Seit 68 Jahren im Verein aktiv

Seit 68 Jahren im Verein aktiv

Radfahrerverein Germania Vorsitzender Alfons Ehry feierte seinen 80. Geburtstag

Der Radfahrerverein, das ist Alfons Ehry. Der drahtige Sportler hält seinem Verein seit nunmehr 68 Jahren die Treue und er hält ihn am Leben. Am 26. Februar feierte er seinen 80. Geburtstag.

Alfons Ehry kam 1936 im „Asyl“ genannten Wöchnerinnenheim der Farbwerke Hoechst zur Welt und wuchs in der Sindlinger Bahnstraße auf. Nach der Schulzeit lernte er Schlosser im Werk und blieb dort bis zum Eintritt in den Ruhestand. Zum Radfahren brachte ihn ein Freund. Er nahm ihn mit zur 50-Jahrfeier des Radfahrervereins Germania 1948 und animierte ihn zum Mitmachen. „Ich bin mal mitgefahren und dabei geblieben“, sagt er. Radfahren hieß damals Kunstradfahren und war äußerst populär. Der „Sechser-Reigen“, die Sechser-Kunstmannschaft der Erwachsene, wurde sogar einmal Dritter bei Deutschen Meisterschaften.

Der zwölfjährige Alfons Ehry und seine Freunde fingen solo und als Zweier-Team an und wuchsen nach und nach in eine Sechser-Mannschaft hinein, zu deren Kapitän Ehry bestimmt wurde. Die ganz großen Erfolge blieben ihnen versagt, aber „wir haben eine gute Zeit gehabt“, erinnert sich der Jubilar gerne an sportliche Wettbewerbe und viele Sindlinger Feste und Umzüge, an denen die Radler unter anderem mit Ein- und Hochrädern teilnahmen.

Zu Beginn der 60-er Jahre zog sich Alfons Ehry aus dem aktiven Kunstfahren zurück. Stattdessen kümmerte er sich als Fachwart um die Organisation nicht nur im Verein, sondern auch auf Kreis- und Bezirksebene. Außerdem beurteilte er die Leistungen der Sportler bei Wettkämpfen bis hin zur Bundesebene. „Das war viel Arbeit und ich war häufig an Wochenenden unterwegs“, berichtet er und ist dankbar, dass Frau und Tochter das mit trugen.

Zumal er noch ein zweites zeitaufwendiges Ehrenamt ausübte. Schon sein Vater war in der Freiwilligen Feuerwehr, und so war es für Sohn Alfons selbstverständlich einzutreten, sobald er alt genug war. Eine Jugendfeuerwehr gab es damals nämlich noch nicht. 1953 kam er zur Wehr, 1966 wurde er Wehrführer und Vorsitzender und blieb es bis 1992.

Im Radfahrerverein erlebte er einen großen Wandel mit, von 1962 bis 1980 als Fachwart, von 1981 bis 1992 als Kassierer und ab 1992 als Vorsitzender. Das Kunstfahren verlor an Attraktivität. Der Saal des Mainzer Hofs an Farbenstraße, in dem sie Radler trainierten, stand nach Schließung des Lokals nicht mehr zu Verfügung. Die Trainingsbedingungen verschlechterten sich, die Jugend suchte sich andere Hobbys. In den 80-er Jahren stellten die Radfahrer das Kunstfahren komplett ein.

„Wir haben dann Indiaka gespielt“, erzählt Alfons Ehry: „Wir wollten ja aktiv bleiben“. Als es altersbedingt mit dem Indiaka nicht mehr ging, trafen sich die verbliebenen Vereinsmitglieder zu Radtouren und Wanderungen.

Mitte der 90-er Jahre unternahmen sie einen neuen Vorstoß, den Verein zu beleben. Sie hoben das Sindlinger Volksradfahren aus der Taufe. „In den ersten Jahren hatten wir teilweise mehr als 350 Teilnehmer“, berichtet Alfons Ehry. Im Lauf der Zeit jedoch schwand das Interesse und nach 25 Jahren beendeten es die Radfahrer. Der aufwendige Aufbau und die Durchführung überstiegen die Kräfte.

Heute treffen sich die verbliebenen rund 30 Mitglieder noch zur Hauptversammlung und zur Weihnachtsfeier. Den Großteil ihrer Gerätschaften haben sie längst verkauft oder verschenkt. Beispielsweise übernahm die Arbeitsgemeinschaft Sindlinger Ortsvereine, deren Vorstand Ehry einige Jahre als Beisitzer angehörte, die Holzhütte. „Der Verein wird irgendwann aufgelöst werden“, sagt Alfons Ehry bedauernd. Nur wenige Kameraden fahren überhaupt noch mit dem Fahrrad. Er selbst jedoch steigt fast jeden Tag in den Sattel seines soliden Sieben-Gang-Tourenrades: „Im Stadtwald, am Main entlang oder durch den Vordertaunus kann man sehr schön fahren. Das sind tolle Wege“, sagt er.

Für sein lebenslanges Engagement hat er den Ehrenbrief des Landes Hessen, die Römerplakette in Gold und die Ranzenbrunnenauszeichnung erhalten. Der Radfahrerverein Germania ernannte ihn 1998 zum Ehrenmitglied. hn

Bei einem Fest 1956 zeigte Alfons Ehry eine Solo-Kür auf dem Kunstfahrrad.

Bei einem Fest 1956 zeigte Alfons Ehry eine Solo-Kür auf dem Kunstfahrrad.

 

Heute ist das Tourenrad Alfons Ehrys liebster Begleiter. Fotos: Michael Sittig

Heute ist das Tourenrad Alfons Ehrys liebster Begleiter. Fotos: Michael Sittig