Reinigungstag: Vom Wegwerfen und Aufräumen
Reinigungstag
Vom Wegwerfen und Aufräumen
Vor 40 Jahren organisierte Horst Hieronimus die erste Abfallsammlung rund um Sindlingen
Der Reinigungstag des Vereinsrings hat seinen festen Platz im Jahresterminplan. Entstanden ist die Idee, gemeinsam Müll aufzusammeln, bereits 1974. Der damalige Stadtbezirksvorsteher und Vorsitzende des Vereinsrings, Horst Hieronimus, regte die „Aktion saubere Landschaft“ im März vor 40 Jahren an und setzte sie um. „Ich bin viel mit der Familie in den Fluren gelaufen“, berichtet der passionierte Wanderer und Naturfreund. Doch immer wieder trübten sperrige Tonnen, alte Wannen, rostige Geräte oder verrottende Möbel die Freude am Spaziergang. In den Wingerten (damals noch Obstwiesenland ohne Hütten und Zäune), am alten Sportplatz im Horles, am Mainufer und entlang der Landstraßen und Feldwege lag überall Müll herum. „Das war mir ein Dorn im Auge“, sagt Hieronimus, „deshalb entschloss ich mich einzugreifen“. Er sprach beim Stadtreinigungsamt (heute FES) vor und bekam grünes Licht.
Rektor Daub von der Meister-Schule schickte am Freitag vor dem eigentlichen Aktionstag 100 ältere Kinder und drei Lehrer, die die Gemarkung gründlich säuberten. „Die Schüler entwickelten einen enormen Spürsinn“, erinnert sich der Initiator. Sie schafften die gefüllten Müllsäcke zu Sammelplätzen und rückten sperrige Gegenstände an die Wege. Grundstücksbesitzer, die vorab informiert worden waren, packten selbst mit an und stellten Sperrgut dazu. Kurzum: Am Freitag Abend war eine gewaltige Menge Müll zusammen gekommen.
Samstag rückten etwa 50 erwachsene Helfer aus Vereinen und Bürgerschaft an, um den Abfall abzuräumen. Die ortskundigen Helfer Ernst Spengler, Karl Vogt, Dieter Dierich, Rudolf Spindler, Heinz Wohlgemuth und Fritz Bley führten die einzelnen Gruppen an. Die Sindlinger Firmen Hartmann, Möller, Welz sowie Willy Seiler und die Landwirte Ludwig Stappert und Alfons Müller stellten Fahrzeuge zur Verfügung. Damit wurde Ladung um Ladung in die bereitgestellten Container geschafft. Drei Stück mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 64 Kubikmeter waren im Nu gefüllt. Auch zwei zusätzliche konnten nicht alles aufnehmen. Am Ende sind weit über 100 Kubikmeter Müll zusammengekommen, erinnert sich Horst Hieronimus. „Das war die wohl erfolgreichste und umfangreichste Aktion dieser Art im Frankfurter Stadtgebiet“, meint er. Sie hielt jedoch nicht lange vor. Schon in der Nacht zu Sonntag entledigte sich jemand seines Unrats in dem gerade erst mit viel Mühe gesäuberten Gebiet. Der Stadtbezirksvorsteher durchsuchte den neuen Haufen Unrat und fand heraus, wer ihn deponiert hatte. „Ich zeigte den Sünder an und der bekam immerhin eine Geldstrafe von 500 Mark“, berichtet er.
Bis aus der einmaligen Aktion ein regelmäßiger Einsatz wurde, sollten noch viele Jahre vergehen. Erst 2005 etablierte die Arbeitsemeinschaft Sindlinger Ortsvereine (Arge Sov) unter dem damaligen (und heutigen) Vorsitzenden Andreas Rühmkorf wieder einen Reinigungstag.
Horst Hieronimus organisiert übrigens seit etlichen Jahren ebenfalls wieder Umwelttage, und zwar in Flörsheim. „Als die Stadt jemanden für die Flurbetreuung suchte, meldete ich mich“, berichtet er, wie der Kontakt zustande kam. Wie vor 40 Jahren in Sindlingen bereitet er den Einsatz der ehrenamtlichen Helfer gründlich vor. Er fährt die Strecke vorab mit dem Fahrrad ab, markiert in Karten die Stellen, an denen besonders viel herumliegt, und teilt die Gruppen ein. Rund 20 000 Kubikmeter Müll kommen jedes Jahr zusammen, sagt er. Anders als früher liege aber weniger Sperrmüll herum, sondern mehr Plastik. Außerdem hätten sich die Schwerpunkte verlagert. „Heute besteht eine unglaubliche Vermüllung auf den Straßen und an den Rändern der Haupteinfallsstraßen“, stellt er fest: „Es wird einfach alles aus dem Fenster geworfen“. Das Phänomen ist auch in Sindlingen bekannt. Allein die engen Kurven der Zu- und Abfahrt zur und von der B40 sind mit Kaffeebechern, Papierfetzen, Verpackungsfolien, Zigarettenschachteln und ähnlichem übersät. Offenbar nehmen zu viele Autofahrer den Begriff der „Wegwerf-Verpackung“ wörtlich. hn