Lieber zu Fuß als im Elterntaxi
Lieber zu Fuß als im Elterntaxi
Ludwig-Weber-Schule Aktionstag zu den Vorzügen des autolosen Schulwegs
Zu Fuß zur Schule zu gehen, war früher selbstverständlich. Dabei legten sogar Grundschulkinder mitunter weite Wege zurück. Vor dem Bau der Ludwig-Weber-Schule beispielsweise war es ganz normal, dass schon die Erstklässler täglich bis zur Meister-Schule in Sindlingen-Süd marschierten. Dass einmal ein Kind mit dem Auto gebracht wurde, kam so gut wie nicht vor.
Heute sieht das anders aus. Insbesondere vor Kindergärten und auch vor vielen Schulen spielt sich jeden Morgen das Gleiche ab. Eltern fahren am liebsten bis vor die Schultür, um ihre Kinder aussteigen zu lassen, verstellen Gehwege, behindern andere Eltern und Kinder und blockieren sich gegenseitig.
An der Ludwig-Weber-Schule ist das zum Glück nicht so. „Die große Masse unserer Schüler kommt zu Fuß“, sagt Konrektor Martin Stojan. Trotzdem macht die Grundschule jedes Jahr mit bei der Aktionswoche „Zu Fuß zur Schule“. „Konstanz ist wichtig“, erklärt er: „Es kommen neue Kinder, und mit der Zeit wird es auch vergessen.“ Dabei sei das selbständige Bewältigen des Schulwegs in vieler Hinsicht wichtig. Auf dem Schulweg treffen sich Mitschüler, sprechen miteinander, „und es ist auch eine Vorbereitung auf die weiterführende Schule“, hebt Martin Stojan hervor. Wenn die Kinder nach der vierten Klasse weitere Wege zurücklegen müssen, sollten sie dazu auch in der Lage sein. Sich sicher im öffentlichen Raum bewegen können, soziale Kontakte pflegen, sich in der frischen Luft bewegen und dadurch besser konzentrieren können sind nur einige der Vorteile, die der tägliche Fußweg zur Schule mit sich bringt.
Für Nico (6) und Alessandro (5) kommt ohnehin nichts anderes in Frage. „Wir wohnen um die Ecke“, sagen ihre Mütter, während sich die Buben ihre Laufzettel abstempeln lassen. Während der Aktionswoche bekamen sie einen für jeden Tag, an dem sie zu Fuß gingen, erklärt Lehrerin Dorothea Lauer. An vier Tagen erledigten das die Klassenlehrer, am „Zu-Fuß-zur-Schule“-Aktionstag verteilten Martin Stojan und Dorothea Lauer die Stempel schon am Eingang zum Schulhof. Lavinia (6) hat keinen bekommen. Sie lebt zwar ebenfalls in der Nähe der Weber-Schule, doch sie geht nie zu Fuß. „Ich bringe sie immer mit dem Auto, auf dem Weg zur Arbeit“, erklärt Mutter Jasmina Capljak. Eigentlich sei der Weg nicht so weit, aber „ich möchte sie nicht alleine gehen lassen“, erklärt sie, warum sie die Erstklässlerin jeden Tag bringt und auch wieder abholt: „Ich habe Angst, dass ihr etwas passieren könnte auf dem Schulweg. Mir ist wohler, wenn ich weiß, dass sie sicher in der Schule ist.“
Fachleute nennen das „Verinselung“. Der Ausdruck besagt, dass Kinder zunehmend den eigenständigen Zugang zum öffentlichen Raum und Einrichtungen wie Schulen oder Kindergärten verlieren. Nicht zuletzt wegen der vielen Autos werde es für Kinder immer schwieriger, sicher von einem Ort zum anderen zu gelangen. Sogar der Gang zum Spielplatz oder Besuch bei Freunden leide darunter, und als Ergebnis sind wieder die Erwachsenen mit ihren Autos gefragt, die als „Elterntaxi“ den Transport besorgen.
Die Ludwig-Weber-Schule jedenfalls wird sich auch im nächsten Jahr wieder am Aktionstag von Verkehrsclub Deutschland und Kinderhilfswerk beteiligen und dafür werben, die Kinder alleine und zu Fuß zur Schule zu schicken. hn