Ohne die Frauen geht gar nichts

Sindlinger Karnevalverein

Ohne die Frauen geht gar nichts

Frauengruppe stemmt jedes Jahr die Weibersitzung und ist auch sonst unverzichtbar

Früher wirkten sie eher im Hintergrund. Sie nähten Kostüme, schmierten Brote für die Sitzungen und organisierten Feiern und Stände beim Weihnachtsmarkt und anderen Stadtteilfesten. Auch bei den Umzügen lief die Frauengruppe des Ersten Sindlinger Karnevalvereins mit. 2002 aber nahmen die Damen das närrische Zepter selbst in die Hand und richteten zum ersten Mal eine „Weibersitzung“ aus.
„Anfangs gab es Widerstände. Man dachte, dass da niemand kommt“, erinnert sich Roswitha Adler. Der heutige Vorsitzende Michael Streubel ermunterte den Vorstand schließlich, die Frauen mal machen zu lassen. „Wir hatten viele Ideen und der Andrang war riesengroß“, erinnert sich die Sitzungspräsidentin. Im Gemeindezentrum St. Kilian feierten 120 „verrückte Weiber“ ausgelassen Fastnacht. Die Sitzung war von Anfang an als „Hausfrauensitzung“ ausgeschrieben. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Noch immer tragen Rosi Adler, Henni Bender und Karin Krock als Dreierrätinnen Kittelschürzen und Putzschwämmchen, wenn sie zur Weibersitzung bitten. Die Gäste kamen anfangs ebenfalls zu 90 Prozent in solcher Aufmachung. Heute dagegen tragen sie, was ihnen gefällt.
Die Vorbereitung für die Sitzung beginnt im Frühsommer des Vorjahres. „Wir treffen uns reihum, jede bringt etwas zu Essen oder Trinken mit, und wir sammeln Ideen“, berichtet Christa Hauff. Weil keine richtig singen kann, haben sich die Fastnachterinnen auf Playback-Auftritte spezialisiert. Zu Musik vom Band treten sie in verschiedensten Verkleidungen auf, sind mal „Dschingis Khan“, mal die „Zuckerpuppe aus der Bauchtanzgruppe“. Traditionell beginnt das Programm mit dem Lied „Das bisschen Haushalt“. Auch der „Altentanz“ darf nicht fehlen. Weitere Tänze steuern die Garden des Vereins und das Männerballett bei. Büttenreden dürfen gerne ein bisschen unter die Gürtellinie gehen, aber es sollen nicht zu viele sein. Die Sitzung hat eindeutig Party-Charakter.
Daran hat sich auch mit dem Umzug vor vier Jahren ins Gemeindezentrum St. Dionysius nichts geändert. Hier wie dort besorgen die Herren von Bautrupp und Männerballett – als dralle Damen verkleidet – die Bewirtung. Bis das Programm beginnt, haben alle Besucherinnen schon die ersten Speisen vertilgt und Getränke genossen. Je länger der Abend, desto ausgelassener die Stimmung. Dazu trägt auch der jährliche Höhepunkt bei, die Gruppe „Dancing Desaster“ aus Okriftel. Die Leichtathleten mit ihrer akrobatischen Show gehören seit 2003 fest zum Programm und verdanken den Sindlingerinnen gewissermaßen ihre karnevalistische Karriere. „Ich habe sie in Okriftel bei den „Wilden Weibern“ gesehen und gefragt, ob sie nicht auch bei uns auftreten wollen“, berichtet Rosi Adler: „Sie waren ganz baff, dass jemand sie haben wollte“. Längst ist die Gruppe um Trainer Christian Seelmann rundum für Auftritte begehrt. Den SKV-Frauen halten die Sportler aber die Treue.
Nach Programmende gehen die Fastnachterinnen noch lange nicht heim. Sie tanzen zur Musik – bislang vom Alleinunterhalter, in diesem Jahr vom Band. Bei aller Feierfreude wird aber nie jemand ausfallend, es gibt keine Prügeleien und wenn die Musik endet, gehen sie friedlich heim, lobt Heike Herzig die Gäste. So ist es kein Wunder, dass sich die Frauengruppe auch diesmal wieder mächtig ins Zeug legt, um am Samstag, 7. Februar, eine schöne Weibersitzung (mit dem musikalischen Schwerpunkt auf „Ballermann“-Stimmungsliedern) auf die Beine zu stellen. Das fällt allerdings zunehmend schwerer. Um Nachwuchs ist es schlecht bestellt. Die Jüngste ist Anfang 40, die meisten Mitglieder der Frauengruppe befinden sich in den Fünfzigern. Zieht man den dreiköpfigen Sitzungsrat ab, bleiben nur neun Aktive, die das Programm mit den vielen Kostümwechseln stemmen. Trotzdem tun sie es jedes Jahr aufs Neue – weil es Spaß macht und um das Brauchtum zu pflegen. „Und wenn es losgeht, kommt immer noch das Kribbeln“, sagt Heike Herzig.
In der Prunksitzung des SKV am 31. Januar mischen die Frauen ebenfalls mit. Außerdem machen sie an Weiberfastnacht als Hexen die Sindlinger Lokalitäten unsicher. In der Endstation treffen sie die Herren vom Ehrensenat, die sich alle brav die Schlipse abschneiden lassen. Am Fastnachtswochenende marschieren die Frauen bei Umzügen in der Umgebung mit, am Montag beim Kinderumzug in Sindlingen. Am Fastnachtsdienstag fahren sie nach „Klaa Paris“ und sehen sich den Zug an. „Unser Entspannungstag“, sagt Elke Streubel. „Das ist auch mal schön, einfach nur Zuschauer zu sein“, ergänzt Heike Herzig. hn

Spaß an der Fastnacht und an der Gemeinschaft hat die Frauengruppe des Karnevalvereins. Foto: Michael Sittig

Spaß an der Fastnacht und an der Gemeinschaft hat die Frauengruppe des Karnevalvereins. Foto: Michael Sittig