Vom Aussterben bedroht

Vom Aussterben bedroht
Feldhamster Zählung soll Aufschluss geben über den Bestand

Der Rücken ist braun-gelblich, der Bauch eher dunkel, und charakteristische weiße Flecken zieren das Fell. Die Pfötchen laufen spitz zu, ebenfalls das Schnäuzchen. Mit den langen Barthaaren, die seitlich wegstehen, den dunklen Knopfaugen und den runden Ohren ist der Feldhamster ein hübsches Kerlchen; er gäbe eine gute Vorlage für putzige Plüschtiere ab.
In freier Wildbahn lässt er sich selten sehen. Jetzt schon gar nicht mehr. Die Tiere, die am Sindlinger Ortsrand im Feld zwischen den Bahngleisen leben, liegen nun im Winterschlaf und träumen womöglich von besseren Zeiten. Sie haben ein hartes Jahr hinter sich. Wärme und Trockenheit führten dazu, dass Getreidefelder noch früher abgeerntet wurden als in anderen Jahren. Damit fehlten Futter und Deckung, um den zweiten Wurf durchzubringen, fürchtet Melanie Albert. Die Fachreferentin für Feldhamsterschutz untersuchte in den wenigen Wochen zwischen Ernte und Neusaat die Flächen, auf denen der Hamster lebt.
Sie und fünf weitere Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft Feldhamsterschutz bekamen dabei kaum einmal einen zu Gesicht. Die scheuen Tiere flüchten bei Anzeichen von Gefahr unter die Erde. Die Zugänge zu ihren Bauten dienen den Biologen als Anhaltspunkte für die Zählung. „Mauselöcher sind viel kleiner und kürzer“, erklärt Biologe Bertan Türemis. Bei dem mehr als faustgroßen Loch, das leicht schräg im Ackerboden verschwindet, handelt es sich um eine Schlupfröhre. 70 Zentimeter weit reicht ein Zollstock hinein, bevor er auf Widerstand trifft. „Die Hamster machen ihre Bauten zu“, erklärt Melanie Albert, damit keine Wiesel, Marder oder andere Räuber hineinschlüpfen können.
Weiter vorn markieren Lisa Eichler, Julia Bäuml und Mathis Rink weitere Löcher mit Stöckchen, Fallröhren diesmal. Das sind senkrecht abfallende Schächte, in die sich die Hamster bei Gefahr hineinplumpsen lassen können. Melanie Albert folgt dem Trio mit GPS-Gerät und Notizbuch, misst die Positionen der Bauten ein und notiert die Koordinaten sicherheitshalber auch von Hand.
Die Kartierung ist Teil des Frankfurter Schutzkonzepts von 2012. Der Feldhamster ist eine bedrohte Art. Vor zehn Jahren gab es in Frankfurt 15 Populationen. Heute sind es nur noch drei. Bei Sindlingen/Zeilsheim, Bergen-Enkheim und auf dem Riedberg haben Melanie Albert und Kollegen Tiere und Bauten gefunden. Dort helfen Landwirte in Kooperation mit der Stadt und der AG dem Feldhamster durch einfache Maßnahmen zu überleben. Sie ernten das Getreide nicht komplett ab, sondern lassen Streifen oder quadratische Flächen stehen, die den Hamstern Schutz und Nahrung bieten.
Die intensive Landwirtschaft nämlich ist der Hauptgrund für das Aussterben der Feldhamster. Je früher die Bauern das Getreide ernten, desto schwieriger wird es für die meerschweinchenähnlichen Tiere, Nahrung und Deckung zu finden. Dreimal pro Jahr können sie bei guten Bedingungen Nachwuchs bekommen. Zweimal im Jahr müssen sie es tun, um den Bestand zu sichern. Kommen nur einmal Junge zur Welt, ist abzusehen, dass die Population erlischt. In diesem Jahr, in dem die Ernte besonders früh eingeholt wurde, ist das Futter schon aus, bevor der zweite Wurf aus dem Bau krabbelt. „Umso wichtiger sind die Schutzmaßnahmen“, betont Melanie Albert. Zumal die Nager auch noch Futter sammeln mussten, um über den Winter zu kommen. Denn auch wenn sie jetzt schlafen – ab und zu erwachen sie und brauchen dann Nahrung. Die Ergebnisse der Zählung werden über den Winter ausgewertet und mit dem Vorjahreswert (rund 200 Tiere) verglichen. Spätestens im Frühjahr wird sich zeigen, ob die kleine Gemeinschaft bei Sindlingen auf Dauer überleben kann.hn

Feldhamster

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