Lothar Kleber begleitet als Alleinunterhalter nicht nur die katholische Fastnacht

Es begann mit dem Schifferklavier

Porträt Lothar Kleber begleitet als Alleinunterhalter nicht nur die katholische Fastnacht

Tusch, Narrhallamarsch, Einmarsch: Wenn Büttenredner und Gardetänzer bei der katholischen Fastnacht auf die Bühne kommen, begleitet Lothar Kleber den Einzug. Schon bevor die Moderatoren den Fastnachtsabend eröffnen, sitzt er an seinem Keyboard und spielt Stimmungsmusik. Bei Umbaupausen zwischendurch bringt er die Besucher mit Klassikern der Karnevalsmusik zum Schunkeln und selbstverständlich setzt er auch bei Pointen den Tusch.

Lothar Kleber, 71 Jahre, ist Alleinunterhalter. Seit über zehn Jahren kennen ihn die Sindlinger als unauffälligen, aber unverzichtbaren Begleiter der katholischen Fastnacht sowie der Seniorenfastnacht der Arbeitsgemeinschaft Sindlinger Ortsvereine. Auch bei der Kür des Apfelweinkönigs war er jahrelang dabei. Sein Repertoire ist immens, reicht von der „Frau Rauscher“ über Walzer und Märsche bis hin zu Swing und Evergreens. Dabei ist er einer der letzten seines Fachs, die noch selbst in die Tasten greifen. Denn die elektronische Revolution erlaubt es heute nahezu jedem, mit Hilfe der entsprechenden Geräte Musik zu spielen.

Lothar Kleber dagegen ist Musiker von klein auf. „Hiermit fing es an“, sagt er und zeigt auf ein altes, rotes Schifferklavier mit 15 bernsteingelben Tasten und 12 Bässen. „Mein Vater brachte es eines Tages nach Hause. Er hatte es für fünf D-Mark erstanden. ‚Der Bub lernt Akkordeonspielen‘, bestimmte er. Da war ich etwa fünf Jahre alt“, erzählt der Eddersheimer. Also ging’s einmal in der Woche zu einer Akkordeonlehrerin. „Das erste Vierteljahr war quälend. Fingerübungen, Notenlehre“, berichtet er von zähem Beginn. Doch als die ersten Melodien gelangen, „hat es Spaß gemacht“. Nach drei, vier Jahren erhielt er ein größeres Instrument. Seine Lehrerin dirigierte ein Akkordeonorchester, dem er sich anschloss. Als es aufgelöst wurde, trat er mit zwölf Jahren ins Flörsheimer Akkordeonorchester ein. Etwa fünf Jahre spielte er dort mit. „Dann kamen Mitte der 60-er Jahre die Keyboards auf“, sagt er. Damit war er fürs Akkordeon verloren.

Die elektronischen Töne faszinierten ihn. „Meine ersten beiden Keyboards habe ich mit Bausätzen selbst zusammengelötet, hier auf dem Küchentisch“, schmunzelt er. Keyboard zu spielen war damals sehr modern. Zusammen mit einem Gitarristen und einem Schlagzeuger bildete er das Trio „Die Tongas“ und war fortan an den Wochenenden auf Achse. „Damals gab es noch viele Veranstaltungen, bei denen richtig getanzt wurde“, berichtet er: „Wir haben überall Musik gemacht.“

Mit den „Tongas“ auf Tour

Auf vier, in Glanzzeiten sogar sechs Mitglieder wuchs die Band.

Ab Mitte der 70-er Jahre jedoch näherte sich die Ära der großen Saaltanzveranstaltungen dem Ende. Diskotheken kamen auf. Gleichzeitig forderten Beruf und Familie ihren Tribut. Lothar Kleber arbeitete nach einer Ausbildung zum Chemielaboranten und Weiterbildung zum Betriebstechniker in einem Chemiehandelsunternehmen in Frankfurt. Er heiratete, eine Tochter kam zur Welt. Auch seine Musikerkollegen setzten nun andere Schwerpunkte im Leben. Die Band löste sich auf.

Lothar Kleber, dessen Frau Inge 30 Jahre lang im katholischen Kindergarten Sindlingen arbeitete, schloss sich mit ihr dem katholischen Familienkreis Sindlingen an. Ab und an begleitete er dort eine Feier. Die Musik blieb sein Hobby.

Vor etwa zehn Jahren begann Lothar Kleber, Sindlinger Veranstaltungen musikalisch zu begleiten. Daneben hat er noch weitere feste Termine während der Fastnacht und ist bei privaten Feiern als Alleinunterhalter gefragt. Dem Namen macht er alle Ehre, denn mit seinem Gerät ersetzt er leicht eine ganze Band. Die Keyboards wurden immer besser. Anfangs gab es nur Rhythmus, heute kann jedermann mit so genannten Midi-Files alles abspielen. „Das ist wie bei einem Diskjockey, der Platten auflegt“, sagt er. Der Liedtext erscheint wie beim Karaoke auf einem integrierten Bildschirm. „Das Lied läuft auf Knopfdruck und klingt wie von der Schallplatte. Und es klingt bei jedem gleich“, sagt er. In der Folge kann jedermann mit der entsprechenden Ausrüstung auftreten.

Am liebsten ist er seine eigene Big Band

Lothar Kleber dagegen spielt selbst. Er unterlegt den Rhythmus, wählt die Klangfarbe und weitere Details und legt los. Am liebsten sind ihm persönlich alte Swingnummern, für die er gerne die Option Big Band wählt.

Bei den Fastnachtsfeiern wird er aber auf die bewährten Stimmungs- und Schunkellieder zurückgreifen. Und natürlich auf Tusch und Narrhallamarsch zum Ausmarsch. hn

Lothar Kleber begleitet seit vielen Jahren die katholische Fastnacht und weitere Veranstaltungen in Sindlingen als Alleinunterhalter. Foto: Michael Sittig

Lothar Kleber begleitet seit vielen Jahren die katholische Fastnacht und weitere Veranstaltungen in Sindlingen als Alleinunterhalter. Foto: Michael Sittig