Der Rattenfänger kommt nicht nach

Der Rattenfänger kommt nicht nach

Vermüllung Es wird immer schlimmer, klagen Anwohner

Der allgegenwärtige Müll frustriert viele Menschen in Sindlingen. Nicht nur die Optik, sondern auch die Hygiene leidet. Das kam in der Projektwerkstatt des Quartiersmanagements für Sindlingen-Nord zur Sprache.

„Es ist schlimm überall. Ganze Mülltüten liegen direkt neben den Abfalleimern“, sagte eine Anwohnerin. Gudrun Diehl, die ein Taschengeldprojekt im Rahmen des Frankfurters Programms „Aktive Nachbarschaft“ betreut, berichtete, dass die beiden Jugendlichen, die einmal in der Woche durch die Hugo-Kallenbach-Straße gehen und Müll aufheben, viele eklige Erlebnisse hätten. Tote Ratten, gebrauchte Kondome und Tampons lägen in den Müllboxen herum. Oft hielten Fahrzeuge mit auswärtigen Kennzeichen und kippten Sperrmüll dort hinein. Es komme sogar vor, dass Anwohner Müllbeutel über den Zaun würfen, während die Jugendlichen dort noch am Räumen seien. Überhaupt sei das Ganze sehr frustrierend: „Wir räumen auf, und zwei Stunden später liegt schon wieder etwas da“, sagte Gudrun Diehl.

Martin Stojan, Konrektor der Ludwig-Weber-Schule, bestätigte das. Einmal im Jahr ruft die Grundschule zur Aktion „Sauberhafter Schulweg“ auf. Dann räumen die Grundschüler rund ums Gelände und auf dem Ampel-Spielplatz den Müll aus den Büschen. „Am Ende eines solchen Tages sind es immer mindestens 70 Kilogramm Abfall“, sagte Stojan. Der Effekt verpufft aber schnell.

Nicht einmal die Kindertagesstätte ist vor rücksichtlosen Nachbarn sicher. „Aus Wohnhausfenstern werden Pampers auf den Hof der Kita geworfen“, berichtete Angelika Mayer, Leiterin der Kita St. Kilian. Bei einer Kontrolle habe sich zudem gezeigt, dass offenbar Nachbarn den abgeschlossenen Müllplatz der Kita gewaltsam öffnen und ihren Müll dort ablagern. Ist die Tonne voll, wird er davor gelegt. Dann nimmt ihn die Müllabfuhr nicht mit. „Er bleibt liegen, bis wir ihn wegräumen“, berichtet die Leiterin von unappetitlichen Sonderarbeitseinsätzen. Zusätzlich werde alles vermüllt von denjenigen, die abends im Freien sitzen, Pizza essen und ihren Dreck in die Büsche werfen. Die Folge: „Wir haben seit vier Jahren ein Rattenproblem“, sagte Angelika Mayer. Zwar seien die Tiere noch nicht auf dem Hof, „aber man sieht sie schon durchflitzen.“ Alle drei Wochen sei der Schädlingsbekämpfer vor Ort und lege Rattenboxen aus, auch zwischen den Wohnhäusern. Da aber immer wieder reichlich Nahrung in Form von Lebensmittelabfällen außerhalb der Tonnen hingeworfen wird, ist das Problem nicht in den Griff zu bekommen. „Man muss am Bewusstsein der Leute arbeiten, damit sie ihr Umfeld sauber halten“, sagte Thomas Mühlbach von der katholischen Gemeinde.

Dabei wird ja schon viel gemacht, etwa der Aktionstag der Weber-Schule und das Taschengeldprojekt. Das könne vielleicht ausgeweitet werden durch ein „Parkhüter“-Projekt, schlug Sandra Herbener vor, damit es wenigstens einmal pro Woche im Park etwas sauberer sei. Es kam aber auch die Frage auf, wie nachhaltig solche Aktionen seien. Womöglich sei es kontraproduktiv, den Müll der rücksichtslosen Anwohner immer wieder wegzuräumen. Vielleicht sollte stattdessen einmal Irritation erzeugt werden, überlegten einige. Beispielsweise könne alles auf einen Haufen aufgetürmt oder etwas daraus gebaut werden, um das Problem sichtbarer zu machen und ins Bewußtsein zu heben.

Auch die Arbeitsgemeinschaft Sindlinger Ortsvereine versucht seit Jahren, Zeichen zu setzen. Jedes Frühjahr,meist im März, ruft sie zum Reinigungstag auf. Dieses Jahr allerdings fand er nicht statt. Es gab Terminprobleme, erklärt Vorsitzender Andreas Rühmkorf. Nach Ostern, Mitte April, ist es fast schon zu spät für einen solchen Einsatz. Dann brüten bereits Vögel, die nicht gestört werden sollen. Also kein Reinigungstag in diesen Jahr? „Von meiner Seite aus können wir das später im Jahr nachholen, vielleicht im Herbst“, sagt Rühmkorf. Er verhehlt aber nicht, dass das nicht alle im Vorstand so sehen. Schließlich sei es durchaus frustrierend, schon einen Tag nach der Aktion sehen zu müssen, wie allerorten wieder Müll hin geworfen wird. hn

Ein Beispiel von vielen: Zwei Wochen lang lag dieser Sperrmüll am Paul-Kirchhof-Platz herum. Dann informierten Anwohner das Grünflächenamt, das letztlich die Abholung veranlasste. Foto: Ilona Klein

Ein Beispiel von vielen: Zwei Wochen lang lag dieser Sperrmüll am Paul-Kirchhof-Platz herum. Dann informierten Anwohner das Grünflächenamt, das letztlich die Abholung veranlasste. Foto: Ilona Klein

 

Umfrage zur Sauberkeit

Die Stabsstelle Sauberes Frankfurt betreibt derzeit im Internet eine Umfrage zum Thema „Sauberkeit in der Stadt“. Bürger können darin mitteilen, welche Verunreinigungen sie besonders stören, an welchen Orten sie besonderen Handlungsbedarf sehen und welche Maßnahmen zur Verbesserung der Sauberkeit sie sich wünschen. An der Studie teilnehmen kann jeer mit Internet-Zugang unter http://www.StudieSauberesFrankfurt.de

Die Beantwortung aller Fragen dauert etwa 20 Minuten.

Die Stabsstelle erhält häufig Beschwerden zu einzelnen Problemstellen, doch stellen diese Meldungen immer nur Momentaufnahmen dar. Die Studie soll dagegen ein möglichst repräsentatives Bild ergeben. Wissenschaftlich betreut wird sie durch das Open Urban Institute, ein junges Team von Wissenschaftlern, die zu den Themen Urbanität, Kreativität und Nachhaltigkeit arbeiten und forschen. „Wir betreiben zwar Tag für Tag einen enormen Aufwand, um Frankfurt sauber zu halten, doch können wir nicht überall gleichzeitig sein“, sagt Umweltdezernentin Rosemarie Heilig. „Bitte teilen Sie uns mit, wo wir noch aktiver werden sollten.“ Die Antworten werden anonymisiert erfasst. Im Anschluss haben alle Teilnehmer die Möglichkeit, an einer Verlosung teilzunehmen. kus