Gemeinsam Freude am Gesang

Gemeinsam Freude am Gesang

Ehejubiläum Gerda und Ernst Spengler sind seit 60 Jahren verheiratet

Kein Brautkleid, kein Hochzeitsfoto, keine große Feier: „Wir hatten nicht viel Geld“, berichten Gerda und Ernst Spengler. Trotzdem wurde es eine gute Ehe. 60 Jahre lang. Am 2. September feierte das Paar seine diamantene Hochzeit.

Ernst Spengler ist in Sindlingen geboren und aufgewachsen. Wie sein Vater Joseph trat er schon in jungen Jahren in den Gesangverein „Sängerlust“ ein. Letztlich hat er es diesem Hobby zu verdanken, dass er seine Frau kennen gelernt hat. Denn nachdem der Chor bei einem Sängerfest in Zeilsheim gesungen hatte, spielte die Kapelle zum Tanz auf. „Er hat mich geholt, wir haben getanzt, geredet und ein Wiedersehen vereinbart“, erinnert sich Gerda Spengler (damals 20, heute 81 Jahre alt) an den ersten Kontakt.

Eine Freundin hatte sie zu dem Fest mitgenommen, denn eigentlich wohnte die junge Frau in Frankfurt, in der Nähe der Oper. Dort arbeitete sie als Haus- und Kindermädchen für 20 Mark im Monat. Zu der Zeit hatte sie schon viel mitgemacht: Vertreibung aus der niederschlesischen Heimat, Schule und anschließend harte Arbeit in der Landwirtschaft der Niederlausitz (DDR), schließlich die Sorge, ob man sie ausreisen lassen würde. Mit 18 stellte sie den Antrag, ihren älteren Schwestern nach Frankfurt folgen zu dürfen. Das wurde genehmigt. Alles in allem „war es keine schöne Jugendzeit“, sagt sie. Das gilt auch für Ernst Spengler. In den Kriegsjahren wurde er, wie viele Frauen und Kinder, evakuiert. Danach ging es nur langsam aufwärts. Immerhin hatte Ernst Spengler einen sicheren Arbeitsplatz als Postbeamter im Kassendienst. Er arbeitete zunächst am Hauptbahnhof. Das erwies sich als günstig. „An meinem freien Nachmittag haben wir uns immer getroffen“, erzählt Gerda Spengler. Nachdem die beiden einige Zeit miteinander gegangen waren, stellte er sie seinen Eltern vor und sie schmiedeten Hochzeitspläne. Die standesamtliche Trauung fand am 15. August 1956 statt, die kirchliche am 2. September in St. Dionysius. Das Paar trug normale Alltagskleider und gefeiert wurde bescheiden mit Kaffee und Kuchen im Haus der Spenglers, das fortan auch Gerdas Heimat wurde. Allerdings bezog das Paar zunächst nur ein kleines Zimmer – aufgrund der allgemeinen Wohnungsnot drängten sich Eltern, Kinder, Mieter und Untermieter in dem Haus in der Pfingstbornstraße.

Doch allmählich erreichte der allgemeine wirtschaftliche Aufschwung auch Sindlingen. Nach mehreren Auszügen teilten sich Gerda und Ernst Spengler nur noch mit den Eltern Spengler das Haus. 1957 kam der erste Sohn, Thomas, zur Welt, 1963 der zweite, Andreas. Ernst Spengler besuchte weiter regelmäßig die Singstunde und führte seinem Verein 60 Jahre lang die Kasse. Gerda Spengler sang auch gerne, aber nur zuhause: „Er war in der Sängerlust, ich hätte in den Frauenchor der Germania gehen müssen. Ich wollte aber nicht, dass das unsere Ehe belastet“, erzählt sie von den Jahren, als in Sindlingen noch vier Gesangsvereine miteinander im Wettstreit standen.

Langweilig wurde ihr trotzdem nie. Gemeinsam mit der Schwiegermutter bewirtschaftete sie ein großes Gartengrundstück. Außerdem legte sich die Familie ein Wochenendhaus an der Lahn zu. „Dort haben wir bestimmt 30 Jahre lang Urlaub gemacht“, sagt Gerda Spengler. Heute fällt das alles schwerer. Geblieben ist Ernst Spengler jedoch der Gesang. Der Nachfolger der „Sängerlust“, die „Chorgemeinschaft“, besteht aus 15 betagten Herren, die sich jede Woche zum Singen im Restaurant Opatija treffen. Sie treten zwar nicht mehr auf, genießen aber das gesellige Miteinander.

Gesellig im Kreis der Familie ging es auch aus Anlass des Ehejubiläums zu. Mit den Söhnen, zwei Enkeln, weiteren Familienangehörigen und engen Freunden gingen Spenglers im „Opatija“ essen. Für die Zukunft wünschen sie sich vor allem Gesundheit und dass Ernst Spengler noch lange mit seinen Freunden singen kann. hn

Gerda und Ernst Spengler sind seit 60 Jahren verheiratet.   Foto: Michael Sittig

Gerda und Ernst Spengler sind seit 60 Jahren verheiratet. 
Foto: Michael Sittig