Leiterin des Kinder- und Jugendhauses, kam auch noch ein anderer Aspekt zum Tragen: „Es geht darum, dass Kinder ihren Stadtteil mit gestalten“. hn

Kunst aus der Dose: Graffiti-Künstler Balazs Vesszösi und Christina Göhre, Leiterin der Stadtteilbücherei, vor dem neuen Wandbild. Foto: Hans-Joachim Schulz

Kunst aus der Dose: Graffiti-Künstler Balazs Vesszösi und Christina Göhre, Leiterin der Stadtteilbücherei, vor dem neuen Wandbild. Foto: Hans-Joachim Schulz

HSG Sindlingen/Zeilsheim: Kugel statt Ball

HSG Sindlingen/Zeilsheim

Kugel statt Ball

Handballtag: Veteranen entdecken das Boule-Spiel

Chillen, Grillen, Handball spielen – der Handballtag der Spielgemeinschaft Sindlingen/Zeilsheim folgt keinem festen Programm, hat aber feste Bestandteile. Kinder-, Jugend- und Aktivenmannschaften verbringen einmal im Jahr einen Nachmittag gemeinsam auf der Freifläche hinter dem Turnerheim. Dort haben die Handballer vor etlichen Jahren ein Rasen- und Sandspielfeld angelegt. Im Sommer nutzen sie es gerne zum Training, am Handballtag auch zum Feiern. Eltern bestücken eine umfangreiche Kuchentheke und bringen Salate mit. Im Schatten der Bäume sitzend sehen sie zu, wie sich ihre Kinder beim Beach-Handball austoben. Auch die Erwachsenen tragen die eine oder andere Partie im Sand aus, was ganz andere Bewegungen erfordert als auf dem Rasen oder in der Halle. Neben Eltern und Aktiven kommen auch die Veteranen gerne zum Zuschauen. Bei den meisten liegt die eigene aktive Zeit schon lange zurück, doch die Bindung an den Verein ist geblieben. Manche haben Kinder oder Enkel, die in der HSG spielen, manche sind als Helfer bei Heimspielen unverzichtbar, wieder andere haben noch lange nach Ende der eigenen Spielerkarriere als Schiedsrichter dafür gesorgt, dass Jüngere dem schnellen Sport nachgehen können.
Manche haben am Handballtag ein neues Hobby für sich entdeckt. Unter Federführung von Volker Walter nämlich ist ein Eigenarbeit am südlichen Ende des Platzes ein Pétanque-Feld entstanden. Walter und Manfred Bocklet erklärten den Althandballern und Althandballerinnen die Regeln, drückten ihnen Boule-Kugeln in die Hand und ließen sie machen. Die fanden rasch Gefallen daran, die schweren Metallkugeln möglichst nah ans „Schweinchen“ zu bugsieren – auch wenn die Wurfhaltung eine völlig andere ist als beim Handball. Am Ende vereinbarten Bocklet und Albrecht Fribolin, künftig jeden Freitag eine offene Boule-Runde anzubieten. Wer Lust dazu hat, ist freitags von 14 bis 16 Uhr willkommen. hn

Nicht zimperlich: Beim Handballspiel Frauen gegen Männer setzt sich Rahel Kutscher durch.

Nicht zimperlich: Beim Handballspiel Frauen gegen Männer setzt sich Rahel Kutscher durch.

Frei zum Wurf kommt Luisa Schultheiß.

Frei zum Wurf kommt Luisa Schultheiß.

Balljongleur: Leon Müller.

Balljongleur: Leon Müller.

Handball im Sand machte auch den Kindern Spaß.

Handball im Sand machte auch den Kindern Spaß.

Sprung- und wurfstark: Jana Pickel. Fotos: Michael Sittig

Sprung- und wurfstark: Jana Pickel. Fotos: Michael Sittig

Spaß auf der Boule-Bahn hatten die Althandballer (von links) Jürgen Bocklet, Karl Heinz Flegel, Manfred Bocklet und Albrecht Fribolin.

Spaß auf der Boule-Bahn hatten die Althandballer (von links) Jürgen Bocklet, Karl Heinz Flegel, Manfred Bocklet und Albrecht Fribolin.

TV Sindlingen: Lieber Sport als Party

TV Sindlingen

Lieber Sport als Party

Judo: Anisha Arenz kämpft sich nach vorn

Judo ist ihr Ding. Anisha Arenz vom TV Sindlingen betreibt die Kampfsportart seit zehn Jahren. Bei den hessischen Meisterschaften ihrer Alters- und Gewichtsklasse (U18-Juniorinnen bis 57 Kilogramm) wurde sie Fünfte, verpasste so knapp die Qualifikation für die südwestdeutschen Meisterschaften. Aber vor kurzem, bei einem Weltranglistenturnier in der Schweiz, stand die Siebzehnjährige aus Sindlingen als Dritte auf dem Treppchen. Und auch beim 18.Internationalen Rhein-Ahr-Turnier in Remagen hat sie den dritten Platz belegt.
„Es macht mir einfach Spaß“, schildert Anisha Arenz ihre Motivation, viel zu trainieren und manches zu lassen. „Ich verzichte auf Partys, mache lieber Sport stattdessen“, sagt sie. Neben der wöchentlichen Übungseinheit in der Judo-Abteilung des TVS trainiert sie zweimal in der Woche mit Trainer Javier Testart in Hattersheim und auch noch in Wiesbaden in einem Club. 19 Stunden Training kommen so in der Woche zusammen. Kein Pappenstil für die Oberstufenschülerin, die zur Zeit die E-Phase (früher: Stufe 11) des Friedrich-Dessauer-Gymnasiums besucht und sich dort für die Leistungskurse Sport und Mathematik entschieden hat. Zumal sie auch noch in der Jugendbetreuung mitarbeitet und bereits selbst als Übungsleiterin im Judo tätig ist. Anisha Arenz ist Trägerin des braunen Gürtels, wird ihren schwarzen Gürtel voraussichtlich im Dezember erwerben und bis dahin noch mehrere Wettkämpfe besuchen. Ihre Familie unterstützt sie nach Kräften. Die Eltern begleiten sie, nehmen die Kämpfe auf Video auf für die anschließende Fehleranalyse und sind erkennbar stolz auf ihre sportliche Tochter. Gleiches gilt für Trainer Javier Testart.
Vor kurzem ist Anisha Arenz beim größten Turnier für Amateure in Deutschland Ende Juni in Sindelfingen angetreten. Mehr als 1000 Teilnehmer aus elf Nationen kamen dort zusammen, waren Nationalmannschaften aus Frankreich England, Belgien, Brasilien, Holland, Ungarn, der Schweiz und Österreich sowie der komplette Verbandskader aus allen Bundesländern vertreten. Die Sindlingerin verlor gleich den ersten Kampf gegen eine Französin. Trotz der Niederlage erhielt sie aber Angebote, zukünftig in mehreren Leistungszentren des hessischen Judobundes zu trainieren. „Somit war es für mich doch erfolgreich“, lautet ihre Bilanz. hn

Anisha Arenz vom TV Sindlingen gilt als großes Judo-Talent. Was sie kann, zeigte sie vor kurzem beim Wäldchesfest auf dem Turnerheim-Gelände. Foto: Michael Sittig

Anisha Arenz vom TV Sindlingen gilt als großes Judo-Talent. Was sie kann, zeigte sie vor kurzem beim Wäldchesfest auf dem Turnerheim-Gelände. Foto: Michael Sittig

Ortsgeschichte: Courage kostet Erich Altmann das Leben

Ortsgeschichte

Courage kostet Erich Altmann das Leben

„Stolperstein“ erinnert an einen, der die Nazis nicht mochte

Seit Juli liegt in Sindlingen ein „Stolperstein“. Eingelassen in den Bürgersteig der Küferstraße, erinnert die kleine Metallplatte an Erich Altmann, der im Konzentrationslager Buchenwald umkam. Er bezahlte seine Zivilcourage mit dem Leben.
Altmann war kein Jude. „Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass Stolpersteine nur für jüdische Opfer der Nazis verlegt werden“, klärt Waltraud Beck auf. Sie engagiert sich in der AG Geschichte und Erinnerung in Höchst, die Schicksale von Nazi-Opfern recherchiert, Paten für Stolpersteine sucht und deren Verlegung vor den früheren Wohnhäusern der Menschen organisiert.
Auf Erich Altmann wurde die AG von seiner Großnichte aufmerksam gemacht. Helena Lehmann (49 Jahre) kannte den Bruder ihrer Oma Christine nicht. Nie wurde über ihn gesprochen, berichtete sie bei einer kleinen Gedenkstunde in der Küferstraße 3 vor etwa 25 Zuhörern. Nur weniges entlockte sie der Oma: Erich wurde als „Sozialist“ bezeichnet, als schwarzes Schaf der Familie, als einer, der sich nicht anpasste. Der Autoschlosser mochte die Nazis nicht, lehnte es ab, ihre Autos zu reparieren oder verzögerte Arbeiten daran.
1942, im Alter von 28 Jahren, wurde der Sindlinger deswegen verhaftet. Er kam ins Arbeits- und Erziehungslager Preungesheim, ließ sich aber anscheinend nicht beirren. 1944 wurde er denunziert, und so stand bald wieder die SS vor der Tür, um ihn zu verhaften. Erich Altmann versteckte sich in der Küferstraße auf dem Dachboden. Seine Schwester Christine, mit einem Neugeborenen auf dem Arm, verwehrte den Männern den Zutritt. Am 29. Mai 1944 aber bekamen sie Erich doch zu fassen. Er wurde zunächst im berüchtigten Polizeigefängnis Frankfurt eingesperrt und übel zusammengeschlagen. Seine Schwester besuchte ihn dort, erkannte ihn kaum, so entstellt war sein Gesicht. „Er flehte sie an, alles zu tun, um ihn da raus zu holen“, gibt Helena Lehmann wieder, was ihre Oma berichtete. Am 13. Oktober 1944 wurde Erich Altmann ins KZ Sachsenhausen gebracht, am 27. November ins KZ Buchenwald. Dort starb er am 24. Februar 1945 im Alter von 29 Jahren an „Herzinnenwandentzündung bei Lungentuberkulose“. Ob die Haftbedingungen im Lager oder medizinische Versuche die Ursache waren, bleibt offen.
Was genau Erich Altmann dazu getrieben hat, passiven Widerstand gegen die Nazi-Herrschaft zu leisten, bleibt unbekannt. Nicht einmal Fotos von ihm sind erhalten. Die Familie schämte sich ihres „schwarzen Schafs“, verschwieg seine Geschichte. Gemeinsam haben Helena Lehmann und Waltraud Beck von der AG Geschichte dennoch viele Daten rekonstruieren können. Sie wissen nun, dass Erich Altmann als jüngstes von vier Kindern am 10. August 1916 in Sindlingen in der Küferstraße geboren wurde, wie seine Geschwister (und später auch seine Großnichte) auf die Meisterschule ging, Autoschlosser lernte und in Höchst arbeitete. Er war 1,78 Meter groß, schlank, hatte ein ovales Gesicht, dunkelblonde Haare und lückenlose Zähne.
Nun erinnert ein Stolperstein vor dem Haus, das der Familie noch immer gehört, an sein Schicksal. Die Patenschaft dafür hat die evangelisch-methodistische Rufergemeinde aus Höchst übernommen. „Wir finden es wichtig, dass es nicht vergessen wird. Als Christen stehen wir gegen Ungerechtigkeit“, sagt Sabine Janzen von der Rufergemeinde. Erich Altmann war nicht politisch aktiv. Er habe Widerstand geleistet in seinem ganz normalen Leben, habe versucht, sich zu verweigern und Zivilcourage bewiesen.
Dieter Frank, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins, bekannte zwar, dass bislang wenig bekannt sei über Täter und Opfer 1933 bis 1945 in Sindlingen. Das aber könne sich ändern, appelliert er an die Bürger, über vergessene, verschwiegene Opfer nachzuforschen – so, wie es Helena Lehmann getan hat. hn

 

Aus dem Schatten des Vergessens und Verschweigens soll der Stolperstein das Schicksal Erich Altmanns holen. Fast 30 Bürger kamen zu einer kleinen Einweihungsfeier. Fotos: Michael Sittig

Aus dem Schatten des Vergessens und Verschweigens soll der Stolperstein das Schicksal Erich Altmanns holen. Fast 30 Bürger kamen zu einer kleinen Einweihungsfeier. Fotos: Michael Sittig

Helena Lehmann hat den Stein ins Rollen gebracht: Sie wollte mehr über ihren Großonkel Erich Altmann wissen.

Helena Lehmann hat den Stein ins Rollen gebracht: Sie wollte mehr über ihren Großonkel Erich Altmann wissen.

Diese Plakette ist nun ins Pflaster vorm Haus Küferstraße 3 eingelassen.

Diese Plakette ist nun ins Pflaster vorm Haus Küferstraße 3 eingelassen.

Nur wenig ist über Sindlinger Täter und Opfer zwischen 1933 und 45 bekannt, sagte Dieter Frank, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins.

Nur wenig ist über Sindlinger Täter und Opfer zwischen 1933 und 45 bekannt, sagte Dieter Frank, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins.