Runder Geburtstag – Immer in Bewegung bleiben

Runder Geburtstag

Immer in Bewegung bleiben

Mit 90 ist Rosel Hansen agil wie eh und je

Was, schon 90? Schwer zu glauben. Rosina Hansen, genannt Rosel, sieht man ihr Alter nicht an. Aber es stimmt: Die agile Dame aus der Allesinastraße feierte am 20. Dezember mit Ehemann Herbert, vier Kindern, acht Enkeln und zwei Urenkeln den runden Geburtstag.
Was für ein Kontrast zu ihrer Jugendzeit! Zeitweise musste Rosel Spengler, wie sie mit Mädchennamen hieß, alleine mit ihrer Mutter den elterlichen Hof über die Runden bringen. Denn die beiden älteren Brüder fielen im Krieg, der Vater starb 1947. Ohne männliche Familienhilfe versorgten die beiden Frauen Ackerpferde, Kühe, Schweine und Hühner, bauten Kartoffeln, Obst und Gemüse an, ernteten und verabeiteten die Produkte. Die beiden Frauen arbeiteten hart, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. So schien es ein Wink des Schicksals zu sein, als 1949 ein fremder junger Mann zum Hoftor herein spazierte, um Milch zu holen. Herbert Hansen stammte ursprünglich aus Danzig und begann gerade, in Sindlingen Fuß zu fassen. Sein Bruder hatte ihm eine Arbeitsstelle bei den Main-Kraftwerken vermittelt. Von Haus aus aber war er Landwirt – eine glückliche Fügung. Die beiden jungen Leute kamen sich schnell näher. „Wir waren nur ein halbes Jahr zusammen, dann haben wir geheiratet“, erzählt Rosel Hansen: „Es hat einfach gestimmt“.
Herbert Hansen übernahm den Hof, 1950 kam mit Sohn Walter das erste von vier Kindern zur Welt. „Ich habe alle meine Kinder zu Hause geboren“, erzählt Rosel Hansen. Dank ihrer Mutter, die nach wie vor kräftig mit anpackte, bewältigte sie die vielen Aufgaben in Landwirtschaft, Hauswirtschaft und Kindererziehung.
Hansens erlebten die Aufschwungjahre und die Technisierung der Landwirtschaft hautnah mit. „Bis 1959 hatten wir zwei Pferde als Zugpferde“, berichten die beiden. Dann kam der erste Traktor, eine immense Arbeitserleichterung. Später folgte ein zweiter. In den letzten Jahren jedoch wurde es immer schwieriger, als Vollerwerbslandwirt zu überleben. „Wir sind gerade noch so über die Runden gekommen“, berichtet Herbert Hansen. 1989, als er 65 wurde, ging er in Rente. Die Hühner aber behielt das Paar noch bis vor wenigen Jahren, und am Garten in den Wingerten haben die beiden bis heute ihre Freude. Dort bauen sie weiterhin Obst und Gemüse an, „für den Eigenbedarf und zum Zeitvertreib“, sagen sie. Und wie einst die eigenen Kinder hatten dann auch die Enkel ihren Spaß beim Kartoffellesen. Um ihren Haushalt, den Einkauf, das Kochen und die anderen Arbeiten, die anfallen, kümmert sich Rosel Hansen nach wie vor selbst. „Es hilft nichts zu klagen“, findet sie, wenn es einmal zwickt oder zwackt: „Es muss gemacht werden“. Wenn sie doch einmal Hilfe brauchen sollte, ist die nicht weit. Drei der vier Kinder wohnen in unmittelbarer Nachbarschaft, teilweise in den umgebauten Scheunen und in Nachbarhäusern. Grundsätzlich sei es gut, in Bewegung zu bleiben, meint die Jubilarin. „Man muss aber auch den Willen dazu haben“, sagt Rosel Hansen. Dann kann man noch viele Geburtstage feiern – und im nächsten Sommer Eiserne Hochzeit. hn

Rosel Hansen feierte kurz vor Weihnachten ihren 90. Geburtstag. Foto: Michael Sittig

Rosel Hansen feierte kurz vor Weihnachten ihren 90. Geburtstag. Foto: Michael Sittig