Mit 34 Tonnen durch den Ort

Mit 34 Tonnen durch den Ort

Verkehr Die Fahrer des Betriebs Krämer würden gerne außen herum fahren, dürfen es aber nicht

Vier Achsen. 34 Tonnen. Knapp 18 Meter lang und 2,50 Meter breit. Mit diesem wuchtigen Gefährt muss Lastwagenfahrer René Bruder vier- bis fünfmal am Tag das Betriebsgelände der Firma Gebrüder Krämer am südlichen Ende der Okrifteler Straße ansteuern. Er bringt gehäckseltes Material von den Arbeitseinsätzen der Spezialisten für Baumpflege zum Lagerplatz direkt unterhalb der Brücke der B40a. Die Ortsdurchfahrt ist zwar für Lastwagen über 7,5 Tonnen gesperrt, aber Anlieger dürfen passieren. Sie müssen es sogar.

„Wir dürfen die Baustraße nicht nutzen“, bedauert Inhaber Markus Krämer. Wenn es die Fahrer des Baumpflegebetriebs doch tun, riskieren sie happige Strafen. Krämer zeigt einen Strafzettel vom Februar vor: 103 Euro, weil einer seiner Fahrer Autofahrer, Anwohner und die eigenen Nerven schonen wollte und die Umfahrung nutzte. Der Wirtschaftsweg ist jedoch ausschließlich für den Schwerverkehr zur und von der städtischen Kläranlage am Roten Weg frei gegeben. Ansonsten dürfen nur Landwirte, Anlieger, Fußgänger und Radfahrer die parallel zur Zu- und Abfahrt der B40a verlaufende Straße vom Hofheimer Grund zur Okrifteler Straße (L3006) benutzen.

Seit 25 Jahren vergebliches Bemühen

Das ist schwer verständlich. Die großen Fahrzeuge behindern den Verkehr im Ort hochgradig und belasten die Anwohner. Deshalb bemüht sich Ortsbeirat Albrecht Fribolin (CDU) seit 1991 darum, die Baustraße für Lastwagen freizugeben und damit eine Verkehrsberuhigung in der Okrifteler Straße zu bewirken. Regelmäßig stellt er Anträge, hakt nach (Siehe Bericht rechts). Oberbürgermeisterin Petra Roth, den Zeilsheimer Landtagsabgeordneten Alfons Gerling, Stadtrat Markus Frank, kurz: Gott und die Welt hat er schon angeschrieben und um Hilfe gebeten.

Vergebens. Arbeitsbühnen, Großhacker, Wurzelfräsen, Rückwärtskipper, Häcksler und Hubsteiger, insgesamt 13 Lastwagen zwischen 6,5 und 36 Tonnen, pendeln täglich teils mehrfach zwischen dem Krämerschen Betriebsgelände und den Einsatzstellen überall in der Stadt. Außerdem werden regelmäßig Hackschnitzel für das Biomassekraftwerk der Stadt von großen Sattelschleppern abgeholt. Außerdem sind weitere Handwerksbetriebe mit ihrem Fuhrpark in dem kleinen Gewerbegebiet Mochstädter Straße ansässig. Sie alle müssen durch den Ort.

Etwa 20 Jahre lang nutzten die Krämer-Laster die Baustraße, die teils auf Frankfurter, teils auf Hattersheimer Gemarkung verläuft. Doch 2012 beschwerten sich Radfahrer beim Hattersheimer Ordnungsamt über den Schwerverkehr. Sie fühlten sich „bedrängt, genötigt, beschimpft“, schimpften sie. Daraufhin forderte das Ordnungsamt der Stadt Hattersheim Krämers auf, die Straße nicht mehr zu nutzen. „Dabei hatte uns das doch die Stadt Frankfurt erlaubt“, wunderte sich Markus Krämer. Das funktioniere gut. Die Bürger seien froh über jeden Laster, der nicht durch den Ort rolle. Die Nutzung der Baustraße sei „die Variante, die Lärm und Abgase4 aus Sindlingen Ortskern heraushält“, erklärte Fribolin.

Krämer bemühte sich um eine Ausnahmegenehmigung. Sie wurde von Seiten der Stadt Hattersheim abgelehnt, die keine Notwendigkeit dafür sah. Das Frankfurter Straßenverkehrsamt tröstete: Als Anlieger dürfe Krämer ja ohne Tonnagebeschränkung passieren, und weil die Okrifteler Straße eine sechs Meter breite Fahrbahn habe, könnten „LKW trotz einseitiger Beparkung ohne weiteres“ dort fahren. „Da Sie Ihr Lager über die Okrifteler Straße uneingeschränkt auf zumutbarem Weg erreichen können“, wurde der Antrag dann auch von Frankfurt abgelehnt.

Die Grünen im Ortsbeirat Sechs machten sich für die Radler stark und schlugen vor, intensiver zu kontrollieren. Das geschieht nun, und zwar von Seiten der Hattersheimer. „Ich bin zuletzt verstärkt angesprochen worden, warum unsere schweren LKW durch den Ort fahren. Aber was soll ich machen?“, fragt Markus Krämer: „Wir würden gerne die Baustraße nehmen, aber es ist nicht rechtens.“

Nichts für schwache Nerven

Die Fahrt durch Okrifteler und Bahnstraße ist nichts für schwache Nerven. Durch das versetzte Parken ist die Straße maximal 4,20 Meter breit. 2,50 Meter braucht der Lastwagen. „Das passt einfach nicht“, sagt Markus Krämer. Noch nicht einmal ein Kleinwagen passt an dem Brummi vorbei. „Es geht nur, wenn einer auf den Bürgersteig ausweicht“, sagen René Bruder und sein Chef. Normale Menschen wie die Autofahrerin, die dem Berufskraftfahrer gerade entgegen kommt, machen das, indem sie vorsichtig auf den Gehweg auffahren und stehen bleiben, bis sich der riesige blaue Laster vorsichtig zentimeterdicht an ihnen vorbei geschoben hat. Aber es gibt auch andere. Sie heizen mit Karacho über den Bürgersteig – was übrigens täglich im Begegnungsverkehr auch ohne Beteiligung eines Lastwagens zu sehen ist. „Es kommt auch öfter vor, dass jemand auf seinem „Recht“ besteht“, weiß Bruder. Selbst wenn der Lastwagen schon in der Engstelle steckt, macht er keinen Platz. „Der Klügere gibt nach, also setze ich mit meinen 34 Tonnen zurück“, schildert er die täglichen Schwierigkeiten. hn

Enge Kiste: Wenn der Gegenverkehr nicht auf den Bürgersteig ausweicht, geht nichts mehr in der Okrifteler Straße. Die Fahrer der Firma Krämer dürfen zwar als Anlieger hier fahren, würden aber lieber die Baustraße nehmen. Das ist ihnen jedoch verboten. Fotos: Michael Sittig

Enge Kiste: Wenn der Gegenverkehr nicht auf den Bürgersteig ausweicht, geht nichts mehr in der Okrifteler Straße. Die Fahrer der Firma Krämer dürfen zwar als Anlieger hier fahren, würden aber lieber die Baustraße nehmen. Das ist ihnen jedoch verboten. Fotos: Michael Sittig

Reicht‘s?

Reicht‘s?

Anwohnerin Magdalena Möller, CDU-Ortsbeirat Albrecht Fribolin und Firmenchef Markus Krämer verfolgen die Fahrt des 34-Tonners durch die Okrifteler Straße.

Anwohnerin Magdalena Möller, CDU-Ortsbeirat Albrecht Fribolin und Firmenchef Markus Krämer verfolgen die Fahrt des 34-Tonners durch die Okrifteler Straße.