Ein heißer Ort im kalten Krieg

Heimat- und Geschichtsverein

Ein heißer Ort im kalten Krieg

Sindlinger am „Point Alpha“ – Militärstützpunkt an der DDR-Grenze

Tief gebeugt über eine große Vitrine folgten die Mitglieder des Sindlinger Heimat- und Geschichtsvereins konzentriert den Ausführungen der Referentinnen über die wahrscheinliche Einmarschroute der Roten Armee nach Westen. Das „Fulda Gap“ bot den Militärs das geeignete Durchmarschgebiet, um auf dem schnellsten Weg Frankfurt und damit den wichtigsten Flughafen zu erreichen. Diese Information bildete den Abschluss einer zweistündigen Erkundung der Mahnstätte „Point Alpha“ zwischen Hünfeld und Geisa (Thüringen), unmittelbar an der ehemaligen Grenze zwischen der DDR und der BRD. Fast 40 Sindlinger waren mit dem Bus angereist, um sich ein Bild von der jüngeren Vergangenheit der Nahtstelle zwischen Ost und West zu machen.
Zunächst ließen sich die Besucher im „Haus auf der Grenze“ über das ehemalige DDR-Grenzsicherungssystem informieren. Zwar kennt jeder die Mauer in Berlin, aber die übrigen 1400 Kilometer Grenze waren nicht weniger beeindruckend: Stacheldraht, Selbstschussanlagen mit Trichtern voller Metallsplitter, Minenfelder, all das konnten die Sindlinger hautnah in Augenschein nehmen.
Beim anschließenden Spaziergang auf dem Kolonnenweg zum US-Beobachtungspunkt „Point Alpha“ erhielten die Besucher weitere Informationen und Beispiele „in natura“: Die Weiterentwicklung des Grenzzaunes vom einfachen Stacheldraht zum über der Meter hohen, scharfkantigen Stahlgitterzaun mit Signaldrähten; Hundelaufanlagen, wo äußerst scharfe Hunde jede Bewegung melden und Fluchtversuche verhindern sollten. Übrigens mussten etwa 1000 dieser Hunde nach der Wiedervereinigung wegen ihrer Gefährlichkeit eingeschläfert werden! Kurzum: Die Sindlinger Besucher waren zutiefst beeindruckt von den Auswüchsen dieses perfiden Staatssystems.
Stand im ersten Teil eher die unmenschliche Grenze im Vordergrund, so beschäftigten sich die Besucher anschließend mit dem amerikanischen Beobachtungsstützpunkt „Point Alpha“. Die Gästebegleiter erläuterten das amerikanische Leben vor Ort, das damals total abgeschlossen von der Umgebung stattfand. Eine eigene Wasser- und Energieversorgung, Sportfeld, Spiel- und Unterhaltungsmöglichkeiten machten das Leben der GIs, die in der Regel vier Wochen hier stationiert waren, erträglicher. Zunächst nur in Zelten untergebracht, versahen sie später in Holzbaracken ihren Dienst, auch wenn das Beobachten auf dem Turm im Winter sehr hart gewesen sein muss.
Zahlreiche Dokumente und Uniformen, Einblicke in das tägliche Lagerleben ermöglichten es den Sindlingern, sich ein Bild vom damaligen Leben zu verschaffen. Der schneidende Ostwind, der am Besuchstag unablässig über die Höhen der Rhön blies, tat ein Übriges, um die unangenehme Seite dieser Epoche zu vermitteln.
Alle Heimathistoriker waren froh, in einer Baracke windgeschützt bei Kaffee und Kuchen neue Stärkung zu erhalten. Schließlich kehrte die Gruppe nach einer schönen Rundfahrt rund um die Wasserkuppe und einer Abendrast in Wächtersbach-Aufenau wohlbehalten nach Sindlingen zurück. Die gewonnen Eindrücke boten genügend Gesprächsstoff, sodass die Zeit wie im Fluge verging. DF