Echter Alarm, falsches Feuer

Freiwillige Feuerwehr Sindlingen

Echter Alarm, falsches Feuer

Wehrführer lässt die Einsatzabteilung am eigenen Haus üben

Rauch quillt aus dem Fenster des Altbaus. Auf der Straße versammeln sich die Nachbarn. Der Hausherr greift zum Handy und meldet um 20.02 Uhr den Wohnungsbrand. Unmittelbar darauf alarmiert die Leitstelle die Feuerwehr in Sindlingen. „Alarm, 38 – 43“ knistert es aus dem Funkhörer, den Sven Sommerschuh bei sich trägt. Dem gerade neu gewählten Wehrführer der Sindlinger Brandschützer gehört das Haus, und nun kann er den Fortgang auf allen Ebenen verfolgen. „38 steht für Sindlingen, 43 heißt, dass die Kameraden mit dem Löschfahrzeug 10/6 ausrücken sollen“, erklärt er gelassen – Der Brand ist keiner, den Rauch erzeugt eine Nebelmaschine. Sommerschuh hat sein Haus, das er gerade umfangreich umbaut, für eine Übung zur Verfügung gestellt. Außer ihm und Vorgänger Sascha Fölsing weiß das aber keiner.
Für die Mitglieder der Einsatzabteilung sieht alles echt aus. Sie befassen sich an ihrem Übungsabend im Gerätehaus gerade mit dem Heben und Ziehen von Lasten, als die Leitstelle in Absprache mit dem Wehrführer Alarm gibt. Gleichzeitig läuft ein Fax mit Details zum Einsatzort ein. Die sechs Männer lassen alles stehen und liegen, rennen in die Fahrzeughalle, streifen die Einsatzausrüstung über und fahren los. Sie brauchen nur Minuten, aber für die Leute, die auf die Feuerwehr warten, zieht sich die Zeit – ein normales Phänomen. Um 20.09 Uhr hören die Nachbarn im Lachgraben die Martinshörner. Gleich darauf sehen sie, wie sich das Löschfahrzeug um eine Ecke müht – parkende Autos erschweren das Manövrieren. Auch unmittelbar vor der Einsatzstelle ist es eng, denn auf der einen Seite steht ein Container mit Bauschutt, auf der anderen ein Auto. Millimeterarbeit. Dann ist es geschafft, und schon springt Fahrzeugführer Jens Sommer auf die Straße und erkundet die Lage.
„Rauch im ersten Stock, Vater, Sohn und Frau im Haus und ich kann nicht rein, weil von innen der Schlüssel steckt“, schildert Sommerschuh das Szenario. Sommer blickt ins Innere, sieht, dass das Erdgeschoss rauchfrei ist. Im Hof lehnt eine Leiter an der Hochterrasse. Der Einsatzleiter kehrt zurück auf die Straße und weist seine sechs Männer ein. Die haben schon Aufstellung genommen, zwei tragen Atemschutzgerät. Aber das Adrenalin sinkt: Sie haben Sommerschuh und Fölsing erkannt, die keine Anstalten machen, einzugreifen, und wissen nun, dass es sich um eine Übung handelt.
Gleichwohl nehmen sie die Sache ernst. Schließlich kommt es nicht oft vor, dass jemand ein Haus zur Verfügung stellt. Die Atemschutzgeräteträger erklimmen die Leiter. Ihre Kameraden legen vom Fahrzeug aus eine Versorgungsleitung in den Hof. Daran wird das Strahlrohr angeschlossen, das der Angriffstrupp nach oben zieht. Die Feuerwehrleute dringen in den nur wenig verqualmten Nebenraum ein und nähern sich dann dem vermeintlichen Brandherd. Maschinist Frank Praml überwacht sie dabei mit Hilfe moderner Technik vom Fahrzeug aus. Die Atemschutzgeräteträger suchen alle Räume ab, finden auch die 80 Kilo schwere Puppe, die einen Bewußtlosen darstellt, und bringen sie ins Freie. Gleichzeitig bläst ein Ventilator den Rauch weg.
Nicht lange danach ist alles vorbei. Die Feuerwehr kehrt zurück ins Gerätehaus und bespricht die Einsatzübung. Sie dient nicht nur dazu, das Gelernte in der Praxis anzuwenden, sondern auch, den Leistungsstand der Leute zu prüfen. Der Wehrführer ist damit rundum zufrieden. „Das war ein voller Erfolg“, strahlt Sven Sommerschuh. Die Erkundung durch den Fahrzeugführer, seine Entscheidung, wie vorzugehen ist und die Arbeitsweise der Truppe – „Sie haben alles vorbildlich gemacht, wie es in den Schulungen gelehrt wird“, freut sich Sommerschuh. Lediglich einige kleinere Mängel kamen zur Sprache. Etwa, dass es Rückfragen gab – eigentlich hat jeder Zwei-Mann-Trupp feste Aufgaben, die selbständig vollzogen werden sollen. Größtes Manko waren die parkenden Fahrzeuge, die die Anfahrt verzögert haben. „Laut Straßenverkehrsordnung müssen drei Meter Durchfahrtsbreite gegeben sein“, sagt der Wehrführer. In der Praxis sieht das leider oft anders aus. hn

Hier sitzt jeder Handgriff: Die Freiwillige Feuerwehr hat die Übung auf der Baustelle gut gemeistert. Foto: Glenn Anderson

Hier sitzt jeder Handgriff: Die Freiwillige Feuerwehr hat die Übung auf der Baustelle gut gemeistert. Foto: Glenn Anderson