Leidenschaft für das Schöne im Rauen

Villa unter den Linden

Leidenschaft für das Schöne im Rauen

Lesung: Daniel Zahno stellt seinen Roman „Manhattan Rose“ vor

Die Duftrosen stehen prachtvoll in Blüte. Leider ist das Wetter unbeständig. Deshalb bleiben die bereitgestellten Bänke leer, und die Besucher der Lesung „Manhattan Rose“ nehmen stattdessen in der Orangerie der ehemaligen Meister-Villa Platz.
Daniel Zahno, Autor von „Die Geliebte des Gelatiere“, stellt dort seinen neuen Roman vor. Er dreht sich um Rosen, die Schweiz, New York, die Liebe zu einer Frau und die Liebe zu den Blumen. Die Erzählung beginnt nahezu lyrisch. Der Schweizer Rosenzüchter Luca berauscht sich an den Farben, Formen und Gerüchen im „Peggy Rockefeller Rosegarden“ in New York. Eine Idylle im verrufenen, rauen Stadtteil Bronx. Er schlendert durch die Gewächshäuser, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Geradezu poetisch beschreibt Zahno die Palmen und Sträucher, Kräuter und Kakteen, Tillandsien hier und Orchideen dort. Frankfurter mögen sich auch ein wenig an den Palmengarten erinnert fühlen, wenn er etwa den Pfau schildert, der vor der Glasmenagerie mit ihren wunderlichen Gewächsen sein Rad schlägt, oder den Gang durch die Klimazonenhäuser.
Im Haupthaus, der den amerikanischen Palmen gewidmet ist, beginnt eine Liebesgeschichte zwischen dem Rosenzüchter aus der alten Welt und einer Eidgenossin, die seit mehr als zehn Jahren in New York lebt. Es ist zugleich Anfang einer Leidenschaft für diese Oase inmitten der Metropole. Im Lauf der Geschichte wird Luca versuchen, den Garten umzukrempeln, ihn gegen viele Widerstände von chemischer auf biologische Bewirtschaftung umzustellen, sein privates Glück zu finden und zurecht zu kommen mit einem Leben zwischen der alten und der neuen Welt.
Auch Zahno, 1963 in Basel geboren, ist hin- und hergerissen zwischen dem schönen, aber beschaulichen Basel und der pulsierenden Weltstadt New York mit ihren gewaltigen Gegensätzen. Er lebt eine Hälfte des Jahres dort, eine hier. Seit drei Jahren führt er dieses Pendelleben, späte Erfüllung eines Traums aus jungen Jahren. „Als 14-Jähriger kam ich zum ersten Mal nach Paris. Die Stadt hat großen Eindruck auf mich gemacht“, erzählte er dem guten Dutzend Zuhörer, die sich in der Orangerie versammelt hatten. „Ich habe mir seither immer gewünscht, in so einer Weltstadt zu leben.“ Das klappte aber nicht. Zahno blieb in der Schweiz, „mein Traum ist eingeschlafen“, sagt er. 33 Jahre nach Paris jedoch erhielt er ein dreimonatiges Stipendium von einer Kulturstiftung für New York: „Da bin ich hängengeblieben“. Jetzt ist er in der alten wie in der neuen Welt zuhause, und auch wieder nicht. „Es ist jedes Mal wie ein kleiner Kulturschock, wenn ich in der anderen Welt ankomme“, sagt er.
Viele solcher Eindrücke finden sich im Roman. Das kleine Studio, in dem seine Heldin lebt, könnte sein eigenes sein. Sein Held trägt manchen Zug des tatsächlichen Leiters des Rosengartens. Die Sprachen verschmelzen miteinander. Zahno wählt für viele Ortsnamen den englischen Ausdruck. Für die Details zur Rosenzucht hat er recherchiert. Manchmal ging er dabei zu weit. „Ich habe etliche Kapitel wieder ‚rausgehauen“, sagt er: „Etwa das über die Veredelung. Das ist komplex, kompliziert. Auch mein Lektor Rainer Weiss sagte, ich solle kürzen, kürzen.“ Der Autor findet mittleweile sogar Freude daran: „Ich haue gerne raus. Das kann ich jedem empfehlen, es reinigt“, sagte er. Mit ein wenig Abstand betrachtet zeige sich meist, dass ein Text dadurch gewinne – wie ja auch ein Rosenstrauch davon profitiert, wenn er in der rechten Form beschnitten wird. hn

Der Roman „Manhattan Rose“ erscheint im August 2013 im Verlag weissbooks.w. Die gebundene Ausgabe mit rund 280 Seiten kostet 19.90 Euro, ISBN-Nummer 978-3-86337-042-8.

Um Rosen geht es in Daniel Zahnos neuem Roman, den er in der Orangerie der Villa unter den Linden im Meister-Park vorstellte. Foto: Michael Sittig

Um Rosen geht es in Daniel Zahnos neuem Roman, den er in der Orangerie der Villa unter den Linden im Meister-Park vorstellte. Foto: Michael Sittig