Recherche in Francos Spanien

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Buchstütze Rosa Ribas und Sabine Hofmann stellen „Die große Kälte“ vor

Große Kälte, eisiges Schweigen. Im Dorf „Las Torres“ lebt eine Dreizehnjährige, die von den Einwohnern wie eine Heilige verehrt wird. Denn an ihren Händen und Füßen zeigen sich blutige Wundmale. Stigmata. Solcher Stoff ist wie gemacht für das „Revolverblatt“ „El Caso“. Der Chefredakteur schickt die Journalistin Ana Marti im Februar 1956 hin, um zu recherchieren.

Die Dörfler verehren die Dreizehnjährige wie eine Heilige. Ana ist skeptisch. Doch niemand beantwortet ihre Fragen, während der härteste Winter seit Menschengedenken Orangen- und Olivenbäume erfrieren lässt und Schneemassen die Straßen blockieren. Und dann findet sich die Leiche eines Mädchens im Wald…

„Die große Kälte“ ist der zweite gemeinsame Roman der Autorinnen Rosa Ribas und Sabine Hofmann und der zweite mit der Hauptfigur Ana Marti.

Lesung kurz nach der Veröffentlichung

Nur wenige Tage nach der Veröffentlichung der deutschen Ausgabe stellten die beiden die Geschichte bei einer Lesung in der Stadtteilbücherei Sindlingen vor. Gastgeber war der Förderverein Buchstütze.

In Spanien ist das Buch schon vor anderthalb Jahren erschienen. Die Spanierin und die Deutsche schreiben in beiden Sprachen. Band Drei wird im September in Spanien erscheinen, in Deutschland ein Jahr später.

Krimi und Zeitreise

Die Geschichte ist ein Krimi, aber sie ist auch eine Zeitreise. Sie gewährt Einblicke in das Leben und Denken der Menschen während des Franco-Regimes (1939 bis 1975) in Spanien. Im Fall der Journalistin spielt beispielsweise die Zensur eine Rolle. Bestimmte Worte waren verboten. „Der Wahnsinn ging manchmal so weit, dass das Wort ‚Rot‘ verboten wurde, weil es mit dem Kommunismus in Verbindung steht“, erzählte Rosa Ribas: „Aus ‚Rotkäppchen‘ wurde dann ‚Karmesinkäppchen‘“. Ana arrangiert sich, versucht so zu schreiben, dass ihre Texte durchkommen. Hilfestellung erhält sie von ihrer Cousine Beatriz, einer Sprachwissenschaftlerin. Sie spielte ebenfalls im ersten Roman mit dem Titel „Das Flüstern der Stadt“ eine Rolle. Das liegt sicher auch daran, dass die Autorinnen selbst ein Faible für Sprache haben. Sie lernten sich vor Jahren am Institut für romanische Sprache und Literatur an der Frankfurter Universität kennen und beschlossen, einen Roman zu schreiben, „in dem Sprache eine Rolle spielt“, berichtet Rosa Ribas. Gleichzeitig sollten das Leben in Spanien in den 50-er Jahren und dabei wiederum insbesondere die Rolle der Frauen darin gezeigt werden.

„Das Flüstern der Stadt“ spielt in Barcelona. Für „Die große Kälte“ muss die Protagonistin ins Hinterland. Es ist eine harte, sehr strenge Landschaft. „Die meisten Dörfer sind heute verlassen oder Ruinen“, erzählt Rosa Ribas. „Steine, Pinien, viele Kurven, schlechte Straßen, alles verlassen“, ergänzt Sabine Hofmann: „Das kennt man hier gar nicht so“. Das Dorf „Las Torres“ ist erfunden, vieles andere nicht. Ganz nebenbei erhält der Leser Einblicke in die spanische Seele. „Wir haben eine Neigung zum Blutigen, Makaberen“, schmunzelt Rosa Ribas. Die 53-Jährige lebt in Frankfurt und arbeitet als Schriftstellerin. Sabine Hofmann, in Erbach im Odenwald zuhause, arbeitet als Lehrerin für Deutsch und Spanisch an einer gymnasialen Oberstufe.hn

„Die große Kälte“ ist im Kindler-Verlag erschienen, ISBN: 978–3463403618.

Sabine Hofmann (links) und Rosa Ribas lasen in der Sindlinger Stadtteilbücherei aus ihrem Roman „Die große Kälte“. Foto: Michael Sittig

Sabine Hofmann (links) und Rosa Ribas lasen in der Sindlinger Stadtteilbücherei aus ihrem Roman „Die große Kälte“. Foto: Michael Sittig