Ulrike Grohmann hat selbst Spaß an der Bewegung
Sport ist im Verein am schönsten
Fitness und Gesundheit Der Turnverein schafft sein Kurskartensystem ab
Der Turnverein Sindlingen schafft sein Kurskartensystem ab. Ab September gelten die Stempelkarten nicht mehr, die Mitglieder wie Nichtmitglieder in den vergangenen sechs Jahren für die Teilnahme an Gesundheits- und Fitnesssportarten erwerben mussten.
Pilates, Bauch-Beine-Po, Walking, Easy Step, Yoga, Fitboxen, Zumba und die Gesundheitskurse laufen unverändert weiter. Wer weiter daran teilnehmen möchte, sollte in den Verein eintreten, sagt Ulrike Grohmann.Sie ist seit kurzem verantwortlich für die neu gegründete Abteilung „Fitness und Gesundheit“. Seit längerem schon suchte der Turnverein jemanden, der sich um die Gymnastik- und Trendsportarten für Erwachsene kümmert. Entstanden sind sie nach und nach. Mit Tae-Bo, Tai-Chi, Yoga und Rückenschule wollte der Turnverein ab 2006 Sportinteressierte erreichen, die sich nicht für eine der Mannschaftssportarten erwärmen konnten, sagt Vorsitzender Michael Sittig. Sie sollten die Möglichkeit haben, auch ohne Mitgliedschaft attraktive Sportarten ausüben zu können. Der Preis war mit 15 bis 45 Euro Zuzahlung je Kurs deutlich günstiger als der Besuch eines Fitnessstudios. Verbunden damit war die Hoffnung, dass sich regelmäßige Teilnehmer zum Vereinsbeitritt entschlossen.
Das Angebot wuchs. 2012 erweiterte der Verein die Möglichkeiten, indem er Kurskarten ausgab. Fortan konnten Mitglieder für drei, Nichtmitglieder für sechs Euro je Stunde an allen Kursen teilnehmen. Diese Woche Yoga, nächste Woche Zumba – die feste Bindung an eine Sportstunde wurde aufgehoben. Jedoch hatten die verschiedenen Angebote nichts miteinander zu tun. Wer mehr als einen Kurs besuchte, zahlte entsprechend mehr drauf.
Mit der Vielfalt ging ein wenig die Übersicht verloren. Es fehlte ein fester Ansprechpartner und Koordinator. Das erkannte der Vorstand und suchte einen Kurs- und Sportwart. Ulrike Grohmann erklärte sich bereit, die Aufgabe zu übernehmen. Sie ist selbst in Fitnesskursen aktiv und hat damit einen großen Vorteil vor den übrigen Vorstandsmitgliedern, die überwiegend aus dem Handball kommen.
Für Mitglieder weniger attraktiv
Gemeinsam mit ihnen hat sie eine „Stellenbeschreibung“ verfasst und eine Bestandsaufnahme versucht. Sie stellte fest, dass alles sehr uneinheitlich ist. Walking zum Beispiel kostet nichts extra, Zumba aber wohl. „Das ist schwer zu vermitteln“, findet sie. Die Teilnehmerzahlen in den einzelnen Übungsstunden schwanken stark, eine Folge der hohen Flexibilität. „Ich habe mir alles angesehen und gerechnet und kam zu dem Ergebnis, dass das Kurskartensystem für Mitglieder weniger attraktiv ist als für Nichtmitglieder“, sagt Ulrike Grohmann. Die Mitglieder zahlen 30 Euro für zehn Stunden zusätzlich zu ihren elf Euro Monatsbeitrag. Das Ziel, neue Mitglieder zu gewinnen, sei so nicht zu erreichen. Gleichzeitig ist mit dem Kartensystem viel Arbeit verbunden. „Wenn es richtig gemacht werden sollte, wäre es ein riesiger Aufwand für die Ehrenamtler im Verein“, hat Ulrike Grohmann erkannt.
Mitgliedschaft lohnt sich auch finanziell
Sie berichtete den Vorstandskollegen. Gemeinsam beschlossen sie, das System abzuschaffen. „Das macht den Turnverein für die Mitglieder attraktiver“, ist sich Ulrike Grohmann sicher. Es gibt keine Zusatzkosten mehr, egal, ob jemand ein, zwei oder vier verschiedene Angebote wahrnimmt. Für Nichtmitglieder sei das ein Anreiz, über einen Eintritt nachzudenken, denn die Mitgliedschaft sei auch für sie finanziell interessant.
„Die Ausgangsannahme ist, dass jemand in einen Verein geht, der sich regelmäßig sportlich betätigen möchte. Bisher kosteten zehn Übungsstunden Nichtmitglieder 60 Euro, der Vereinsbeitrag liegt bei 66 Euro für sechs Monate. Da ist es deutlich günstiger, in den Verein einzutreten“, rechnet sie vor. Zumal den Mitgliedern dann auch alle anderen Angebote offenstehen.
Der Übergang erfolgt zum Stichtag. Bis zum 1. September laufen die Kurse wie gehabt per Stempelkarte. Wer danach noch nicht genutzte Felder übrig hat, erhält die entsprechenden Gebühren zurück. Ab September sind die Kurse ein reines Vereinsangebot für Mitglieder. „Natürlich dürfen Neugierige auch nach dem 1. September noch dreimal „schnuppern“, bevor sie sich festlegen“, sagt Ulrike Grohmann. Über die Details der Neuerungen informiert der Verein an seinem Stand beim Ranzenbrunnenfest (1. September).
Ulrike Grohmann hat selbst Spaß an der Bewegung
„Ich wollte mich gerne ein bisschen mehr im Verein engagieren“, sagt Ulrike Grohmann. Daraufhin schlug ihr der Vorstand vor, sich als Sportwartin um die Fitness- und Gesundheitskurse zu kümmern. Nach kurzem Zögern willigte sie ein – „Ich habe ein starkes Eigeninteresse, dass es die Kurse, die ich nutze, auch weiterhin gibt“, sagt sie.
Dabei hat die 57-Jährige erst spät mit dem Sport begonnen. In ihrer Kindheit und Jugend spielte er keine Rolle. Geboren im Bergischen Land, aufgewachsen in Niedersachsen, studierte sie in Gießen Ernährungswissenschaften und trat 1989 ihre erste Stelle als diplomierte Ökotrophologin in Frankfurt an. Sie wohnte zunächst in Zeilsheim, wo 1991 Sohn Leonard zur Welt kam. 2003 zog die Familie nach Sindlingen um.
Mitte der 90-er Jahre begann Ulrike Grohmann erst in einem Fitnessstudio, danach in einem Verein Sport zu treiben.
„Ich schätze die regelmäßigen Übungszeiten für Walking und Gymnastik“, sagt sie. In Sindlingen animierten Freunde das Ehepaar, eins der dreitägigen „Specials“ der Tanzabteilung des Turnvereins zu besuchen. „Das machte uns so viel Spaß, dass wir in den Verein eingetreten sind“, berichtet die Sportwartin. Etwa zehn Jahre tanzten die beiden dort, bis sie ihre Passion für den Tango Argentino entdeckten, der sie seit einigen Jahren an der Academia de Tango im Frankfurter Osten nachgehen.
„Gleichzeitig habe ich mit Walken angefangen“, berichtet Ulrike Grohmann. „Das ist ein tolles Angebot, es findet das ganze Jahr durchgehend statt, jeder kann mitgehen. Man bewegt sich zusammen und tauscht sich aus“, sagt sie. Irgendwann fing sie zusätzlich mit Yoga an.
Heute ist der Sohn längst aus dem Haus. Die Ökotrophologin ist als freie Redakteurin für ein Fachmagazin tätig und hält Vorträge.
Als Spezialistin für Seniorenernährung gibt sie auch Kurse, zum Beispiel Kochkurse für Ehrenamtliche, die Demenzkranke betreuen. Sie ist Mitglied im Förderverein Buchstütze der Stadtteilbücherei und schätzt die Lesungen, die der Verein ausrichtet.
Als Sportwartin und nun auch Abteilungsleiterin Fitness und Gesundheit im Turnverein will sie versuchen, möglichst vielen Menschen Spaß an Bewegung zu vermitteln – und damit auch den Fortbestand möglichst aller Kurse zu sichern. hn