Kein Verständis für gefährliche Malerei – gefährlicher Radweg

Kein Verständis für gefährliche Malerei

Radweg Planer erklären die Anlage bei einer Begehung – Vor Ort bleiben Zweifel

„Stellt doch eine Bütt statt einer Verkehrsinsel hin. Dann kann man jeden Tag einen Vortrag halten!“ Scherzhaft kommentiert ein ortsbekannter Fastnachtsfreund die jüngste Entwicklung im Streit um die Radwegeführung am Dalles. Im Januar trafen sich Mitglieder des Ortsbeirats Sechs, des allgemeinen deutschen Fahrradclubs (ADFC) und des Straßenverkehrsamts an der Einmündung der Westenberger in die Farbenstraße, um sich anzusehen, was die Sindlinger aufregt.

„Ich habe selten so viele Proteste gehört wie zu dieser Geschichte“, sagte CDU-Ortsbeirat Albrecht Fribolin. Gegen die Einbahnrichtung ist ein Radweg zur Mündung der Westenberger in die Farbestraße markiert. Da sie mitten in einer Kurve auf die Hauptdurchgangsstraße trifft, werden Radler per Linien und Piktogramm kurz vorher quer über den Bürgersteig und weiter über die Farbenstraße geleitet. Zwei mobile Verkehrsinseln sollen die Sicherheit für Radler und Fußgänger erhöhen, denn die Querung liegt direkt hinter besagter Kurve. Fribolin hat beantragt, alles wieder zu entfernen. Bevor sich der Ortsbeirat damit befasst, besahen sich die Kommunalpolitiker die Situation vor Ort.

„Wir wollen Ihnen heute hier die Gesamtplanung vorstellen“, sagte Gert Stahnke, Leiter des Straßenverkehrsamts. „Es handelt sich um einen Lückenschluss im Radwegenetz“, führte Joachim Hochstein, Leiter des Radfahrbüros, aus. Radfahrer sollen von Westen her direkt in die Ortsmitte gelangen können. Deshalb sei die Einbahnstraße für sie geöffnet worden. Der Schwenk über den Gehweg soll verhindern, dass Radfahrer direkt in der Kurve ankommen. „Wir haben momentan keine bessere Lösung“, bedauerte er. Von den aufgeschraubten Verkehrsinseln profitierten nicht nur die Radfahrer, sondern auch Fußgänger. Außerdem werde alles transparenter und übersichtlicher aufgrund des ausgedehnten Halteverbots. Weitere „begleitende Maßnahmen“ in der Bahnstraße sollen zudem dafür sorgen, dass die Autofahrer schon vor der Kurve auf Tempo 30 hinunter bremsen. „Wir dachten, wir tun etwas Gutes“, versicherte Hochstein.

Die Inseln werden regelmäßig gerammt

Bertram Giebeler vom ADFC bestätigte, dass es bei Tempo 30 kein Problem sei, die durch die Verkehrsinseln geschaffene Engstelle zu passieren. Trotzdem werden die Inseln regelmäßig angefahren und verschoben. „Wir haben sie schon viermal neu verschraubt“, berichtete Günter Schneider, Leiter des Baubezirks West. Ralf Lemster, Radfahrer, sagte: „Die genannte Lücke ist mir noch nie aufgefallen. Ich fahre immer durch die Johann-Sittig-Straße oder die Meister-Straße. Hier vorne sieht man zu wenig.“ Stadtbezirksvorsteher Dieter Frank stört sich daran, dass durch die Inseln eine sichere Querung suggeriert werde. „Wissen Radfahrer und Fußgänger, dass sie keinen Vorrang haben?“, fragte er. „Der scheinbare Schutz ist eine Irreführung“, sagte auch Albrecht Fribolin: „Diese Lösung ist ausgesprochen gefährlich.“ Leite man die Radler durch die Sittig- oder Meister-Straße, „könnte man sich die ganze gefährliche Malerei sparen“, sagte er. Doch Giebeler und Susanne Neumann, Pressesprecherin des ADFC in Frankfurt, winkten ab: „Das wäre ein Umweg.“

Joachim Hochstein schlug vor, die aufgemalten Linien auf dem Gehweg zu entfernen und nur mit einem Fahrrad-Piktogramm auf die Wegeführung hinzuweisen. „Dann bleibt aber das Problem des Radfahrens gegen die Einbahnstraße“, schüttelte Fribolin den Kopf. Als stadtweit viele Einbahnstraßen für Radfahrer in beide Richtungen geöffnet wurden, habe es für die wenigen Ausnahmen gute Gründe gegeben. Deshalb habe sich der Ortsbeirat ausdrücklich dagegen ausgesprochen, die Westenberger Straße frei zu geben.

Ortsbeirat Thomas Schlimme (Grüne) vermutete, dass die „konservativen Bevölkerung“, die grundsätzlich gegen das Radfahren gegen die Einbahnstraße sei, die Striche auf dem Gehweg als Provokation empfinden könnte. „Blödsinn“, kommentierte Fribolin. Es zeichnete sich ab, dass es in der nächsten Sitzung des Ortsbeirats eine lebhafte und kontroverse Diskussion darüber geben wird, ob die Radwegemarkierungen bleiben oder nicht.

Unstrittig war die vorgesehene Querungshilfe für Fußgänger in der Sindlinger Bahnstraße, Höhe Haus Nummer 7. Dort sollen ebenfalls Verkehrsinseln installiert werden. Die Markierungen sind schon aufgebracht. Dafür entfallen zwei Parkplätze. hn

Das Corpus delicti besahen sich einige Mitglieder des Ortsbeirats Sechs vor Ort am Dalles. Fotos: Michael Sittig

Das Corpus delicti besahen sich einige Mitglieder des Ortsbeirats Sechs vor Ort am Dalles. Fotos: Michael Sittig

Joachim Hochstein, Leiter des Radfahrbüros, erklärte den Ortsbeiräten die Radwegeführung durch Sindlingen.

Joachim Hochstein, Leiter des Radfahrbüros, erklärte den Ortsbeiräten die Radwegeführung durch Sindlingen.