Ein Aktivposten der Nachbarschaft

Ein Aktivposten der Nachbarschaft

Caritas Stadt zeichnet den „Frischhalteclub“ aus – Seniorinnen organisieren viele Angebote

Der „Frischhalteclub“ ist eins der Vorzeigeprojekte der Caritas im Programm „Aktive Nachbarschaft“. Das sieht auch die Stadt Frankfurt so. Sie zeichnete die Sindlinger Gruppe jüngst mit dem „Nachbarschaftspreis“ für Initiativen aus, die sich um das Zusammenleben verdient machen.

Entstanden ist der „Frischhalteclub“ 2011 im Nachbarschaftsbüro des Quartiersmanagements Hermann-Brill-Straße. Ältere Frauen trafen sich regelmäßig zum Gedächtnistraining – daher der Bezug zum Frischhalten. Christa Sepe (75 Jahre), die in der Pfingstbornstraße wohnt, kam eigentlich ins Quartiersbüro, um eine Hilfe für Zuhause zu organisieren. „Da habe ich einen Hinweis auf die Treffen gesehen und bin hingegangen“, berichtet sie. Ihre Schwester Monika Calzolari (73) nahm sie gleich mit. Doch nach nur zwei Terminen hörte die Leiterin auf und die Gruppe drohte auseinanderzufallen. „Da sind wir selbst eingesprungen“, sagen die beiden.

In die Hand genommen haben sie auch die Organisation des Internationalen Frauenfrühstücks. Das drohte ebenfalls einzuschlafen. Heute ist das vierzehntägige gemeinsame Frühstück von Frauen jeden Alters und jeder Herkunft ein beliebter und immer gut besuchter Termin. „Montags kaufen wir ein, am Dienstag früh beginnt meine Schwester um 8 Uhr mit den Vorbereitungen, und dann sind wir den ganzen Tag hier“, schildert Christa Sepe den Ablauf. Das Frühstück zieht sich meist bis gegen Mittag. Am Nachmittag geht es mit Spielen weiter. „Das habe ich angeregt, weil ich selbst so gerne spiele“, sagt Christa Sepe. An den Dienstagen zwischen den Frühstücken treffen sich Frauen zum gemeinsamen Handarbeiten – ebenfalls eine gesellige Runde, aus der schon manche Idee für weitere Unternehmungen entstanden ist. Christa Sepe, die früher als technische Zeichnerin arbeitete, kümmert sich dann um die Umsetzung: eine Schifffahrt nach Miltenberg, Besuche in der Oper und im Theater, eine Fahrt zu den Bad Hersfelder Festspielen oder zuletzt ein Grillfest an der Lochmühle. Bis zu 60 Teilnehmer zählen diese Ausflüge.

Die viele Arbeit, die mit dem Ehrenamt verbunden ist, leisten die Schwestern gerne. „Besser, als allein zu Hause zu sitzen“, sagen sie und sprechen damit vielen aus der Seele: „Wir freuen uns jede Woche auf unsere gemeinsamen Treffen“.

In den vergangenen beiden Jahren unterstützte die Stadt Frankfurt die Seniorenveranstaltungen mit jeweils 3500 Euro. Die Caritas förderte ihrerseits die aktive Nachbarschaft nicht nur durch die Bereitstellung der Räume und das Quartiersmanagement, sondern auch durch viele kleinere Hilfen. Beispielsweise finanzierte sie Christa Sepe zwei Busfahrstunden. Nun fährt die agile Seniorin kleinere Gruppen mit dem Sozialmobil des Quartiersmanagements zu Veranstaltungen oder Bedürftige einmal alle drei Wochen zur Tafel nach Höchst. Aus dem Frischhalteclub hat sich zwischenzeitlich eine weitere Gruppe herausgebildet. Jeden Montag Vormittag halten sich Frauen mit Chi-Gong fit. „Unsere Nachbarschaft ist multikulturell. Hier leben marokkanische, türkische, eriträische und deutsche Familien und Senioren“, sagt Christa Sepe: „Jeder ist bei uns willkommen. Wir laden alle ein. Es macht Spaß, sich näher kennenzulernen und sich zu unterstützen“. Etwa 70 bis 80 mehr oder weniger regelmäßige Teilnehmer stehen auf ihren Listen, mit deren Hilfe sie plant und auch darauf achtet, dass kein Geburtstag vergessen wird.

Höhepunkt ist jedes Jahr das Nachbarschaftsfest. Diesmal baten die Organisatorinnen um Spenden für eine Einrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Unterliederbach. 1140 Euro kamen zusammen. Viele Nachbarn beteiligten sich an dem Fest, sagen die Schwestern, jeder nach seinem Vermögen: durch Kuchenspenden, durch Hilfe beim Aufbau oder Mitarbeit an einem Stand. „Auch die Männer und Familienväter zeigen sich mittlerweile auf unseren Festen und helfen mit. Das ist keinesfalls selbstverständlich, feiern doch muslimische Männer und Frauen eher getrennt voneinander“, wissen sie.

Berührungsängste gibt es nicht. Nach der Weihnachtsfeier für Kinder, die der Frischhalteclub vergangenes Jahr organisierte, blieben auch Muslime dabei, als das christliche Adventsfenster geöffnet wurde. „Wir haben es unter das Motto „Frieden“ gestellt“, sagt Christa Sepe. Dieses Jahr finden die Kinderweihnachtsfeier und die kleine Feier am Adventsfenster am Montag, 14. Dezember, statt. So ist aus der ursprünglich kleinen Seniorengruppe ein beliebter Anlaufpunkt geworden. „Wunderbare Freundschaften und Kontakte zwischen Alten und Jungen, Einheimischen und Zugereisten sind entstanden, die wir nicht mehr missen wollen“, betonen Christa Sepe und Monika Calzolari. Das honorierte die Stadt mit dem Nachbarschaftspreis der Kategorie „Alt und Jung“. Mit dem Preisgeld von 1000 Euro will der Frischhalteclub weitere Ausflüge finanzieren. hn

Chi-Gong, wann immer möglich an der frischen Luft, ist eins der Angebote, die der Frischhalteclub auf die Beine stellt. Fotos: Michael Sittig

Chi-Gong, wann immer möglich an der frischen Luft, ist eins der Angebote, die der Frischhalteclub auf die Beine stellt. Fotos: Michael Sittig