Lieber leicht lenken statt am Zügel zu zerren
Lieber leicht lenken statt am Zügel zu zerren
Mensch und Pferd – Beim Bodenarbeitsabzeichen zählt das Vertrauen
Liebevoll tätschelt Elke Bekk den Hals ihres Islandpferdes „Riddari“. Gerade haben die beiden unter den Augen zweier Prüfer eine Runde über den „Trailplatz“ zurückgelegt. Dabei saß die Kriftelerin nicht auf dem Rücken des karamellbraunen Tieres, sondern führte es zu Fuß vorwärts, rückwärts, vorbei an flatternden Bändern und über niedrige Hindernisse. Das geschah nicht, indem Elke Bekk an den Zügeln zerrte, sondern durch nur leichtes Lenken, Körpersprache und Stimme. Die beiden bewiesen derart, dass sie als Team die verschiedensten Situationen meistern können. Zum Lohn gab es das so genannte Bodenarbeitsabzeichen der Reiterlichen Vereinigung (FN).
Acht Teilnehmer beteiligten sich auf dem Gelände der „Ponyzwerge Sindlingen“ an der Prüfung. Zuvor hatten zehn Kinder und drei Erwachsene die Prüfung zum Basis-pass Pferdekunde gemeistert.
Vorbereitet wurden Menschen und Tiere von Sonja Heinisch, Inhaberin des gewerblichen Reitbetriebs und Berittführerin FN, sowie Stephanie und Ralf Rößler vom gleichnamigen Reit- und Fahrstall. „Unser Programm ist vor allem auf Kinder ausgelegt. Sie lernen bei uns spielerisch den sicheren Umgang mit den Ponys sowie das Reiten“, sagt Sonja Heinisch. Sie hat sich 2012 mit den „Ponyzwergen Sindlingen“ selbständig gemacht. „Persönlichkeitsentwicklung und der Umgang mit dem Pferd sind hier die Schwerpunkte“, bestätigt Sara Kolata. Sie entwickelt derzeit mit Sonja Heinisch ein Konzept für pädagogisches Reiten für Kindergärten.
Teilnehmer des Kurses „Basispass Pferdekunde“ erwerben umfangreiches Wissen rund ums Pferd. Beispielsweise lernen sie, dass Pferde Dauerfresser, Steppen-, Flucht- und Herdentiere sind. „ Sie haben eine gute Rundsicht, nach vorne und hinten aber einen toten Winkel. Deshalb erschrecken sie, wenn sich jemand hier plötzlich nähert“, erläutert Sonja Heinisch. Und wenn sie erschrecken, wollen sie fliehen. All diese Dinge sind für den Reiter wichtig zu wissen, damit er richtig reagiert. Wenn die Schüler schließlich gut Bescheid wissen über Gesundheit, Haltung, Knochenaufbau und Sinneswahrnehmungen, wenn sie die Ausrüstung kennen und wissen, wie gesattelt wird, können sie den „Basispass Pferdekunde“ erwerben.
Gelassenheit und Koordination
Am Nachmittag absolvierten acht Reiter die Bodenarbeitsprüfung auf dem „Trailplatz“. Das neue Abzeichen Bodenarbeit wurde erst 2014 bei der FN neu eingeführt. Trainer B Fahren Ralf Rößler hatte vergangenes Jahr an einem Pilotprojekt teilgenommen, die Zusatzqualifikation erworben und konnte nun selbst die entsprechende Ausbildung anbieten.
Wiederum steht der sichere Umgang mit dem Tier im Mittelpunkt. Gelassenheit und Gehorsam und die Koordination zwischen Führer und Pferd werden bewertet. „Das dient dem Aufbau des Vertrauens zwischen Mensch und Pferd“, sagt Ralf Rößler. Dabei spielen weder die Pferderasse, noch Alter oder Vorkenntnisse der Menschen eine Rolle. Jedoch gilt es, mit Gewohnheiten zu brechen. Anfangs hatten die Teilnehmer Schwierigkeiten damit, das Pferd von der „falschen“ Seite zu führen, also von rechts, und auch die Pferde mussten umdenken. Als das klappte, wurden die Pferde an Hindernissen vorbeigeführt, die ihnen Angst machen. Im Lauf der Zeit verloren so wehende Fahnen, helle Flächen, Rappelsack, Flatterband und ähnliches ihren Schrecken für die Tiere. Zusätzlich übten sich die Teilnehmer in Geschicklichkeitsaufgaben. Die Prüfungen haben alle bestanden.
Auch Elke Bekk aus Kriftel und ihr „Riddari“ hatten sich gut vorbereitet. Das Islandpferd ist Dauergast bei Sonja Heinisch, die selbst fünf Schulponys besitzt. Elke Bekk schätzt an den „Ponyzwergen“, „dass immer jemand da ist und die Pferde nicht auf sich selbst gestellt sind“. „Sie stehen hier ganzjährig matschfrei, können frei entscheiden, ob sie im Freien oder im Stall stehen, fressen oder trinken wollen und leben in einem Herdenverband“, erläutert die Besitzerin das Konzept.
Für diese artgerechte Haltung hat sie von der Laufstall-Arbeits-Gemeinschaft fünf Sterne bekommen, mithin die höchste Auszeichnung. hn

Strahlende Gesichter nach einem Prüfungstag: (hinten, von links) Klaus Nass (Wertungsrichter), Ralf Rößler, Stephanie Rößler, Sandra Christoph, Claudia Christoph, Andreas Rossbach (Richter), Bernd Christoph, (vorne, von links), Sara Kolata, Sonja Heinisch, Lalena Schwab, Celia Rößler, Stefanie von Knoblauch und Elke Bekk. Foto: Ramona Wagner

Den Gang durchs Flatterband meistert Sandra Christoph mit Alanya vor den Augen von Ralf Rößler (rechts) und den Wertungsrichtern Klaus Nass und Andreas Rossbach. Fotos: Michael Sittig