Sprechstunde in der Straßenbahn
Frankfurt
Sprechstunde in der Straßenbahn
Sindlinger trifft Oberbürgermeister in der Elf
Mein Sindlingen, mein Frankfurt, meine Elf: Hans-Joachim Schulz fühlt sich seinem Wohnort, seiner Heimatstadt und der längsten Straßenbahnstrecke quer durch die Stadt sehr verbunden. Deshalb sind ihm vernachlässigte Flächen ein Dorn im Auge. Als Oberbürgermeister Peter Feldmann eine „Rollende Bürgersprechstunde“ in der Straßenbahn 11 anbot, meldete sich der Sindlinger dafür an.
Hans-Joachim Schulz (63 Jahre) erhielt einen von vier möglichen Terminen. An der Haltestelle am Römer stieg er zu und traf den Oberbürgermeister gleich vorn hinter dem Fahrer. Schulz wohnt in Sindlingen, engagiert sich im Bauverein und in der evangelischen Gemeinde. Er wuchs in der Innenstadt auf und war während seines Berufslebens als Elektromechaniker beim Entstörungsdienst der Stromversorgung der Stadtwerke in ganz Frankfurt unterwegs. Die Stadt ist ihm Heimat, und so bekümmert es ihn, dass es an manchen Stellen gar nicht schön aussieht. Vor allem der marode, öde Vorplatz des Hauptbahnhofs sei eine schlechte Visitenkarte, findet er. Verbeulte Brüstungen und vergammelte Sitze wirkten auf Reisende, die in Frankfurt ankommen, alles andere als einladend. . „Da müsste die Stadt doch eigentlich etwas machen“, sagte er Peter Feldmann. Der Oberbürgermeister stimmte zu. Allerdings seien Abstimmungen mit der Deutschen Bahn schwierig. Feldmann versprach, sich bei den zuständigen Ämtern zu informieren. Einige Wochen nach der gemeinsamen Bahnfahrt erhielt Achim Schulz ein Schreiben, in dem stand, dass nach einem Architektenwettbewerb 2008/2009 vergangenes Jahr ein Architektenbüro mit der Ausarbeitung einer Vorplanung für den zentralen Vorplatz und den nördlich anschließenden Teil beauftragt worden sei. Keine leichte Aufgabe: Verkehr, Parkplätze und weitere Funktionen müssen bedacht werden. Da die Bahn AG ohnehin vorhat, die B-Ebene umzubauen, seien umfangreiche Voruntersuchungen nötig und in Gang. Sowie es ein Entwurfskonzept gebe, werde es der Öffentlichkeit vorgestellt.
Außerdem sagte Feldmann Unterstützung für ein Projekt zu, das Hans-Joachim Schulz derzeit verfolgt. Der Sindlinger ist leidenschaftlicher Hobbyfotograf, fotografiert unter anderem für die Mitgliederzeitung des Bauvereins und das Sindlinger Monatsblatt. Vor allem die vielfältige Architektur in Frankfurt fasziniert ihn. In seinem allgemein zugänglichen elektronischen Fotoalbum (http://www.flickr.com/photos/achim-s/sets/) finden sich zum Beispiel Aufnahmen aus der Innenstadt, dem Osten und dem Europaviertel. Demnächst sollen Bilder von der Linie 11 hinzukommen. Ein Jahr nimmt sich Schulz Zeit, um die Strecke und die Haltestellen von der Zuckschwerdtstraße im Westen bis zur Schießhüttenstraße im Osten in den verschiedenen Jahreszeiten, in verschiedenen Stimmungen aufzunehmen. Die Bahn zuckelt auf ihrer einstündigen Fahrt seit Jahrzehnten von Höchst durch Nied und Griesheim, folgt der Mainzer Landstraße, passiert die „Gut Stubb“ mit Römer und Paulskirche, Wohnsiedlungen, Industriegebiete wie die Hanauer Landstraße und alte Ortskerne wie in Fechenheim. „Es ist Frankfurts repräsentativste Linie, und im Grunde fahre ich schon mein ganzes Leben damit“, erklärt der Sindlinger. „Das ist neu, dass jemand eine Straßenbahn bebildern will“, sagte Peter Feldmann und versprach, einen Kontakt zum RMV herzustellen: „Es wäre sicher auch eine ungewöhnliche Art der Werbung“.
Schulz‘ drittes Thema entlockte dem OB ein Schmunzeln. Der Ebbelwoi-Express endet am Zoo, und dort fehlen öffentliche Toiletten. „Oft stehen die Fahrgäste reihenweise in den Büschen“, weiß Schulz. Er schlug vor, die Toilettenanlagen des Zoos für Fahrgäste zu öffnen. Feldmann sprach zwischenzeitlich mit dem Leiter des Zoos. Leider sehe der keine Möglichkeit, Fahrgästen nur fürs „Örtchen“ Zugang zu gewähren, weil nicht kontrolliert werden könne, ob sie danach umgehend wieder gingen, lehnte der Zoo ab. Die öffentlichen WCs in der U-Bahnstation Zoo sind seit 2009 wegen „mangelhafter Bausubstanz“ und „zweckfremder Nutzung“ geschlossen und werden auch nicht wieder in Betrieb genommen. hn