Bier statt Apfelwein

Bier statt Apfelwein

Hobby Wolfgang Gerhards stellt am liebsten „Imperial Pale Ale“ her

Germania-Männer = Apfelwein? Nicht im Fall von Wolfgang Gerhards. Der Vizedirigent des Männerchors betätigt sich als Bierbrauer.

Schon etliche Apfelweinkönige hat die Germania hervorgebracht. Der vergnügliche Wettbewerb geht auf Mitglieder des Männerchors zurück. Etliche Sänger keltern selbst. Wolfgang Gerhards aber baut hin und wieder Brau- und Gärkessel auf der Terrasse seines Reihenhäuschens auf und braut Bier. Genauer gesagt: Er stellt Ale her, eine obergärige englisch-amerikanische Spezialität.

„Ich habe 2013 ein halbes Jahr in England gearbeitet. Dort habe ich die englischen Biere kennen- und liebengelernt“, erzählt er, während er Wasser und Malz im großen Edelstahl-Brautopf mischt. Der sieht aus wie ein Einkochautomat und funktioniert auch so. Wolfgang Gerhards rührt gut um, damit nichts anbrennt. Vorher hat er das Wasser mit Hilfe von Kalziumsulfat und Milchsäure „eingestellt“: So, wie es aus der Leitung kommt, ist es zu hart. Mit Hilfe eines Rechners ermittelt der IT-Berater, wie viel er zugeben muss, um den gewünschten Härtegrad zu erreichen.

Das Zusammenbringen von Wasser und Malz dient dazu, Stärke in Zucker umzuwandeln und heißt „Einmaischen“. Deutsche Biere werden normalerweise bei Temperaturen ab 55 Grad eingemaischt. Wolfgang Gerhards aber braucht 65 Grad Maischtemperatur, um ein Ale herzustellen. „Imperial Pale Ale“ heißt sein Favorit. „Vor zwei Jahren gab es das hier noch nicht zu kaufen“, berichtet er: „Also habe ich es selbst hergestellt“. Die Maische zieht etwa eine Stunde. Dann erhöht der Hobby-Brauer die Temperatur auf 78 Grad und füllt die Brühe um in den Gärtopf. Er enthält ein Sieb, das die harten Bestandteile ausfiltert, wenn Gerhards die „Würze“ genannte süße Flüssigkeit in den zwischenzeitlich gesäuberten Brautopf zurück füllt.

60 bis 90 Minuten lässt er die Würze darin kochen. Zeit zum Ausruhen bleibt nicht. In bestimmten Zeitabständen und Mengen gibt er Hopfen bei. Der sieht aus wie kleine grüne Würmchen. „Es sind Pellets und ich bestelle sie wie Malz und Hefe im Internet“, berichtet er.

Das Internet war ihm überhaupt eine große Hilfe. Vorkenntnisse hatte er nämlich nicht. „Bevor ich angefangen habe, habe ich drei Monate lang Bücher und in Foren gelesen“, sagt er. Dann kaufte er sein erstes Brauset. „Gleich beim ersten Mal hatte ich ein grandioses Ergebnis“, freute er sich. Mittlerweile experimentiert der Sänger mit unterschiedlichen Aromahopfen und Rezepten, die sich ebenfalls zuhauf im Internet finden.

Der Kochvorgang nähert sich dem Ende. Wolfgang Gerhards wartet ab, bis das Gemisch auf Raumtemperatur abgekühlt ist und gibt dann Hefe zu. „Die Hefe entscheidet über den Charakter des Bieres“, weiß er, „sie setzt die Gärung in Gang“. Auf den Topf kommt eine Art Gärröhrchen (wie beim Apfelwein). Zwischen drei und zehn Tage dauert es, bis es darin nicht mehr blubbert und damit die Hauptgärung beendet ist. Anschließend setzt er noch einmal Hopfen zu und rechnet aus, wieviel Malzextrakt nötig ist, um den gewünschten Kohlensäuregehalt zu bekommen. Englische Ales wirken mit vier Gramm je Liter für den deutschen Geschmack manchmal etwas schal; Gerhards füllt sein Ale nach der Hauptgärung in Flaschen und Fünf-Liter-Fässchen um und setzt dabei 5,5 Gramm Malzextrakt zu. Nach einer Woche Flaschengärung erhält er ein frisches, würziges Ale, voller fruchtiger Aromen und mit angenehm bitterer Note.

Rund 25 Liter Bier stellt er an einem Brautag her. „Es ist ein reines Hobby“, betont er – schon allein wegen der gesetzlichen Vorgabe, dass pro Jahr nur 200 Liter steuerfrei für den Eigenbedarf gebraut werden dürfen.

Fazit: Im Gegensatz zu seinen Apfelwein kelternden Chor-Kollegen hat Wolfgang Gerhards wesentlich mehr Arbeit beim Brauen, kann das Ergebnis aber auch viel schneller genießen. Apfelwein braucht wenigstens zwei Monate, ehe er genießbar ist. Familie Gerhards kann sich schon nach zwei Wochen mit dem leckeren selbst Gebrauten zuprosten. hn

Zum Maischen bringt Wolfgang Gerhards Wasser und Malz zusammen und rührt gut um, damit nichts anbrennt.

Zum Maischen bringt Wolfgang Gerhards Wasser und Malz zusammen und rührt gut um, damit nichts anbrennt.

 

 

Nach Ende der Kochzeit wird die Maische geläutert. Ein Filter lässt die „Würze“ genannte Flüssigkeit durch und hält feste Stoffe wie Spelzen zurück. Fotos: Michael Sittig

Nach Ende der Kochzeit wird die Maische geläutert. Ein Filter lässt die „Würze“ genannte Flüssigkeit durch und hält feste Stoffe wie Spelzen zurück. Fotos: Michael Sittig