Geschichtsverein: Der Kaiser blickt zurück
Geschichtsverein
Der Kaiser blickt zurück
Ehemaliger Verwaltungschef im Bolongaropalast erzählt aus seinem Leben
„Der Kaiser“, Höchster Bürgermeister oder „the man who runs the show“ – Alfons Kaiser hatte viele Titel. Der ehemalige Verwaltungschef des Bolongaropalasts erzählte auf Einladung des Heimat- und Geschichtsvereins Sindlingen im Hotel Post über die Jahrzehnte, die er mitgeprägt hat.
Der 79-Jährige, ein Sindlinger Bub, erinnert sich noch an die Zeit, „als im Ort nur zehn Autos herumfuhren und ein Laib Brot 50 Pfennig kostete. Das war in den 1930ern.“ Seitdem habe sich im Frankfurter Westen viel geändert. Der Mann, der in der Vorkriegszeit geboren wurde, kann über viele prägende Momente in seinem Leben berichten. Bereits in jungen Jahren trat er der Viktoria Sindlingen bei. „Damals haben wir noch auf einem Sandhaufen gekickt und uns die Knie dabei aufgeschabt.“ Kaiser ist bis heute passionierter Eintracht-Frankfurt-Fan: „Heute ist es ein richtiges Event, wenn man zu einem Fußballspiel geht.“
Beamter nur per Zufall
Um sich auf seinen Beruf zu konzentrieren, gab Kaiser das Fußballspielen mit 28 Jahren auf, blieb aber bis heute passives Vereinsmitglied der Viktoria. Auch dem Gesangsverein Germania hält er seit Jahrzehnten die Treue. Kaiser machte seinen Abschluss in der Höchster Handelsschule und bekam daraufhin eine Beamtenstelle: „Ich wusste nicht einmal richtig, was ein Beamter genau macht.“ Als Verwaltungslehrling startete er seine Karriere im Bolongaropalast. „Mit der Zeit habe ich dort verschiedene Positionen eingenommen. Beispielsweise Oberinspektor. Aber ich wurde schnell in den gehobenen Dienst befördert. Irgendwann war ich dann Magistratdirektor und Verwaltungschef“, erzählt Kaiser. Von vielen wurde er als „Höchster Bürgermeister“ tituliert. „Das habe ich aber erst immer abgestritten. Die Amerikaner nannten mich ,the man who runs the show.‘ (etwa: Der Mann, der die Sache am Laufen hält) Darauf haben wir uns dann geeinigt“, erzählt Kaiser mit einem Augenzwinkern. Als der ehemalige OB Willi Brundert tatsächlich das „Bürgermeisteramt“ in Höchst schuf, geschah das auch zu Kaisers Gunsten. „Damit hat auch meine Position als Verwaltungschef an Ansehen gewonnen.“
Mit 62 Jahren ist er vom Amt als Verwaltungschef zurückgetreten. „Ich wollte zusammen mit meiner Frau Katrin ein neues Leben beginnen. Ich hatte in all den Jahren nur wenig Zeit für sie, da ich immer viel für die Stadt unterwegs war.“ Trotzdem habe sie ihrem Mann immer den Rücken freigehalten und viel für ihn aufgegeben. „Dafür bin ich Katrin sehr dankbar“, sagt Kaiser. Danach hat das langjährige SPD-Mitglied keine Politik mehr gemacht. Doch sein Ziel, auf die Bedürfnisse der Bürger einzugehen habe er nie aus dem Auge verloren. „Ich bin ab und zu mit dem Fahrrad durch unsere Stadtteile gefahren und habe mir selbst ein Bild von den Problemen der Bürger gemacht“, erzählt Kaiser. Auch als Vorstandsmitglied des Bauvereins für Höchst und Umgebung übernahm Kaiser Verantwortung im Frankfurter Westen. Zusammen mit der Jubiläumsstiftung der Volksbank Höchst unterstützt er bis heute den Jugendsport und die Seniorenhilfe. Außerdem ist er Mitbegründer der Bürgervereinigung Höchst. Für seine langjährigen Einsatz wurde Kaiser von Wolfram Brück (CDU) für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen. „Nachdem ich vorher den Ehrenbrief des Landes Hessen abgeschlagen hatte, habe ich das Bundesverdienstkreuz gerne angenommen“, erzählt Kaiser. Mit fast 80 Jahren schaue er auf seine „schöne und erfolgreiche“ Karriere zurück. Mittlerweile könne er den Bologaropalast schon als zu Hause bezeichnen. Bis heute verfolge er sein wichtigstes Ziel: „Die Bürger unserer Stadtteile müssen unterstützt werden. Wenn der Bolongaropalast wirklich umgebaut werden soll, ist das für mich okay, solange er eine Anlaufstelle unserer Mitbürger bleibt“, sagt Kaiser.
„Immer treu geblieben“
Kaiser sei sich zunächst nicht sicher gewesen, ob er einen Vortrag über sein Leben halten sollte. „Ich wollte nicht, dass ein falscher Eindruck von mir entsteht.“ Doch letztlich habe ich schnell gemerkt, dass sich viele Leute für seine Lebensgeschichte interessieren. Diese Einschätzung unterstützt Dieter Frank, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins. Er habe sich sehr über den Besuch von Herrn Kaiser gefreut. „Obwohl er jeden Tag in einem Palast verbrachte und mit hohen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Verbindung stand, ist er den Stadtteilen immer treu geblieben.“spi (spi)
Nachdruck aus dem Höchster Kreisblatt