Sehnsuchtsvoll und strahlend
Harmonika-Orchester Streifzug durchs Frankfurter Musikleben
Allegro, largo, vivace: drei Sätze, drei Charaktere. Feurig-fröhlich, getragen-harmonisch und lebendig mit frohem, hohem Schlussakkord spielte das Sindlinger Harmonika-Orchester in seinem Jahreskonzert die Sonata in D-Dur von Georg Philipp Telemann. Sie eignet sich vorzüglich, um die ganze Bandbreite des Instruments zu nutzen.
Das galt auch für die Suite „Transylvania“ von Helmut Quakernack. Sie enthält vier Tänze vom Balkan, deren temperamentvolle, variable Rhythmik den Spielern bis zum lauten, kraftvollen, virtuosen Finale einiges abverlangt.
Mit einem Sonderapplaus dankten es mehr als 90 Besucher in der evangelischen Kirche den Akkordeonspielern, der Schlagzeugerin, der Rhythmustruppe, Tamara Ohlenmacher am Keyboard und Orchesterleiter Manfred Klepper. Er hatte verschiedene Stimmen eigens so geschrieben, dass auch die Nachwuchsspieler im Ensemble mitwirken konnten.
Zusammen mit Moderatorin Simone Polata gab er zudem die „Fantasia et Fuga g-Moll“ von Johann Sebastian Bach. „Orgelwerke waren wohl seine Leidenschaft“, sagte Simone Polata über Bach; speziell die Fantasie setzt sich aus drei leidenschaftlichen rezitativischen Hauptteilen und zwei elegisch-expressiven Zwischensätzen zusammen.
Ein völlig anderes Klangbild entstand beim Stück „Festive Trumpet Tune“ von David German. Es handelt sich dabei um ein Orgelstück. Obwohl Orgel und Akkordeon viele Gemeinsamkeiten aufweisen – beide erzeugen Klang durch Luft, werden über Tasten gespielt, verfügen über Register für unterschiedliche Klänge und die Möglichkeit, die Lautstärke zu verändern -, werden Orgelwerke üblicherweise fürs Akkordeon umgeschrieben. Hier und heute aber verzichtete das Orchester darauf, um den originalen Orgelklang zu Gehör zu bringen.
Der Kaiserwalzer erfordert alle Register
Bei Johann Strauss‘ „Kaiserwalzer“ dagegen zogen die Spieler alle Register ihres Instruments. Simone Polata beschrieb das folgendermaßen: „Der Walzer beginnt mit einer leisen Fanfare im Marschrhythmus. Nach einigen musikalischen Verzierungen und Ausschmückungen wird es nach einem Crescendo noch einmal strahlend wiedergegeben. Nun erklingt der erste Walzer; eingeleitet durch eine leise, wunderschöne Hauptmelodie, die bald von einem kraft- und schwungvollen Forte abgelöst wird. Nach einem Widerklingen des ersten Themas erklingt es noch einmal zuerst leise, dann aber wieder strahlend und hell. Der zweite Walzer beginnt mit einer sehnsuchtsvollen Melodie, bevor kräftige Rhythmen den dritten Walzer einleiten. Dieser ist mit seinen herrlichen Melodien eine der schönsten Erfindungen von Strauss. Im vierten Walzer erklingt zuerst ein sehr breites, dann wiederum ein sehnsuchtsvolles Thema, das am Schluss wieder vom ersten Thema abgeschlossen wird.“
Das Konzert stand übrigens unter dem Motto „Streifzug durch das Frankfurter Musikleben“. Wolfgang Amadeus Mozart (Gastspiel in Frankfurt 1763), Georg Philipp Telemann (städtischer Musikdirektor und Kapellmeister der Katharinenkirche ab 1712), Edvard Grieg (Debüt als Pianist in Frankfurt 1883), Helmut Quakernack (erarbeitete Transylvania mit rund 30 Akkordeonspielern aus der Region in Frankfurt) und Ernst Fischer (Schüler Hoch’sches Konservatorium 1916 bis 1922) hielten sich tatsächlich für einige Auftritte oder viele Arbeitsjahre in Frankfurt auf.
Von Johann Sebastian Bach ist zwar kein Besuch am Main belegt, jedoch liegen Notenmanuskripte des Meisters in der Musikabteilung der Stadt- und Universitätsbibliothek.
Die jährliche Wiener Johann-Strauss-Konzert-Gala in Frankfurt schließlich diente als Anlass, seinen „Kaiserwalzer“ ans Ende des abwechslungsreichen Abends zu setzen. hn
Freunde der Musik
Jubilare Dank für 50 und 60 Jahre
„Wir haben einige Nachwuchsspieler“, freute sich Ursula Sinschek, Vorsitzende des Sindlinger Harmonika-Orchesters, über Verstärkung. Genauso wichtig sind treue Mitglieder, die dem Verein jahrzehntelang angehören.
Zwei davon ehrte die Vorsitzende während des Konzerts. Albert Füller trat vor 60 Jahren als junger Mann und aktiver Akkordeonspieler ein. Nach einigen Jahren fehlte ihm, beruflich bedingt, die Zeit fürs intensive Musizieren. Seither begleitet er seinen Verein als passives Mitglied, das gerne unterstützend tätig wird. Sei es als Kassenrevisor oder als Gastgeber beim Austausch mit dem „Sounds Active Orchestra“ aus Tiverton, den das Harmonika-Orchester bis 2005 pflegte: Stets half er, wenn Hilfe nötig war. Er besucht zudem regelmäßig die Konzerte und Versammlungen. „Es ist toll, solche Mitglieder zu haben, die nicht nur ihren Beitrag zahlen, sondern uns auch unterstützen“; dankte ihm Ursula Sinschek und überreichte Urkunde und Geschenk. Albert Füller überreichte seinerseits einen Umschlag: „Ich bin der Meinung, dass das aktive Musizieren viel zu wenig gefördert wird“, sagte er: „Musik ist eine wichtige Sache“, das wolle er weiterhin unterstützen.
Für 50 Jahre aktive Mitgliedschaft erhielt Martina Jakobi eine Auszeichnung. Sie fand über das Melodicaspiel zum Akkordeon und in den Verein, dessen wöchentliche Probestunden sie trotz mehrfacher Umzüge in umliegende Orte regelmäßig besucht. Sie war lange als Jugendwartin engagiert und gehört dem Vorstand als Kassiererin an.
In ihrem 50. Vereinsjahr spendierte sie dem Orchester den Notensatz für Telemanns Sonata in D-Dur. hn