Der Norden muss nicht Schlafstadt sein

Der Norden muss nicht Schlafstadt sein

Befragung Quartiersmanagerin stellt Ergebnisse vor und ermuntert die Anwohner zum Mitmachen

„Die bauliche Trennung des Stadtteils in Sindlingen Süd und Nord wird ebenso wenig überwindbar sein wie die in den Köpfen der Menschen“, fasst Quartiersmanagerin Sandra Herbener Ergebnisse einer Befragung zusammen: „Die Sicht auf Nord als „Schlafstadt“ könnte aber zu ändern sein.“

Dafür sind die Bewohner selbst gefragt. Ideen, wie die Siedlung belebt werden könnte, gibt es einige. Sie wurden bei einer Veranstaltung des Quartiersmanagements für Sindlingen-Nord in der Kirche St. Kilian vorgestellt. Das ist der einzige größere Raum im Viertel, in dem die rund 70 Teilnehmer Platz fanden.

Sindlingen-Nord wurde vergangenes Jahr ins Programm „Aktive Nachbarschaft“ der Stadt Frankfurt aufgenommen. Nicht, weil hier ein sozialer Brennpunkt bestehe, sondern weil es darum gehe, die Menschen zum Mitgestalten ihres Umfelds zu ermuntern, sagte Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld in ihrem Grußwort: „Alle können mitwirken“. Das helfe, tragfähige Beziehungen in der Nachbarschaft zu formen und sozialen Spaltungen gegenzuarbeiten. Träger der „Aktiven Nachbarschaft“ ist die Caritas. Deren Direktorin Gaby Hagmans appellierte an die Besucher, die Gestaltung ihres Lebensumfelds „nicht der Politik und dem Staat“ zu überlassen: „Kümmern Sie sich, schaffen Sie Perspektiven“.

Was gut ist und woran es hapert

Was gut ist und woran es hapert, erbrachten die Antworten auf sieben Fragen zum Leben in der Siedlung, die Sandra Herbener und ihre Helfer zwischen Oktober und Januar an verschiedenen Orten 93 verschiedenen Menschen stellten. Aufgrund der Befragungszeiten sind Berufstätige unterrepräsentiert, gleichzeitig gab es besonders viele Antworten von Frauen im Rentenalter. „Die Befragung ist nicht repräsentativ, nur ein erster Schritt“, betonte Sandra Herbener.

Die Antworten sind dennoch interessant. Einschätzungen reichen von „Angenehm multikulturell“ bis „Zu viele Ausländer“, von „Ich kenne hier jeden“ bis „Die Anonymität steigt“, „gute Einkaufsmöglichkeiten“, „wenig Einkaufsmöglichkeiten“. Verkehr wird überwiegend als Problem empfunden: Zu wenig Parkplätze, zu viele Raser und Rücksichtslose, die nicht einmal am Zebrastreifen halten, um Schulkinder passieren zu lassen. Außerdem vermissen viele ein Restaurant oder Café, einen Treffpunkt und Sitzplätze in der Siedlung. Generell bewerten Jüngere die Dinge besser als Ältere. Mit der jeweiligen Hausgemeinschaft sind die meisten Anwohner zufrieden (106 positive, 36 negative Wertungen; Mehrfachnennungen waren möglich). Mit dem unmittelbaren Umfeld weniger; hier hielten sich 70 positive und 70 negative Wertungen die Waage. Sindlingen insgesamt erhielt 108 positive und 64 negative Stimmen. Als Belastung wurde mehrfach der Verkehr zur Internationalen Schule erwähnt. Vor allem Senioren beklagen weite Wege zum Bus und zu Veranstaltungen. Bedauert wird auch, dass es kein geselliges Zusammenleben in Nord gebe. Einkaufsmöglichkeiten werden vermisst. „Der Smart-Markt ist wichtig“, betonten mehrere Bürger und bekannten gleichzeitig, ihren Haupteinkauf anderswo zu tätigen.

Es gibt schon viele Vorschläge

Was lässt sich verbessern? Bevor sie die Vorschläge aus der Umfrage an Stellwänden zeigte, bat Sandra Herbener die Gäste in den Vorraum, um selbst Anregungen zu geben. Anwohner Michael Erb zum Beispiel schlug vor: „Die Albert-Blank-Straße zur Anliegerstraße machen und kontrollieren“ – das würde den Verkehr zur Internationalen Schule aus der Siedlung heraushalten. „Vereinspatenschaften für öffentliche Plätze übernehmen“, regte Maximilian Straßburger vom evangelischen Jugendclub an. Ein Fest im Norden, leer stehende Läden beleben, mehr Geld in den Stadtteil stecken, ein kleiner Bus fürs Wohngebiet, mehr aufeinander zugehen, mehr Polizeipräsenz, Orte für Treffen schaffen – an Ideen herrscht kein Mangel. Sandra Herbener wird nun die nächsten Schritte vorbereiten. Dann sind die Anwohner gefragt mitzumachen, damit sich etwas ändert.

Die größte Änderung ist allerdings schon im Gang. Ältere sterben, Junge ziehen ein. „Der Wechsel in der Bewohnerstruktur wird dafür sorgen, dass der Stadtteil jünger und „kulturell diverser“ wird“, stellt Sandra Herbener inihrem Fazit fest. hn