Angriffstrupp, Atemschutz und ab ins Feuer

Angriffstrupp, Atemschutz und ab ins Feuer

Interview Gespräch mit zwei Mitgliedern der Einsatzabteilung

Obwohl Frankfurt eine Berufsfeuerwehr hat, sind die freiwilligen Stadtteilwehren unverzichtbar. Sie leisten den Brandschutz und weitere Hilfe nachts und an Wochenenden. Für die Aktiven der Einsatzabteilung heißt das, immer auf dem Sprung zu sein, sich so manche Nacht um die Ohren zu schlagen und ihr Wissen und Können in Schulungen ständig zu erweitern. Über ihr anspruchsvolles Hobby haben wir mit Melanie Schmidt, 19 Jahre, und Markus Körner, 45 Jahre, gesprochen. Sie gehören der Freiwilligen Feuerwehr Sindlingen an, die in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen feiert.

Was reizt Sie an der Feuerwehr?

Melanie Schmidt: „Das Lernen von Dingen, die man gebrauchen kann, die Einsätze und die Hilfe für andere.“

Markus Körner: „Die Kameradschaft, die Technik – das ganze Paket.“

Wie sind Sie dazu gekommen?

Markus Körner: „Ein Freund hat mich mitgenommen in die Jugendfeuerwehr. Das war im Dezember 1987, drei Monate nach der Gründung. Ich war 15 und es hat mir gleich gefallen.“

Melanie Schmidt: „Ich kam 2010, mit 12 Jahren, ebenfalls über einen Freund zur Jugendwehr und traf hier mehrere Gleichaltrige. Die vielen praktischen Übungen, verbunden mit Spielen, haben mir viel Spaß gemacht. Ich wurde zweite Jugendsprecherin und habe als stellvertretende Stadtsprecherin der Jugendfeuerwehren an hessenweiten Foren teilgenommen. Ich fand es interessant zu sehen, wie es anderswo zugeht.“

Mit 17 Jahren sind Sie beide in die Einsatzabteilung gewechselt, haben den obligatorischen Grundlehrgang besucht und dürfen seither als Feuerwehrmann/-frau in den Einsatz gehen. Frau Schmidt, wie ist es Ihnen als jüngstem Mitglied dabei ergangen?

Melanie Schmidt: „Angriffstrupp, Atemschutz und ab ins Feuer – Dazu ist es für mich noch nicht gekommen. Bis jetzt gab es erst ein Feuer. Das war in der Silvesternacht 2016/17. Ich wollte gerade ins Bett gehen, als der Alarm kam. Natürlich zuckt man erst einmal zusammen, Dann sucht man schnell die nötigen Sachen zusammen und fährt zum Feuerwehrhaus. Ein Müllcontainer brannte. Ich bin mit ausgerückt, aber gelöscht haben andere. Sonst war ich bisher vor allem an Einsätzen in der Flüchtlingshilfe beteiligt. Wir haben in der Koordinierungsstelle im Hauptbahnhof gearbeitet und Notunterkünfte in Turnhallen aufgebaut. Das hat mich noch lange gedanklich beschäftigt.“

Herr Körner, wie war das bei Ihnen?

Markus Körner: „Ich habe schon viele Einsätze mitgemacht, aber wenn der Meldeempfänger anschlägt, elektrisiert das noch immer. Im Lauf der Jahre habe ich viele Lehrgänge und Weiterbildungen besucht, wurde Gruppenführer, Zugführer und schließlich Brandmeister. Außerdem war ich Jugendwart, stellvertretender Wehrführer und kümmere mich jetzt als Gerätewart mit zwei Helfern darum, dass die zwei Löschwagen, der Mannschaftstransporter und die Ausrüstung immer einsatzbereit sind. Die Feuerwehr hat mir auch beruflich viel gebracht. Nach einer Ausbildung zum Metzger suchte ich eine andere Arbeit. Ich bewarb mich auf eine Stelle als Berufskraftfahrer im Industriepark und bekam sie, weil ich bei der Feuerwehr schon den Führerschein für die schweren Lastwagen gemacht hatte.“

Hat die Freiwillige Feuerwehr eine Zukunft?

Markus Körner: „Auf jeden Fall. Die Berufsfeuerwehr ist froh, dass wir da sind.“

Melanie Schmidt: „Das größte Problem bei der Nachwuchswerbung ist die Vielfältigkeit der Hobbies heutzutage. Auch wenn bei manchem das Interesse da wäre, erfordert die Feuerwehr einen hohen Zeitaufwand, dazu ist nicht jeder bereit. Aber ich glaube, dass es immer Menschen geben wird, die sich für die Feuerwehr entscheiden.“ hn

Melanie Schmidt und Markus Körner gehören der Einsatzabteilung an. Foto: Heide Noll

Melanie Schmidt und Markus Körner gehören der Einsatzabteilung an. Foto: Heide Noll

 

Chronik der Feuerwehr

1892: 36 Bürger gründen die Freiwillige Feuerwehr Sindlingen

1917: Die Feier des 25-jährigen Bestehens entfällt wegen Krieg

1932: Zum 40-jährigen schenken die Frauen der Wehr ein handbesticktes, großes Banner. Es wird noch heute in Ehren gehalten

1942: Die Feier zum 50-jährigen Bestehen entfällt wegen Krieg

1945: Bald nach Kriegsende nimmt die Wehr ihre Arbeit mit 28 Aktiven wieder auf

1951: 23 Aktive, kaum Ausrüstung

1966: Nur noch sieben Aktive, keine Ausrüstung, das Feuerwehrhaus ist marode

1977: Nur noch fünf Aktive. Sie nehmen die Wiederbelebung in Angriff.

1983-1986: Drei Fahrzeuge werden angeschafft

1987: Gründung der Jugendfeuerwehr

1991: Einweihung des neuen Feuerwehrhauses am Sindlinger Kreisel

1997: Einsatz beim Oder-Hochwasser

2000: Wegen des „2000“-er Problems mit den Computern feiert die Wehr Silvester im Gerätehaus

2003: Einsatz beim Elbe-Hochwasser

2013: Einsatz beim Hochwasser in Norddeutschland

2017: Feier zum 125-jährigen Bestehen der Feuerwehr
und 30-jährigen Bestehen der Jugendfeuerwehr (August)