Landleben zum Anfassen

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Ponyzwerge Im „Bauernhof als Klassenzimmer“ lernen Stadtkinder, wo Nahrung herkommt

Eier und Milch gibt’s im Supermarkt. Aber wo kommen die Nahrungsmittel her? Das lernen Kinder seit neustem bei den „Ponyzwergen“. Für ihr Gelände und das Konzept dazu haben sie die Lizenz „Bauernhof als Klassenzimmer“ des hessischen Landwirtschaftsministeriums erhalten.

Betreiberin Sonja Heinisch und Erfahrungsfeldbegleiterin Melanie Völkel entwickelten dazu verschiedene Angebote in Bauernhofpädagogik. Schwerpunkte sind bislang Huhn, Pferd, Ziege und Kartoffel. „Die Angebote richten sich vor allem an Kindergarten- und Grundschulkinder“, erklärt Sonja Heinisch: „Wir wollen ihnen Tiere und Nahrung näher bringen.“ Und zwar ganz praktisch, mit allem, was dazu gehört: Füttern, Tränken, Misten und was sonst noch nötig ist.

Natürlich dürfen Besucher die Tiere auch streicheln. Heute sind Schüler der Höchster Kasinoschule zu Gast. Viele der Sechs- bis Zwölfjährigen, die die Grundstufe der Förderschule besuchen, kamen Huhn und Ziege noch nie so nah. „Es sind Stadtkinder“, erklärt Lehrerin und Grundstufenleiterin Esther Bender. Fasziniert schauen sie zu, wie die prächtigen Hühner eins nach dem anderen ihr Gehege verlassen. Sie scharren hier, picken da und ganz zum Schluss stolziert der Hahn heraus. „Ich dachte, dass alle Hühner Mädchen wären“, staunt Leon (acht Jahre). Einen Hahn hat er nie zuvor gesehen.

Während manche Kinder ängstlich zurückweichen und fürchten, dass sie von den Hühnern attackiert werden, nimmt Sarannya vorsichtig ein Huhn in den Arm – eine ganz neue Erfahrung für die Elfjährige. Das gilt auch für das Eiersuchen im Gehege. Gegenüber halten derweil andere Kinder den Ziegen zögernd ein paar Halme Stroh hin. Ermutigt durch den Erfolg, trauen sie sich, die Tiere zu streicheln. Dass Ziegen Milch geben, wissen nur wenige; dass aus Milch Joghurt und Käse werden können, ist besser bekannt. An die Ziege als Wurst oder Braten denkt angesichts der lebendigen Tiere kaum ein Kind. Die Ziegen sind auch Teil des stadtteilbezogenen Programms „Ziegen im Wandel der Zeit“. „Noch in den 50-er Jahren gab es 600 Ziegen in Sindlingen“, hat Sonja Heinisch recherchiert: „Jeder hatte Ziegenmilch im Haus. Im Zehnthof gab es eine Vatertierhaltung und die Schulkinder halfen nach dem Unterricht bei der Versorgung.“

Das tun jetzt auch die Kinder aus Höchst. Ein anderer Teil der Gruppe darf Pferdeäpfel zusammen rechen und mit Hilfe von „Mistboy“ und Schubkarre in den Container vor die Tür bringen. Der Geruch ist vielen fremd, sie rümpfen die Nasen. Andere helfen beim Saubermachen im Hühnergehege. Wenn es das Wetter zulässt, sollen Kartoffeln auf alte Art gesetzt werden, und auf einer Bank haben Sonja Heinisch und ihre Helferinnen Anschauungsobjekte und kleine Experimente aufgebaut und vorbereitet.

Demnächst kommt auch noch ein Schwerpunkt Schwein hinzu. „Wir bekommen zwei bunte Bentheimer Schweine. Das ist eine alte, vom Aussterben bedrohte Rasse“, erklärt die Sonja Heinisch. Neben der Bauernhofpädagogik bieten die Ponyzwerge Ponyführerscheinkurs, pädagogisches Reiten, Lehrgänge, Kindergeburtstage und Ferienbetreuung an. Um Besuchern den Aufenthalt auch bei schlechtem Wetter angenehmer zu gestalten, sucht Sonja Heinisch zur Zeit einen alten Bauwagen, der als Aufenthaltsraum genutzt werden kann. Wer helfen kann, wird gebeten, sie unter der Nummer 0176–95674759 anzurufen. hn

Zutraulich lässt sich das Huhn von Melanie Völkel (rechts) und Sarannya streicheln.

Zutraulich lässt sich das Huhn von Melanie Völkel (rechts) und Sarannya streicheln.

Nachdem die erste Scheu überwunden ist, kommen Kinder und Ziegen gut miteinander aus. Fotos: Michael Sittig

Nachdem die erste Scheu überwunden ist, kommen Kinder und Ziegen gut miteinander aus. Fotos: Michael Sittig