Die nächste Bischöfin kommt aus Sindlingen – Fastnachter nehmen sich und das Bistum auf die Schippe

Katholische Gemeinde

Die nächste Bischöfin kommt aus Sindlingen

Fastnachter nehmen sich selbst, den pastoralen Raum und sogar das Bistum auf die Schippe – Tolle Tänze, super Stimmung

Wenn beim Finale alle Mitwirkenden auf der Bühne stehen, ist der Saal halb leer – die katholische Fastnacht ist von der Gemeinde für die Gemeinde, und um die Gemeinde kreisen auch viele der selbst verfassten Vorträge wie am Ende die Polonäse um die Tischreihen.
Willi Stappert zum Beispiel ist so etwas wie der inoffizielle Protokoller. Kleine Schwächen der Pfarrer oder Besonderheiten des Pastoralen Raums nimmt er plaudernd, im Bütten-Stil oder singend ebenso auf die närrische Schippe wie die Nachbarn („Pfarrer Sauer hat uns Zeilsheim näher gebracht, die sind dort Mensch geworden – wer hätte das gedacht!“) oder aktuelle Ereignisse. Gleiches gilt für die „Tratschweiber“ Manuela Teske und Monika Schuhmann, deren Kalauer häufig auf Kosten ihrer Ehemänner gingen und vom Publikum mit einigem „Uiuiui, auauau“ kommentiert wurden.
Die Katechetinnen Woltera Reinhardt, Christine Krämer, Katja Kronz, Claudia Lamargese und Helga Franken widmeten sich als „Domkapitel“ dem verwaisten Bischofssitz in Limburg. Zunächst legten sie dar, warum der nächste Bischof aus Sindlingen kommen muss – unter anderem wegen dem tollen, selbst gemachten Apfel-Messwein. Dann schickten sie Vorschläge zum Franz nach Rom. Der wollte aber weder die Pfarrer, noch Säulen der Gemeinde wie Wolfgang Schuhmann („Der kann tief fallen und steht wieder auf“, in Anspielung auf seinen Sturz beim Weihnachtsbaumschmücken vor zwei Jahren), Albrecht Fribolin („Als Schneeflöckchen geht er über körperliche und Geschmacksgrenzen hinweg“) oder Willi Stappert („der von der Scholle kommt“) auf dem Thron sehen. Letztlich entschied der „Heilige Geist“ Harald Fischer, der erleuchtet durch den abgedunkelten Saal schritt und glitzernden Staub in die Luft war über – Rita Schneider. „Die Katholen wollen sich ’ne Frau als Bischof endlich holen, das finden auch die meisten ganz okay, nur Opus Dei tut das leider weh“, sang das Domkapitel und setzte Rita Schneider die Mitra auf. Die spielte gerne mit, obwohl sie nicht eingeweiht war.
Albrecht Fribolin schilderte in einer Büttenrede als „Dalles- und Kerchplatzgucker“ ausführlich „die absonderlich Geschicht“ von Beschaffung und Platzierung der Sindlinger Weihnachtsbäume: „E einfach Sach, wie mer so secht, un hinnerher ist’s keinem recht“. Wahlkampf in eigener Sache machte Sonja Peters. Vergangenes Jahr noch „die einzige und wahre Ebbelwoikönigin“ von Sindlingen, musste sie den Absturz ihrer Männer Jörg Peters und Stefan Daube in die Bedeutungslosigkeit (Platz 9 von 13) hilflos miterleben: Sie ließen sie nicht in den Keller, aber mit dem, was „mein Oberschlauer“ zusammenbraute, „kann mer net gewinne!“. Traurig schilderte sie den Abstieg vom „Idol für Millionen“ in „Depressionen“ – vom Frankfurter Hof ins „Loch“, vom Stargast zur Clofrau. Doch „im Oktober habt Ihr wieder die Wahl. Wenn Ihr mich wieder zur Königin macht, fließt Ebbelwoi im Ranzebrunne Tag und Nacht“, versprach sie. „Ach, wenn ich’s noch wie früher könnt“, seufzte der 71-jährige Jupp Riegelbeck, „Des Gärtners Fluch“ schilderte Renate Löllmann, als Braut und Bräutigam in einer Person amüsierte Bernhard Katzenbach aus Sossenheim. Zwischendurch tanzten die „Tanzkäfer“ des Sindlinger Karnevalvereins (trainiert von Saskia Eichhorn und Andrea Schröder) und die „Tanzraketen“ der Gemeinde (Leif und Ida Peters, Cara und Lena Hollewik, Marie Gürtler, Carolin Sommerschuh, Annika Kronz, Jana Rosius und Benedikt Reinhardt. Sonja Peters und Christine Gürtler hatten mit ihnen eine drollige „Party auf dem Bauernhof“ geübt. „Es hüpft und tanzt der junge Mann, wo’s Schneeflöckche nur kreisen kann“, witzelten die Moderatoren Bärbel Gerhards und Norbert Schulze vor dem Auftritt des Nachwuchs-Männerballetts. „Aufgepasst Ihr Damen, Frischfleisch“, zwinkerte Bärbel Gerhards verheißungsvoll: „Ihr Sixpack zeigen sie uns wieder – die Bierleader!“ Doch dann schoben sich müde Gestalten in Bademänteln, die Kapuzen über den hängenden Köpfen und auf Stöcke gestützt, in den Saal. „Die kommen wohl gerade vom Handballtraining“, ulkte eine Zuschauerin. Natürlich blieb es nicht lange dabei. Bald fielen die Mäntel und die jungen Männer tanzten in knappen Bodys, zeigten eine Michael-Jackson-Show und einen Boxkampf und wirbelten schließlich mit Helene Fischer „Atemlos“ durch die Nacht. Und bei der Zugabe flogen wieder die Hemden ins Publikum. Trainerin Luise Spahn hatte die tolle Show mit Nelson Neder, Alex Jost, Sascha Sittel, Johannes Sittig, Marcel und Daniel Gemander entworfen und einstudiert.
Könnten das die Altmeister des katholischen Männerballetts, die Herren vom Familienkreis, noch toppen? Ja, sie konnten. „So geh’n die Deutschen“, und „So geh’n die Gauchos“ tanzten die „Schneeflöckchen“ als Fußballhelden in den Saal. In wechselnden Kostümen gaben sie alles, was die Knochen hergeben, dezent angeleitet von ihren Trainerinnen Christel Fribolin und Ingrid Sittig, die die komplexeren Schrittfolgen hinten im Saal vormachten. Jubel, Trubel, Doppel-Rakete. Ausgelassen feierte die katholische Gemeinde ihre Fastnachter, und als die Mitwirkenden von der Bühne aus die Polonäse starteten, schlossen sich alle an. hn

Heiße Truppe: die „Schneeflöckchen“. Sie suchen übrigens noch ein paar Mittänzer...

Heiße Truppe: die „Schneeflöckchen“. Sie suchen übrigens noch ein paar Mittänzer…

Schunkelrunde: Das ließ sich das Publikum nicht zweimal sagen.

Schunkelrunde: Das ließ sich das Publikum nicht zweimal sagen.

Von ihren Töchtern Woltera Reinhard (links) und Christine Krämer zur Bischöfin ernannt: Rita Schneider.

Von ihren Töchtern Woltera Reinhard (links) und Christine Krämer zur Bischöfin ernannt: Rita Schneider.

Musste so manchen Hieb von den „Tratschweibern“ Manuela Teske (links) und Monika Schuhmann einstecken: Wolfgang Schuhmann.

Musste so manchen Hieb von den „Tratschweibern“ Manuela Teske (links) und Monika Schuhmann einstecken: Wolfgang Schuhmann.

Beweglich im Body: die „Bierleader“.

Beweglich im Body: die „Bierleader“.

Süße Mäuse machen mit bei der „Party auf dem Bauernhof“.

Süße Mäuse machen mit bei der „Party auf dem Bauernhof“.

Ihr Debüt in der Bütt gab „Gärtnerin“ Renate Löllmann, Norbert Schulz gratulierte.

Ihr Debüt in der Bütt gab „Gärtnerin“ Renate Löllmann, Norbert Schulz gratulierte.

Walter Schmoll (rechts) träumt von einer Frau in Weiß - Jürgen Peters.

Walter Schmoll (rechts) träumt von einer Frau in Weiß – Jürgen Peters.

Aus der Nähe betrachtet: Willi Stappert.

Aus der Nähe betrachtet: Willi Stappert.

Braut und Bräutigam in einer Person: Bernhard Katzenbach aus Sossenheim. Fotos: Michael Sittig

Braut und Bräutigam in einer Person: Bernhard Katzenbach aus Sossenheim.
Fotos: Michael Sittig