„Wir sind machtlos“
Sindlingen-Nord
„Wir sind machtlos“
Schwerverkehr in schmalen Wohnstraßen – Anwohner werden ignoriert
Ein seltener Anblick: die Edenkobener Straße ganz ohne Autos. Auch an einer Seite des Paul-Kirchhof-Platzes ist seit zwei Wochen Parken verboten. Dadurch soll Platz geschaffen werden, um schwere Baustellenfahrzeuge durch die engen Wohnstraßen der Siedlung zu bugsieren. Die Laster bringen die Elemente des Ersatzbaus für die Ludwig-Weber-Schule. Bis zum Ende der Weihnachtsferien soll er fertig sein und so lange als Quartier dienen, bis der erst 40 Jahre alte, aber marode Betonbau saniert oder abgerissen und erneuert ist.
Während sich die Schule auf den Umzug freut, ärgern sich die Anwohner darüber, dass all ihre Versuche im Vorfeld, die Verkehrsführung verträglich zu gestalten, ignoriert wurden. Dabei haben sie schon vor Monaten auf die Probleme hingewiesen. „Wir haben uns Sorgen wegen des Baustellenverkehrs und der Parkplätze gemacht“, erklärt Anwohnerin Ilona Klein. Die Edenkobener ist eine schmale Wohnstraße, die Straßenführung am Paul-Kirchhof-Platz nicht besser. Täglich laufen dort die Grundschüler der Weber-Schule vorbei. Ältere Menschen suchen regelmäßig den Seniorentreff auf, in dem der VdK seine Beratungsstunden abhält. Der Parkraum ist knapp.
Immerhin ließ die Stadt eine Grünfläche zwischen Paul-Kirchhof-Platz und Grundschule in einen Ersatzparkplatz umwandeln. „Das ist für uns eine gute Lösung“, ist Ilona Klein zufrieden.
Äußerst unzufrieden ist sie jedoch mit dem Schwerverkehr. Seit die Vorbereitungsarbeiten auf dem Schulhof begannen, haben die Anwohner schon einiges erlebt. Lastwagenfahrer rangierten umständlich, um durchzukommen. Manchmal kapitulierten sie und forderten Gabelstapler an, um etwa große Kabeltrommeln bis zum Bauplatz zu schaffen. Wie soll das erst werden, wenn sperrige Container herangekarrt werden? SPD-Ortsbeirat Claus Lünzer schlug deshalb vor, für den Baustellenverkehr eine Stichstraße vom Pausenhof der Weber-Schule zu einem Weg auf dem Gelände der benachbarten Internationalen Schule anzulegen. „Alle Fraktionen haben das mitgetragen“, berichtet er.
Ilona Klein, die frühere Ortsbeirätin Christine Habedank und weitere Anwohner sammelten 220 Unterschriften und sprachen selbst im Ortsbeirat vor, um für den Antrag zu werben. „Dabei haben wir auch erklärt, welche Probleme durch den Verkehr zur Internationalen Schule bestehen“, berichtet Ilona Klein. Jeden Morgen und am Nachmittag schieben sich Autos von Eltern oder Fahrdiensten durch die Wohnstraßen, um sich beim Schülertransport den Umweg über die Farbenstraße und vor allem den Bahnübergang in der Straße zur Internationalen Schule zu vermeiden, dessen Schranken häufig geschlossen sind und lange Warteschlangen hervorrufen. „Das ist das reine Chaos“, sagt Christine Habedank. Das Problem ist so alt wie die Schule selbst, die Anwohner fühlen sich damit allein gelassen.
Deshalb baten sie im Ortsbeirat darum, wenigstens diesmal eingebunden zu werden. „Wir waren im Ortsbeirat alle dafür, dass man sich an einen Tisch setzt“, sagt Lünzer: „Anwohner, Ortsbeiräte, die Stadt und die Internationale Schule“. Ortsvorsteher Manfred Lipp wurde beauftragt, ein solches Gespräch zu organisieren. „Er hat an allen Stellen nachgehakt – ohne Ergebnis“, sagt Lünzer. Er selbst habe ständig versucht, Auskünfte zu bekommen, ebenfalls erfolglos. „Wir sind machtlos“, sagt er: „Straßenverkehrsamt und Schule setzen sich nicht mit uns zusammen“. Stattdessen erhielt er eine Antwort vom Magistrat, in der ihm mitgeteilt wurde, dass das für die Stichstraße nötige Grundstück „im Erbbaurecht vergeben“ sei. Eine privatrechtliche Nutzungsvereinbarung zwischen Stadt und Schulträger sei „leider nicht möglich“, wurde der Ortsbeirat beschieden. „Sehr oberflächlich“, findet Claus Lünzer und fordert, „dass wir uns endlich alle an einen Tisch setzen“.
Damit spricht er den Anwohnern aus dem Herzen. „Es wäre schön gewesen, wenn die Internationale Schule auch mal mit uns sprechen würde“, findet Ilona Klein. Gerade im Hinblick darauf, dass sich die Schule gern vergrößern würde, müsse endlich eine vernünftige Anbindung geschaffen werden.
Bis auf weiteres bleibt den Sindlingern nur, immer wieder auf die Probleme hinzuweisen. Der Ausweichparkplatz steht bis zum 12. Dezember zur Verfügung. Danach sollten die Großfahrzeuge durch sein, hat Ilona Klein bei einem Anruf im Straßenbauamt erfahren. Wie es weitergeht, wenn irgendwann das alte Schulgebäude abgerissen und durch einen stabilen Neubau ersetzt wird, ist ungewiss. „Das müssten die Ortsbeiräte auf politischer Ebene klären, ist mir gesagt worden“, berichtet die Anwohnerin. hn