Eine schöne Siedlung – oder?

Sindlingen-Nord

Eine schöne Siedlung – oder?

Quartiersmanagement soll den Norden beleben – Abschied von Marja Glage

Marja Glage wird von Sindlingen nach Unterliederbach wechseln. Das teilte die Quartiersmanagerin Stadtteilakteuren am Ende einer Strategiesitzung für Sindlingen-Nord mit.
Seit 2008 kümmert sich die Diplom-Geographin im Auftrag der Caritas um die Hermann-Brill-Siedlung. Im Rahmen des städtischen Programms „Aktive Nachbarschaft“ baute sie ein Netzwerk von Angeboten und ehrenamtlich Aktiven auf, die dazu beitragen, das Miteinander zu verbessern. Das Programm lief nach fünf Jahren aus. In einer „Strategiewerkstatt“ zogen Stadtteilakteure (Vertreter von Vereinen, Institutionen und Einrichtungen) Bilanz. Sie stellten eine positive Entwicklung fest, die aber ohne professionelle Unterstützung wahrscheinlich wieder zum Erliegen kommen würde. Deshalb blieb das Nachbarschaftsbüro bestehen und das Quartiersmanagement wurde mit halber Stelle weitergeführt.
Ein weiteres Ergebnis war, dass sich Sindlingen-Nord gegenüber dem Süden benachteiligt fühlt. Es ist zwar kein sozialer Brennpunkt. Doch in den Wohnsiedlungen aus den 20-er Jahren und der Nachkriegszeit gibt es nur wenige Geschäfte, Gaststätten, Veranstaltungsräume und Veranstaltungen. Um die Bewohner zu ermutigen, sich für ihre Interessen einzusetzen, wurde das Quartiersmanagement nun um eine Viertelstelle und auf Nord ausgeweitet.
Für eine Bestandsaufnahme bat Marja Glage die Stadtteilakteure zu einer „Strategiewerkstatt“. 16 Teilnehmer listeten auf, was gut und was weniger gut ist. Gut sei die soziale Infrastruktur mit Beratungen in den Kitas, Eltern-Café in der Ludwig-Weber-Schule, Angeboten für Schüler und Berufsberatung im Jugendclub, waren sie sich einig. Es gebe keine interkulturellen Konflikte, keine Probleme im Wohnumfeld. Sogar der „Riegel“, Sindlingens größte Wohnanlage mit 105 Wohnungen in der Hermann-Küster-Straße 58 bis 62, sei seit der Einführung eines Concièrges befriedet.
Anders sieht es mit der Verkehrssicherheit, der Nahversorgung und dem kulturellen Leben aus. Der starke Verkehr zu und von der Internationalen Schule und den privaten Kitas belastet die Anwohner nach wie vor. Geschäfte können sich in der Ladenzeile Hugo-Kallenbach-Straße kaum halten. Der Smart-Lebensmittelmarkt überlebt nur dank öffentlicher Förderung. Seit der Verlagerung des Weihnachtsmarkts nach Sindlingen-Süd gibt es keine großen öffentlichen Feste mehr und für kleinere fehlt ein geeigneter Raum.
Andererseits liegen Kinder- und Jugendhaus sowie Stadtteilbücherei mit ihrem vielfältigen Programm in Sindlingen-Nord, der VdK unterhält hier seinen Seniorentreff. Der Ampel-Spielplatz ist sehr beliebt, stets frequentiert und in ausgezeichnetem Zustand. „Musik uff de Gass“ spielt am 6. Juni in Nord wie Süd, „um Bewegung hineinzubringen und die Zweiteilung aufzubrechen“, sagte Initiatorin Inge Gesiarz. Franz Ilg, früherer Vorsitzender des Vereinsrings, hat vor, ein „Adventssingen“ am Richard-Weidlich-Platz zu organisieren. Dort sorge im Sommer der Eissalon für Belebung, das Obstlädchen Werner sei eine weitere Bereicherung, findet Hans-Joachim Schulz (Bauverein und evangelische Gemeinde): „Wir haben hier eine schöne Siedlung“.
Ein wenig irritiert waren daher die Ortsbeiräte. „Das Quartiersmanagement war bislang da, wo Not herrscht. Hier haben wir keine Not gesehen“, bilanzierten Albrecht Fribolin (CDU) und Claus Lünzer (SPD).
Wie die Bewohner das Leben in Sindlingen-Nord bewerten, soll durch eine „aktivierende Befragung“ herausgefunden werden. Marja Glage wird sie auf den Weg bringen. Ob sie selbst die Ergebnisse auswertet, ist offen. Am Ende der Sitzung teilte sie den Stadtteilakteuren mit, dass sie auf Wunsch der Caritas künftig komplett im Unterliederbacher Quartiersmanagement arbeiten soll. Für Sindlingen werde eine Nachfolgerin gesucht. So lange keine gefunden ist, werde sie weiter beide Stadtteile betreuen. hn