Ein Schrank voller Lesefutter
Einweihung Reinstellen oder rausnehmen: Raum für Lektüre
Braucht Sindlingen einen Bücherschrank? „Jeder braucht einen Bücherschrank, weil jeder Bücher braucht. Bücher sind ‚Lebensmittel‘“, sagt Mario Gesiarz. Der Vorsitzende des Fördervereins Buchstütze der Stadtteilbücherei freut sich darüber, dass nun auf dem Richard-Weidlich-Platz, direkt neben dem Entenbrunnen, ein solcher Bücherschrank steht.
Aber warum hier? Die Stadtteilbücherei ist kaum 100 Meter entfernt. „Der Schrank hat erst einmal gar nichts mit der Bücherei zu tun“, erklärt Gesiarz. Entscheidend für die Standortwahl sei gewesen, dass dort Betrieb herrscht durch die umliegenden Geschäfte und „Laufkundschaft“ wegen der S-Bahn-Haltestelle vorbei kommt. Der „Dalles“ in Sindlingen-Süd käme zwar theoretisch auch in Frage, aber dort gebe es mehrere Geschäfte, die neue und gebrauchte Bücher verkaufen. Ihnen soll keine Kundschaft abspenstig gemacht werden.
Denn das Konzept eines Bücherschranks ist so einfach wie wirkungsvoll. Jeder, der sich von gelesenen Büchern trennen möchte, kann sie in den Schrank mit den zwei Glastüren stellen. Jeder, der Lust auf Lektüre hat, kann sich dort bedienen. „Das ist eine gute Ergänzung zur Bücherei und ein niedrigschwelliges Angebot“, sagte Ortsvorsteherin Susanne Serke, die wie vier weitere Ortsbeiräte zur Einweihung gekommen war. Dass es dazu kam, ist einem Ex-Ortsbeirat zu verdanken. Als eine seiner letzten Amtshandlungen brachte Claus Lünzer (SPD) den entsprechenden Antrag mit ein.
Nun wurde der Schrank vom Amt für Straßenbau und Erschließung aufgestellt. Um seine Pflege kümmern sich die Patinnen Meike Bartelt, Renate Donges-Kaveh und Eva-Maria Callender. Die drei Mitglieder des Fördervereins Buchstütze werden darauf achten, dass der Schrank immer angemessen gefüllt ist, kein Müll drin liegt und keine zerfledderten oder sonstwie unappetitlichen Bücher mögliche Nutzer abschrecken. Zusammen mit Ortsvorsteherin Serke stellten die drei Damen symbolisch die ersten Bücher in den Schrank.
Verein bekommt viele gebrauchte Bücher
Mario Gesiarz hatte sicherheitshalber drei Kisten Lesestoff aus dem Fundus des Vereins mitgebracht, um ihn zu füllen. „Wir bekommen als Verein häufig gebrauchte Bücher gespendet“, sagt er. Damit bestückt die „Buchstütze“ ihre Bücherflohmärkte. In den Bücherschrank kamen aber nur ein paar Exemplare. Denn viele der rund 30 Teilnehmer an der kleinen Einweihungszeremonie hatten selbst Buchspenden im Gepäck.
„Ich habe so viele Bücher. Deshalb finde ich es ganz toll, dass es nun einen solchen Schrank hier gibt“, sagte Annegret Kaiser und stellte „Vom Winde verweht“ und „Scarlett“ in ein Regal. „Demnächst bringe ich noch Reisebeschreibungen vorbei“, kündigte sie an. „Das ist nur ein kleiner Anfang“, erklärte auch Renate Ofer und packte aus. Krimis, Romane, Sachbücher. Mitnehmen wollte sie nichts: „Ich kaufe mir immer zu viele Bücher“. Christa Neuser hatte auch Etliches im Gepäck, das sie zuhause ausrangiert hatte. „Man möchte Bücher nicht wegwerfen“, sprach Susanne Serke allen aus der Seele. Deshalb sei ein solcher Schrank eine „gute Gelegenheit, übervolle Regale auszumisten“ und gleichzeitig kostenlos Lesestoff zu finden.
Kaum füllte sich der Schrank, griffen die ersten zu. Fiona (fünf Jahre) zog ein schmales Bändchen mit einem hübschen Titelbild aus dem untersten Fach. Lesen kann sie noch nicht, aber ihre ältere Schwester Celina. „Ich lese es ihr vor“, sagte sie. Auch Dagmar Hruschka ging nicht mit leeren Händen. „Ich bin ein Lesefan“, versicherte sie und packte einen Thriller ein: „Ich finde es gut, dass wir nun auch einen Bücherschrank in Sindlingen haben.“ Die Bücherei hat an drei Tagen in der Woche auf, der Leseschrank immer. „Wir haben jetzt schon eine ganz tolle Mischung“, freute sich Meike Bartelt: Nur eine Viertelstunde nach der Einweihung war der Schrank schon nahezu voll. hn
Sie betreuen den Bücherschrank als Patinnen: (von links) Eva-Maria Callender, Renate Donges-Kaveh und Meike Bartelt. Fotos: Hans-Joachim Schulz
Ortsvorsteherin Susanne Serke weihte den Bücherschrank ein.