Beim Gehen ist Geduld gefragt
Beim Gehen ist Geduld gefragt
Pilgergruppe Auf dem Bonifatiusweg von Fulda nach Frankfurt
„Für mich ist es der schönste Platz, den ich kenne“, sagte der 84-jährige im Garten des Gasthauses „Körbelshütte“. Es liegt am Waldrand neben der Schnepfenkapelle auf dem Weg von Fulda nach Kleinheiligkreuz. Für die sechs Pilgerinnen und einen Pilger war es der erste Stopp nach dem Aufbruch um die Mittagszeit vom Fuldaer Dom, den sie zur kurzen Einkehr vor dem Start aufgesucht hatten. Hier draußen schweifte der Blick weit über die mit Rapsfeldern gesprenkelte hessische Rhön. Solche Augenblicke der Rast mit Kaffee, Kuchen und kühlen Getränken sind der verdiente Lohn für die ersten zehn Kilometer.
Zehn Jahre ist es her, seit die Sindlinger Pilgergruppe zum ersten Mal den Bonifatiusweg gegangen ist, von Sindlingen (Zeilsheim) nach Fulda. In Anbetracht der runden Zahl hatte die Gruppe die Idee, den Weg noch mal zu gehen, diesmal aber umgekehrt von Fulda nach Sindlingen. Seinerzeit waren vierzehn Teilnehmer aufgebrochen, von denen jetzt noch vier wieder dabei waren: Angela, Ingrid, Ursula und Werner. Nun machten sich Sieben auf den sechstägigen Weg nach Frankfurt. Zu dem alten Kern gesellten sich noch Annegret, Elisabeth und Doris dazu.
Der Bonifatiusweg in der anderen Richtung zeigt sich als ganz anderer Weg mit neuen Perspektiven. Unabhängig davon dominierte auf der 140 Kilometer langen Strecke über Hainzell, Hochwaldhausen, Hirzenhain, Düdelsheim, Windecken und Frankfurt-Harheim das meditative Element. Gedanken werden beim Gehen durch Wald und über Wiesen und Felder immer sparsamer. Oft sieht man außer den Weidenzäunen keine Zeichen der Zivilisation. Auf den sich lange bis zum Horizont dehnenden Wegen ist Geduld angesagt. Du siehst in der Ferne das nächste Dorf, du gehst viele Schritte weiter und das Dorf ist nicht viel näher gekommen, bis du schließlich doch die Konturen der Häuser klar erkennst und du ankommst, ohne eine innere Unruhe zu spüren.
Dann die Farben, die einen begleiten: Die lichten Buchenwälder mit ihren frischen grünen Blättern wirken wie ein Beruhigungsbalsam. Das Gelb der Rapsfelder und der herbe Duft der Blüten beleben die Sinne, blühender Löwenzahn säumt die Wege, ganze Wolken von weißen Schlehenblüten hüllen einen ein. Von Westen bläst einem eine noch kühle Brise entgegen. Immer wieder schauen von den Weiden Kühe, Schafe und Pferde auf die Vorbeigehenden.
Gerade eine Handvoll Wanderer sind uns auf der ganzen Strecke begegnet. Einer erzählte, dass er noch viel vorhabe und nach dem Bonifatiusweg noch den ganzen Jakobsweg durch Frankreich und Spanien gehen wolle.
Außer dem Jagdhof in Kleinheiligkreuz waren es andere Hotels, in denen die Gruppe diesmal untergebracht war. Besonders gefallen haben uns das Apfelstübchen in Düdelsheim und der 500 Jahre alte Gasthof Carolus in Windecken, der vom Wirt mit Figuren, Gefäßen und Spruchtafeln und sonstigen witzigen Gegenständen in ein Kuriositäten-Kabinett verwandelt wurde. Das gemeinsame Essen nach den bis zu dreißig Kilometer langen Tagesetappen war immer ein besonderes Erlebnis, bei dem auch Michael, Ingrids Mann, dabei war, der mit dem Wohnmobil die Tour begleitete und dankenswerterweise das Gepäck zum jeweils nächsten Etappenort mitnahm.