Bürger beschweren sich weniger oft

Bürger beschweren sich weniger oft

Gesprächskreis der Nachbarn Neues aus dem Industriepark

Nichts Neues an der Geruchsfront. Im Gesprächskreis der Nachbarn des Industrieparks stellte der Immissionsschutzbeauftragte des Industriepark-Betreibers Infraserv, Guido Schmitt, die Fortschreibung der Diagramme zur Geruchsbelastung in Sindlingen vor.

Seit 2007 lässt Infraserv hier Geruchsmessungen vornehmen. Weil die Entsorgungsanlagen des Chemiewerks direkt an der westlichen Werksgrenze und nur wenige Meter entfernt von den ersten Wohnhäusern stehen, leiden die Anwohner bei Nordostwind besonders stark unter den fauligen Gerüchen.

Guido Schmitt erinnerte an einen „Geruchsrundgang“ mit Bürgern im Mai, bei dem der Vorgang der Geruchsmessung erklärt wurde. Generell sei seit Februar 2008 dank verschiedenster Maßnahmen eine allmähliche Verbesserung eingetreten. Rückmeldungen von Bürgern bestätigten, dass die Intensität der Gerüche deutlich nachgelassen habe. Die Zahl der Beschwerden sei von 72 im Vorjahr auf bislang 49 gesunken.

Revision möglichst nicht bei stehender Luft

Bei Revisionsarbeiten an den drei in Frage kommenden Anlagen seien Geruchsbelästigungen jedoch nicht zu vermeiden. Markus Gelbert von Infraserv betonte, dass Wartungsarbeiten generell nicht im Sommer, bei stehender Luft, geplant würden, sondern in den Übergangsjahreszeiten „mit guter Chance auf kräftigen Wind.“ Der muss dann nur noch aus der richtigen Richtung kommen. Schmitt versicherte, dass allen Meldungen von Bürgern über üble Gerüche unverzüglich nachgegangen werde.

Ein weiteres Thema waren Veränderungen im Industriepark selbst. Frank Zurmühlen, Standortleiter der Bayer AG, berichtete, dass sein Unternehmen den Betrieb, der das Pflanzenschutzmittel „Basta“ herstellt, an die BASF verkaufen möchte. Damit wolle das Unternehmen Bedenken von Kartellwächtern entkräften, die sonst ihr Veto gegen die geplante Übernahme des US-amerikanischen Saatgutherstellers Monsanto durch Bayer einlegen könnten. Der Verkauf erfolge nur im Fall einer erfolgreichen Übernahme. Betroffen wären rund 100 der 800 Mitarbeiter vor Ort. Sie erhielten eine dreijährige Beschäftigungsgarantie von BASF, versicherte Zurmühlen. Forschung und Entwicklung, insbesondere die Herbizid-Forschung, und die Formulierungsbetriebe blieben weiter bei Bayer.

Intelligente Holznutzung

Rund 100 neue Arbeitsplätze könnten entstehen, wenn sich ein neuer Betrieb im Industriepark ansiedelt. Das finnische Unternehmen UPM befindet sich in der letzten Planungsphase zur Errichtung einer Bio-Raffinerie auf der Südseite des Werks, in der Nähe der großen Lastwagenzufahrten. UPM sei weltweit größter Hersteller grafischer Papiere, größter Altpapier-Recycling-Betrieb und europaweit der größte Hersteller von Sperrholz, führte Michael Duetsch, Leiter von Biochemicals Deutschland, aus. Doch der Papiermarkt ist rückläufig. Deshalb suchen die Finnen neue Geschäftsfelder.

Eins davon soll die Herstellung von Biochemikalien aus Laubbäumen sein. Sie könnten als Grundstoffe für Textilien, Flaschen, Verpackungen, Enteiser, Holzklebstoffe, Kunststoffe sowie Produkte der Pharma- und Kosmetikbranche gas- und ölbasierte Stoffe ersetzen. „Nachhaltig, CO2-neutral, verfügbar, keine Lebensmittelkonkurrenz, kurzum: Intelligente Holznutzung als Treiber der Bioökonomie“ sei das, sagte Duetsch. Für den Industriepark sprächen seine „hervorragende Infrastruktur“, die Lage in Zentraleuropa, der Rhein als Verbindung zu namhaften chemischen Betrieben und die guten Chancen, im Rhein-Main-Gebiet qualifizierte Mitarbeiter zu finden.

In diesem Jahr trifft sich der Gesprächskreis am 22. März und am 8. November. hn